Eines vorneweg: Der Titel dieses Textes wird meiner Rolle als ehemaliger Profifußballer nur in Teilen gerecht. Meine Stärken lagen weniger im Torabschluss, als vielmehr im Verteidigen – ein insbesondere im englischen Fußball der späten 1990er- und frühen 2000er-Jahre wortwörtlicher Knochenjob.
Nicht zuletzt meine Gesundheit freute sich also darüber, als ich bereits mit 26 (und damit verhältnismäßig früh) die Fußballschuhe an den Nagel gehängt und eine Karriere im Vertrieb ins Auge gefasst habe.
Heute bin ich glücklich, dass ich als Vice President of Sales beim Tech-Unicorn und CRM-Anbieter Pipedrive die Entwicklung von Vertriebsplänen und -strategien in die Tat umsetzen kann. Und dass ich viele Learnings aus der damaligen Zeit für den heutigen Job mitnehmen konnte. Aber der Reihe nach.
Fleiß schlägt Talent: Beständig an den eigenen Stärken und Schwächen arbeiten
Mit 17 Jahren (ich streifte noch regelmäßig für das Juniorenteam mein Trikot über) beorderte mich der damalige Cheftrainer meines Ausbildungsclubs Luton Town in den Kader der ersten Mannschaft. In der Schlussphase durfte ich – ausgerechnet im Spiel gegen den Erzrivalen FC Watford – erstmals Profiluft schnuppern. Das fühlte sich großartig an, in dem Moment und auch in den Tagen danach. Alle klopften mir auf die Schulter und gratulierten mir zu diesem Meilenstein. Alle bis auf einer: mein Coach aus der Jugendmannschaft.
Wieder im weniger glamourösen Alltag angekommen, nahm er mich zur Seite und redete mir tief ins Gewissen. Er machte mir schonungslos klar, dass er schon endlos viele Talente noch vor dem endgültigen Durchbruch scheitern sah. Der Grund in den allermeisten Fällen? Die fehlende Entschlossenheit, trotz Talent weiter Tag für Tag hart zu arbeiten und sich nicht von vergangenen Erfolgen blenden zu lassen.
Nicht zu lange auf Erfolgen ausruhen
Genau das nahm und nehme ich mir heute noch zu Herzen. Denn der Vertrieb kann in Teilen genauso schnelllebig sein wie der Profifußball.
Wer heute noch Deals en masse abschließt, sollte bereits mit einem Auge in die Zukunft schielen. Konkret heißt das: Wie kann ich den Kunden, unabhängig vom direkten Nutzen, kontinuierlich so beraten, dass ich perspektivisch Up- und Crossselling-Potenziale heben kann? Was muss ich tun, damit aus einem einmaligen Kauf eine langfristige und beiderseits von Wertschätzung geprägte Beziehung wird? Und besonders wichtig: Was passiert um mich herum und wie muss ich mich daran anpassen? Schließlich unterliegt der Vertrieb einem ständigen Wandel; Kundenbedürfnisse ändern sich in immer kürzer werdenden Intervallen.
Wer diese Fragen für sich beantworten kann, legt den Grundstein für weitere Umsatzerlöse in der Zukunft und baut sich einen – gerade in wirtschaftlich angespannter Zeiten so wichtigen – Bestandskundenstamm auf.
Aus Misserfolgen die richtigen Schlüsse ziehen
Egal ob Vertrieb oder Sport: Niemand gewinnt andauernd. Das haben wir alle gemeinsam und das ist an sich schon eine Erkenntnis, die den Umgang mit Misserfolgen erträglich macht. Gleichzeitig kann und sollte uns dieser Gedanke mentale Stärke geben, um „Niederlagen“ als ganz natürliche Erfahrungen zu verbuchen und den Blick nach vorne zu richten.
Statt den Frust überwiegen zu lassen, sollten Vertriebsmitarbeitende analysieren, woran der Kaufabschluss letztendlich gescheitert ist. Dabei kann es helfen, das Sales-Skript auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse zu adaptieren oder zu prüfen, welche Änderungen ich am Angebot durchführen kann, um es noch ansprechender zu gestalten.
Auch ich lerne das tagtäglich. Wenn ich im Gespräch mit Leads merke, dass die zurechtgelegten Verkaufsargumente nicht die gewünschte Wirkung erzielen, probiere ich gemeinsam mit meinem Team an den nötigen Stellschrauben zu drehen. Manchmal hilft es bereits, das Wording zu schärfen und beispielsweise die Vorteile bestimmter Produktfeatures auf aktuelle wirtschaftliche Herausforderungen anzuwenden.
Denn eines ist gewiss: Nichts ist perfekt; Verbesserungen sind immer möglich. Man muss die Potenziale nur identifizieren. Und Momente der Enttäuschung sind dafür prädestiniert.
Der Teamerfolg steht über allem – auch und gerade im Sales
Eine der interessantesten Parallelen zwischen Profifußball und Vertrieb liegt in der Fähigkeit, eigene Ziele im Sinne der Gemeinschaft zu verfolgen. Während der Fußballer Tore schießen will, um sich für einen neuen Vertrag bei einem größeren Club zu empfehlen, will der Vertriebsmitarbeitende Deals abschließen, um sich für Boni und Aufstiegschancen zu qualifizieren. Das sind in allererster Linie individuelle Ziele.
Doch schaut man sich den Weg an, wie solche Ziele erreicht werden, wird klar: Ganz alleine gelingt das in den seltensten Fällen. Für ein Tor bedarf es einer Vorlage, etwa einer butterweichen Flanke eines Mitspielers. Für einen Kaufabschluss kann ein Tipp für einen heißen Lead oder ein Mentoring zur Verhandlungsführung von der erfahreneren Kollegin Gold wert sein.
Ziele sind also bedeutend leichter zu erreichen, wenn man sich gegenseitig unterstützt. Gleichzeitig fühlen sich die eigenen Erfolge erst dann besonders schön an, wenn auch das Team am Ende ein Lächeln auf dem Gesicht hat. Oder anders ausgedrückt: Was bedeuten schon zwei geschossene Tore, wenn wir am Ende 3:2 verlieren? Und wie unbefriedigend ist es, wenn ich die persönlichen Verkaufsziele erreiche, wir als Vertriebsgruppe aber den angepeilten Gesamtumsatz verfehlen?
Bei all dem (zurecht) vorhandenen Individualismus im Sales sollte der Teamgedanke jederzeit Priorität haben und von Verantwortlichen und Teammitgliedern gleichermaßen gelebt und gefördert werden. Denn wir alle erleben auch schlechtere Tage, durch die uns der Support des Teams tragen kann. Und am Ende gewinnen alle.