Der BMW i Vision Circular wirft ein Schlaglicht auf die automobile Zukunft. Mit der Studie liefern die Münchner einen Ausblick auf das Jahr 2040 – und setzen darin auf die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft. Der Plan: Aus alten, ausgemusterten Autos sollen neue Fahrzeuge hergestellt werden, die keine neuen Ressourcen verbrauchen. Denn nur Nachhaltigkeit werde auch künftig Freude am Fahren ermöglichen, gibt sich Dr. Jens Thiemer, Senior Vice President Customer & Brand BMW, im Interview überzeugt.
Zukunft der Mobilität
Kaufen wir Autos künftig nur noch online?
Wie sieht Fahrspaß in 20 Jahren aus? Dr. Jens Thiemer, Marketingchef von BMW, wirft einen Blick auf das Kundenerlebnis der Zukunft und erklärt, warum Nachhaltigkeit Teil des neuen Statusdenkens ist.
19.10.2021
Dr. Jens Thiemer
Seit Januar 2019 ist der Betriebswirt Senior Vice President Customer & Brand BMW
Welche Technologien sind heute in der Customer-Journey State of the Art?
Jens Thiemer: Es ist unser tägliches Geschäft, uns mit Kundendaten in ganz anderer Form auseinanderzusetzen als noch vor einigen Jahren. Datenbasiertes Marketing ist inzwischen Realität; Entscheidungen werden auf Grundlage wirklich fundierter zur Verfügung stehender Kundendaten getroffen. Das ultimative Ziel bleibt es, die Kunden in unseren Datenstamm aufzunehmen und dort dann über NSP-Technologie – also „next best action, next best offer“ – mit hoher Trefferwahrscheinlichkeit Angebote im richtigen Kontext zu unterbreiten.
Und welche Technologien werden sich künftig im Marketing durchsetzen?
Thiemer: Uns beschäftigt vor allem das Thema First-Party-Data und wie wir unseren adressierbaren Kundenstamm erhöhen. Wir haben einen starken Fokus auf unser Ökosystem. Eine entscheidende Komponente ist unsere MyBMW-App, mit deren Hilfe das Auto und autonome Services, zum Beispiel im Bereich Lademanagement, aus der Ferne bedienbar sind. Diese App wird andauernd weiterentwickelt – zum größten Interaktions- und Transaktionskanal. Für uns gilt eine App-First-Strategie. Auf diese Weise erfahren wir dann auch mehr über das Verhalten und die Bedürfnisse unserer Kunden.
Inwieweit konkurriert das digitale oder virtuelle Kundenerlebnis schon heute mit dem realen?
Thiemer: Das Digitale und Virtuelle fasziniert die Menschen. Es ermöglicht etwa, Fahrzeuge in ganz anderer Bandbreite, also viel vielfältiger, zu demonstrieren. Dennoch kommen Interessierte immer noch gern auf Messen oder ins Autohaus. Es besteht also eine Parallelität von digital, virtuell und real – und ein individueller Zuschnitt daraus wird von unseren Zielgruppen nicht nur geschätzt, sondern auch gefordert. Die Zukunft sehe ich daher klar in hybriden Erlebnissen.
Wie wird das Autohaus von morgen aussehen?
Thiemer: Das Autohaus der Zukunft ist mit Sicherheit kein Vollformat mehr, in dem zwangsläufig alle Möglichkeiten von Neu- und Gebrauchtwagen über Services bis hin zur Werkstatt angeboten werden. Vielmehr wird es spezialisierte Formate geben, die durch digitale Angebote ergänzt werden. Ersetzt der Digitalkauf die physische Erfahrung im Autohaus? Ich denke nicht, denn die Menschen schätzen nach wie vor ihren persönlichen Betreuer vor Ort und möchten am Ende das Auto natürlich auch Probe fahren können. Allerdings rücken digitale Angebote und Transaktionen immer mehr in den Fokus der Nachfrage.
Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit im BMW-Marketing?
Thiemer: Für uns gehören Premium, Luxus und Nachhaltigkeit zusammen. Und wir sagen: Die echte Kreislaufwirtschaft ist das Entscheidende. Es geht aber nicht nur darum, sekundäre Materialien zu verwenden und Wiederverwertbarkeit in anderen Produktkategorien eins zu eins zu gewährleisten. Stattdessen möchten wir aus alten Autos neue Fahrzeuge herstellen. Wir sehen bereits heute: Nachhaltigkeit wird zu einem Teil des Statusdenkens. Wir nennen das „Freude forever“, unsere „license to operate“ für die Zukunft.
Und doch interpretieren Puristen die Freude am Fahren sicher anders als die Verfechter neuer Mobiliät. Inwieweit ist beides miteinander vereinbar?
Thiemer: Fahrspaß hat mit dem Antrieb erst einmal nichts zu tun. Es zählt das gesamte Erlebnis, das entsteht, wenn man im Fahrzeug sitzt. Die Digitalisierung ermöglicht ganz neue Interaktionen und bringt noch mehr Freude mit sich. Zu einem Fahrerlebnis mit BMW gehören natürlich bestimmte Stilmittel, wie zum Beispiel der Sound. So richten wir uns nach dem Kundenwunsch und -bedarf und sorgen auch beim Elektromotor für den richtigen Hörgenuss. Auf internationalen Märkten mit klassischen Kundenbedürfnissen bedienen wir natürlich auch diese. Ein zentraler Fokus bei den zukünftigen Erlebnissen liegt aber auf der Nachhaltigkeit des Fahrzeugs. Denn nur wenn wir zukunftsfähige Autos herstellen, können wir unseren Kundinnen und Kunden weiterhin ihren Anspruch erfüllen: nicht nur die besten Autos in der Welt zu erfahren, sondern auch die besten Autos für die Welt. Das treibt uns an.
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