Toyota gilt als Mobilitätspionier und setzt auf dem Weg zu klimaneutralem Verkehr auf einen Technologiemix aus Hybridantrieben, E-Motoren, Brennstoffzellen und Wasserstoff. „Als globaler Automobilhersteller müssen wir die Bedürfnisse der Kunden aus aller Welt berücksichtigen“, sagt Toyota-Deutschlandchef André Schmidt. Im Interview verrät er, was ihn antreibt.
Mobilität der Zukunft
Wie Toyota mit einem Technologiemix den klimaneutralen Verkehr vorantreibt
Olympische Spiele, Mobilität für alle, Transformation einer ganzen Marke – im Gespräch mit DUP UNTERNEHMER schildert Toyota-Deutschlandchef André Schmidt, wie sich der japanische Automobilhersteller gerade neu erfindet.
18.10.2024
André Schmidt
ist seit knapp 20 Jahren bei Toyota. Seit Januar 2021 trägt er die Gesamtverantwortung als Präsident für Toyota Deutsch- land
DUP UNTERNEHMER-Magazin: Toyota war Mobilitäts- partner der Olympischen Spiele. Warum haben Sie sich daran beteiligt, was haben Sie davon?
André Schmidt: Ich war bereits für die Olympischen Spiele in Tokio 2020 verantwortlich. Dort ist die ganze Mobilitätsaktivierung im Marketing ja wegen Corona etwas verpufft. Aber schon damals waren wir bereit, der Welt zu zeigen, welche Lösungen wir zum Thema Mobilität für alle in petto haben. In Paris konnten wir diesen Showcase erfolgreich umsetzen.
Wen oder was haben Sie denn von wo nach wo befördert?
Schmidt: Wir haben die gesamten Spiele mobil gehalten. Die Athleten, die Offiziellen und auch die Zuschauer. Toyota war mit 2.650 Mobilitätsprodukten am Start, die zu 100 Prozent elektrifiziert waren, dazu noch einmal 700 Last-Miles-Produkten. Zusammen also deutlich über 3.000. Wir waren ja nicht nur Sponsor der Olympischen Spiele, sondern auch der Paralympischen Spiele. Für Sportler mit körperlicher Beeinträchtigung waren die Mobilitätsangebote natürlich besonders wichtig.
Nun unternehmen Sie diese Anstrengungen natürlich nicht nur für Olympia und für anerkennende Worte.
Schmidt: Nein, ganz klar. Toyota befindet sich bereits seit 2015 auf dieser Reise hin zu einem Mobilitätskonzern. Wir haben uns schon mal komplett transformiert. Toyota war ja früher ein Webstuhlhersteller, und aus den Patenten des Webstuhlgeschäfts wurde dann das erste Fahrzeug in Japan produziert. Jetzt sind wir auf dem Weg zum breiten Mobilitätsanbieter. Und dabei geht es nicht nur darum, Menschen von A nach B zu transportieren. Mobilität kann auch etwas sehr Emotionales sein. Im sozialen Bereich ist Bewegung Teilhabe. Insofern ist unser Mobilitätsbegriff sehr weit gefasst. Wir sprechen also nicht nur von kaltem Metall und vier Rädern.
Wie könnten unsere Straßen in ein paar Jahren aus- sehen? Vielleicht nehmen Sie uns mal ein Stück mit auf die Reise.
Schmidt: Bei den CO2-Emissionen haben wir als Industrie natürlich eine Riesenaufgabe vor uns. Und da sehen wir Wasserstoff als absolut adäquate Lösung an. Und zwar nicht nur für neue Produkte, sondern auch, um Bestandsprodukte entsprechend upzugraden. In Paris waren wir bereits mit Bussen unterwegs, die mit unserer Brennstoffzelle komplett CO2-neutral fuhren. Hier wird Wasserstoff getankt, und die Emissionen bestehen aus reinem Wasser. Wir haben auch bereits entsprechende Lkw vom Dieselantrieb auf die Brenn- stoffzelle umgerüstet und dadurch null Emissionen realisiert. Das heißt also: Die Mobilitätswende geht Hand in Hand mit der Energiewende, und die Energiewende benötigt Wasserstoff, um die Netze zu stabilisieren.
Sie glauben also, dass das Thema Wasserstoff sich auch für Pkw in der Breite durchsetzen wird?
