Stellenausschreibungen stehen in den meisten Fällen am Beginn des Bewerbungsprozesses für Arbeitnehmende. Gleichzeitig sind diese für Unternehmen eine wichtige Gelegenheit, sich zu präsentieren. In den Anzeigen zeigt sich unter anderem auch, ob Firmen für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger prinzipiell offen sind und was ihnen zur Umschulung und an Weiterbildungsmöglichkeiten geboten werden kann.
Doch wie eng ist das Korsett um die ausgeschriebene Stelle geschnürt, und wie offen sollten Unternehmen gegenüber Quereinsteigenden sein?
„Zu viele Arbeitgeber folgen immer noch einem fixen Bild des Idealkandidaten. Sie selektieren noch nach biografischen Stereotypen und nicht nach Potenzial und Talent“, sagt Recruiting-Experte Marcus K. Reif.
Innovative Recruiting-Strategien entwickeln
Um sich offen gegenüber Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern zu positionieren, schlägt Unternehmensberater Christoph Athanas vor, deutlich herauszustellen, dass Firmen bei der Besetzung flexibel sind. Ansonsten ziehen viele potenzielle Arbeitnehmende nicht in Betracht, sich bei ihnen zu bewerben, da sie sich keine oder nur geringe Chancen ausrechnen, so Athanas.
Inzwischen ist vielen klar, dass Unternehmen von Quereinsteigenden profitieren können. Denn sie haben oftmals in verschiedenen Positionen sowie Branchen gearbeitet und verfügen daher über vielfältige Soft und Hard Skills, durch die sie sich zu wertvollen Mitarbeitenden entwickelt haben.
Möchte ein Unternehmen Quereinsteigende einstellen, bieten sich verschiedene Strategien an, um Bewerbende anzulocken.
„Eine sinnvolle Vorgehensweise ist es, bestimmte Quereinsteiger-Profile zu definieren und diese mittels gezielter Kommunikationsmaßnahmen anzusprechen. So können Firmen nach und nach ins Bewusstsein und die Wahrnehmung ihrer Zielgruppen gelangen. Dabei ist es hilfreich, bestimmte Vorteile eines Jobwechsels anzusprechen. Dazu zählen beispielsweise geregelte Arbeitszeiten, Homeoffice und eine hohe Jobsicherheit“, erklärt Athanas.
Jobprofile überdenken
Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger sind inzwischen in vielen Arbeitsumfeldern gern gesehen. „Die Offenheit für Andersartigkeit ist nicht nur eine Chance für Quereinsteiger, sondern bietet den Unternehmen echte Vielfalt für mehr Innovation“, so Reif. Demnach kann der Fachkräftemangel als Möglichkeit angesehen werden, die Arbeitsplatzbeschreibungen zu reflektieren und die gewünschten Kompetenzen künftiger Arbeitskräfte neu zu definieren.
Derzeit befindet sich der Arbeitsmarkt in einer Transformationsphase. Diese könnten Unternehmen nutzen, um die Profile ihrer Mitarbeitenden zu überdenken und gegebenenfalls anzupassen. Daraus können sich Chancen ergeben, welche die Firmen positiv beeinflussen können, auch wenn der Fachkräftemangel in vielen Branchen ein Problem darstellt.
Veränderungen sind in nahezu jedem Berufszweig zu beobachten. Recruitingprozesse werden sich verändern müssen, um Arbeitsplätze besetzen zu können – angefangen bei der Stellenausschreibung über die Auswahl der Gesprächspartner bis hin zur Einarbeitung. „Dabei dürfen wir akademische Leistungen nicht überbewerten, sondern müssen kommunikative, problem- und lösungsorientierte Skills höher gewichten. Arbeitgeber sollten die Mitarbeitenden nach den gleichen Kriterien auswählen, wie sie heute schon Leistung beurteilen“, sagt Reif.
Mehr auf Potenziale statt auf den Lebenslauf achten
Für die Auswahl der geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten müsse ebenfalls ein anderer Blickwinkel eingenommen werden. „Im Recruiting sollte mit Blick auf Quereinsteigende darauf geachtet werden, dass mehr in Potenzialen gedacht wird als in vergangenheitsorientierten Lebenslauf-Perspektiven“, sagt Athanas.
Dem schließt sich Reif an: „Arbeitgeber müssen besser werden in der strukturellen Beurteilung von beruflicher Expertise und Erfahrung. Dabei spielen Haltung, Attitüde, Integrität und Vertrauen eine größere Rolle als Abschlüsse, Noten, Biografie und Verweildauer.“ Nur so kann ein Wandel in der Arbeitswelt gelingen und offene Stellen können langfristig besetzt werden.