Fliegende Autos oder Marty Mcfly's Hoverboard dürften späteren Generationen vorbehalten bleiben. Die alternative Mobilität der Gegenwart muss sich aber nicht hinter den futuristischen Vorstellungen Hollywoods verstecken. Wohin die Reise genau geht, ist am Markt aber noch nicht eindeutig abzulesen.
Zurzeit sieht es nach einem Vorteil für die E-Mobilität aus, doch Investitionen in die Entwicklung von E-Fuels wie grünem Wasserstoff könnten das ändern. Denn das Problem bei E-Autos bleibt die Reichweite. So liegt laut ADAC Ecotest die Reichweite des Tesla Model 3 Long Range AWD bei circa 430 Kilometern – 130 weniger als vom Hersteller angegeben. Im Vergleich liegt ein Fahrzeug mit klassischem Verbrennungsmotor zwischen 600 bis 1.200 Kilometern.
Ganz auf Verbrenner verzichten sollte man deshalb nicht. Da sind sich die Experten im DUB Digital Business Talks zum Thema „Individuelle Mobilität der Zukunft“ einig. Trotzdem sei dieser Ansatz durchaus mit den hochgesteckten Klimazielen vereinbar.
Nötige Antriebsvielfalt
Batterie oder E-Fuels: Welche Technologie macht das Rennen? Laut Dr. Uwe Gackstatter, Vorsitzender des Bosch-Geschäftsbereichs Powertrain Solutions, werden alle Antriebskonzepte gebraucht, um Nachhaltigkeit zu gewährleisten. Powertrain Solutions ist der Bereich von Bosch, der alle Antriebskonzepte des Traditionsunternehmens weiterentwickelt, aber auch andere Konzerne bei der Kreation neuer Konzepte unterstützt.
„Wir wollen doch industrieübergreifend CO₂-neutral werden. Wenn das unsere Motivation ist, muss man Ingenieuren die Freiheit lassen, die bestmöglichen Lösungen zu finden“, sagt Gackstatter. Es gäbe noch keinen Antrieb, der für jeden individuellen Anwendungsfall ausgestattet ist. Deshalb solle man sich in dieser Übergangsphase nicht auf eine Technologie fokussieren, sondern möglichst offen für alle Ansätze sein. Zum Beispiel würde Gackstatter eine Kombination von elektrobetriebenen Lkw für Kurzstecken und E-Fuel betriebene Lkw für größere Distanzen nicht kategorisch ausschließen.
Für das Allgemeinwohl
Professor Thomas Koch, Leiter des Instituts für Kolbenmaschinen (IFKM) am KIT in Karlsruhe, setzt sich ebenfalls intensiv mit der Antriebsvielfalt auseinander. „Wir haben Exzellenzcluster, die sich sowohl mit Batterie- und Wasserstoff-, aber auch mit Verbrennungsmotoren befassen.“ Seine größte Sorge sei, dass nicht sämtliche soziale Schichten die Nutzung alternativer Antriebsformen in Anspruch nehmen können. Für Koch ist es bei der Mobilität der Zukunft deshalb wichtig, dass: „diese Technologien allen Teilen der Gesellschaft zur Verfügung stehen.“
Er stimmt Gackstatter zu, dass es mehrere Lösungen geben muss. Jedoch hätte sich die Regierung momentan auf die Förderung von E-Autos festgelegt – obwohl andere Technologien eine ähnliche CO2-Bilanz aufweisen. „Wir brauchen die Unterstützung und Förderung von alternativen Energieträgern im Mobilitätssektor, um unsere hochgesteckten Klimaziele erreichen zu können.“ Er räumt jedoch ein, dass es eine Mammutaufgabe sei, die Gesetzeslage für alle Mobilitätsformen möglichst fair und wettbewerbsneutral zu gestalten.
Konkurrenz durch Tesla
Doch wie reagieren deutsche Autohersteller auf diese Entwicklung? Porsche wurde vor allem durch Sportwagen weltberühmt. Das Unternehmen hat 2019 sein erstes Elektroauto vorgestellt. „Mit dem Taycan Turbo S haben wir gezeigt, dass Sportwagen auch elektrisch funktionieren. Es lohnt sich aber weiterhin in alle drei Technologien zu investieren“, ist Dr. Michael Steiner, als Mitglied des Vorstands bei Porsche für Forschung und Entwicklung verantwortlich, überzeugt. „Wir glauben, dass die Mobilität der Zukunft auch mit einem Verbrennungsmotor oder Plug-in-Hybriden möglich ist, wenn der Kraftstoff nicht aus fossilen Energieträgern, sondern aus regenerativen Energiequellen erzeugt wird.“
Die meisten Gelder investiere der Konzern derzeit jedoch in die E-Mobilität, weil diese am Markt wohl langfristig die größte Perspektive habe. Den Wettbewerb mit Tesla fürchtet Porsche nicht: „Wir haben in Deutschland genug Wissen, um schnell zu zeigen, wie alternative Mobilitätskonzepte mit höchsten Industriestandards umgesetzt werden können.“
Abseits zusätzlicher Forschungsanstrengungen, um Batterien noch kleiner und leistungsfähiger zu machen, liege der Fokus auch auf schnelleren Ladezeiten. Steiner: „Es geht uns um einen intelligenten Ansatz, bei dem Themen wie Gewicht, Leistungsfähigkeit sowie Ladezeiten und Nachhaltigkeit gleichermaßen behandelt werden.“
Neue Technologien schaffen neue Jobs
„Bei uns in Baden-Württemberg sind 470.000 Menschen in der Autoindustrie tätig“, sagt Kai Burmeister, Gewerkschaftssekretär der IG Metall Baden-Württemberg. „Wenn der Übergang zu neuen Antriebstechnologien klug gelingt, bin ich zuversichtlich, dass wir im Jahr 2030 mindestens genauso viele Mitarbeiter in dem Sektor beschäftigen.“
Die unterschiedlichsten Technologien seien aus Sicht einer Gewerkschaft ein Garant für viele Arbeitsplätze. Burmeister kritisiert jedoch die fehlende Vision deutscher Autohersteller: „Die allgemeine Change-Bereitschaft ist bei deutschen Automobilkonzernen noch gering. Es werden zwar viele Ideen gesponnen, aber es wird nur selten investiert. Es müssen konkrete Pläne für unsere Standorte mit verbindlichen Qualifizierungsprogrammen entwickelt werden.“
Wenn die Verkehrswende industriell erfolgreich sein soll, könne dies nur über eine industriepolitische Strategie passieren, weil diese Entwicklung nicht von einzelnen Unternehmen zu stemmen sei. Verhandlungen mit der Politik seien deshalb unausweichlich, um die Mobilität der Zukunft zu erreichen.