Schmidt: Also, wir sehen im Langstreckenbereic und für die ungeduldigen Fahrer, die beim Nachladen nicht 20 Minuten warten wollen, ein ganz klares Potenzial für die Brennstoffzelle. Im Stadtverkehr und für die mittleren Pendlerstrecken ist das Elektrofahrzeug absolut adäquat. Toyota verfolgt hier die Multi-Path- Antriebsstrategie. Heißt: Jedes Mobilitätsbedürfnis eines einzelnen Kunden ist immer individuell. Bei den richtigen Lösungen, die der Kunde benötigt, sind wir absolut technologieoffen und bieten sozusagen den vollen Blumenstrauß an. Von Vollhybriden ohne Stecker über Plug-in-Hybride mit Stecker bis hin zu den reinen Elektrofahrzeugen und den Wasserstoffmodellen. Als globaler Automobilhersteller müssen wir natürlich auch die Bedürfnisse der Kunden aus aller Welt entsprechend berücksichtigen. Deswegen sind wir auch so breit aufgestellt.
Glauben Sie daran, dass die Leute in vier oder fünf Jahren gar nicht mehr selbst Auto fahren müssen, sondern während der Fahrt arbeiten können? Müssen sich Flottenmanagerinnen und -manager in Zukunft darauf einstellen?
Schmidt: Erst mal sind vier, fünf Jahre viel zu kurz gesprungen. Die Systeme sind noch nicht so weit, dass sie bei jeder Tages- und Nachtzeit, bei jeder Wetter- und Verkehrssituation hundertprozentig zuverlässig reagieren. Es wird zudem diverse Ausprägungen des autonomen Fahrens geben. Unser Chairman hat immer gesagt: Don’t want, that the car becomes a soulless. Es muss also immer noch ein wenig Spaß machen, mit dem Auto zu fahren und eine gewisse Emotion kreiert werden.
Und wie könnte das aus- sehen?
Schmidt: In Japan erproben wir gerade ein manuelles Schaltgetriebe für Elektroautos. Hört sich nach Quatsch an, weil ein E- Auto ja keine Schaltung braucht. Aber das ist genau der Punkt: Wie kann ich die Emotion des Schaltvorgangs, des Kuppelns, ins Elektrozeitalter bringen? Keine Ahnung, ob das jemals in Serie kommt, aber das zeigt unsere Philosophie: Wir forschen an Dingen, die vielleicht unmöglich erscheinen. Genau das ist auch der Mindset der Company. Alles, was sich schier unmöglich anhört, ist die Herausforderung, dass man es doch schaffen kann. Und hier schließt sich übrigens auch der Kreis zu den Athleten bei Olympia.
Flottenmanager und -managerinnen haben es ja im Moment nicht ganz leicht, wenn man bedenkt, welche Entscheidungen sie zu treffen haben. Finanzielle Aspekte, Nachhaltigkeit – und dann noch die ganzen Antriebsarten. Können Sie sich in die Lage der Men- schen hineinversetzen, wie reden Sie mit ihnen?
Schmidt: Ihre Frage beschreibt ganz klar, was mir auch die Händler widerspiegeln. Sowohl von den Flottenkunden als auch von den Privatkunden. Es ist momentan eine riesige Unsicherheit im Markt. Und ich kann die Unsicherheit der Flottenmanager absolut verstehen, genauso wie die Irritation der Kunden. Unsere Antwort darauf ist, dass wir eben nicht nur ein Produkt und eine Antriebsart anbieten, sondern in die Breite gehen, viele verschiedene Antriebsarten im Portfolio haben. Für Kunden, die keinen Zugang zur Lade- infrastruktur haben, ist vielleicht ein Hybrid die beste Lösung. Er ist relativ erschwinglich, und man kann trotzdem seinen CO2-Footprint deutlich reduzieren. Vor dem Antrieb aber muss die erste Frage an Kunden lauten: Wie sieht dein Bewegungsprofil aus? Wie ist deine Nutzung? Wie ist dein Zugang zur Infrastruktur? Und für Flottenkunden entsprechend: Was sind die Total Cost of Ownership, wie wird die Flotte genutzt, und wie kann ich meine Kosten optimieren? Am besten ist hier wahrscheinlich, dass ich ein gestreutes Portfolio an Antrieben anbiete, um das Risiko zu minimieren. So eine Risikospreizung ist absolut sinnvoll. Gerade in der jetzigen Zeit, in der es noch eine gewisse Unsicherheit im Markt gibt.