Longevity

So geht gesunde Langlebigkeit

Longevity – auch gesunde Langlebigkeit genannt – klingt verlockend. Die Basics wie gesunde Ernährung, Sport und Regeneration sind bekannt. Doch was genau heißt das im Alltag, wie lassen sich diese Basics täglich umsetzen, und welche neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse gibt es?

Kleine gesunde Häppchen, die bei einer Veranstaltung gereicht werden und Longevity fördern sollen

25.06.2024

So lecker können Gesundheit und Wissenschaft sein: Bei dem Eröffnungsevent des PNT-Centers (Personalized Nutrition Technology) der Firma Foodpunk wird unter anderem Ziegenkäsecreme mit Honig, Wildkräutern und Walnüssen serviert, gefolgt von Flugentenbrust „Sous Vide“, Süßkartoffeln, Waldpilzen und einer Balsamico-Reduktion. Bei dem Gedanken an so vorzügliches Essen springen Bauch und Hirn mehr oder weniger gleichermaßen an. Foodpunk hat für diesen Zusammenhang einen Ort geschaffen, an dem sich Genuss und Technologie vereinen.

Anlässlich des Events kommen 150 Gäste und 21 Koryphäen aus dem Gesundheitssektor zusammen. Vor Ort präsentieren sie Vorträge sowie Panel-Talks rund um die Themen Gesundheit, Ernährung, Longevity, Technologie und KI. Einer von ihnen ist Prof. Dr. Nicolai Worm. Der Ernährungswissenschaftler ist unter anderem Experte für Gesundheit und erklärt den Zusammenhang zwischen Lebensstil, Ernährung und Gesundheit.

Gesunder Lifestyle für ein langes Leben

„Unser moderner Lebensstil ist nicht menschengerecht“, sagt Worm. Der Ernährungswissenschaftler plädiert für mehr körperliche Betätigung und eine nährstoffreichere Ernährung. Wer sich zu wenig bewegt, riskiert, an Sarkopenie, auch Muskelschwund genannt, zu erkranken. Bei der Erkrankung baut der Körper Muskeln ab. „Die Muskeln sind nicht nur dazu da, um sportlich auszusehen. Sie sind auch hormonproduzierende Organe, die in einem Dialog mit anderen Geweben und Hormonen stehen. Wenn zu wenig Muskelaktivität vorhanden ist, kommt das Gleichgewicht an Signalstoffen und an Hormonen in eine Schieflage. Ein Verlust der Muskelmasse hat also weitreichende Folgen, auch für Nichtsportler“, beschreibt Worm.

Ebenso herrscht beim Thema Ernährung zu wenig Aufklärung, wie Worm sagt. Die meisten Menschen wissen nicht, wie eine gesunde Ernährung aussehen kann. „Ich empfehle eine mediterrane Kost, bestehend aus viel Gemüse, Salaten, Beeren, Früchten, wenig raffinierten Kohlenhydraten und reichlicher Proteinzufuhr“, sagt Worm. Außerdem weist der Experte da rauf hin, dass etwa 80 Prozent der Deutschen an einem Vitamin-D-Mangel im Winter leiden. In den Sommermonaten sind es immer noch 60 Prozent.

Nährstoffpower und Longevity

Wer seinen Körper mit allen Nährstoffen versorgen möchte, kommt um eine zusätzliche Nahrungsergänzung kaum herum. Lommel und Worm sind sich einig: Insbesondere Omega-3-Fettsäuren sollten nahezu alle Menschen zusätzlich in ihre Ernährung integrieren. Auch die Proteinversorgung ist nicht zu unterschätzen, da zahlreiche biochemische Prozesse im Körper auf Grundlage von Aminosäuren, also Proteinen, passieren. Wer darüber hinaus etwas für seine Gesundheit tun möchte, kann mit Antioxidantien einem Übermaß an freien Radikalen vorbeugen. Besonders dann, wenn zu wenig Gemüse auf dem Teller landet.

Wie alles zusammenhängt

Die Gesundheit ist als großes Ganzes zu betrachten. Langfristig macht ein Lebensstil aus zu wenig Bewegung, ständigem Snacken und einem hohen Stresslevel krank. Eine gesunde Lebensführung hingegen wirkt sich auf sämtliche Prozesse im Körper positiv aus: „Die Schwierigkeit besteht darin, dass viele ihr Problem erst bemerken, wenn sie bereits krank sind. Dann sind Medikamente gefragt, die sofort helfen. Diese bekämpfen jedoch nur die Symptome und nicht die Ursache. Das wird deutlich, wenn die Medikamente abgesetzt werden und die Probleme wieder da sind“, sagt Worm.

Ernährung, Bewegung, Regeneration

Eine gesunde Langlebigkeit basiert auf den bekannten Basics: einer vitalstoffreichen Ernährung, genügend Muskelaktivität und Schlaf. Wenn diese drei Säulen ausgewogen sind, können auch KI-basierte Hilfsmittel wie Smartwatches eine tolle Ergänzung bieten.

Prof. Dr. Nicolai Worm

ist Ökotrophologe sowie Professor an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement

"Wir können die mentale Gesundheit einer Person bis auf die Zellebene verfolgen."

Am Ende geht nichts ohne die bekannten Basics, wie gesunde Ernährung, genügend Schlaf, ausreichende Regeneration und die Vermeidung von Stress, erklärt Marina Lommel im Interview. Die Ernährungswissenschaftlerin ist Expertin für Zellgesundheit und begeistert von biochemischen Prozessen im Körper. Im Gespräch beschreibt sie die wichtigen und unterschätzten Einflüsse von Zucker und Mahlzeitenpausen

Marina Lommel

Marina Lommel

ist Ernährungswissenschaftlerin, Gründerin und CEO der Foodpunk GmbH

DUP UNTERNEHMER: Auf welchem Stand befindet sich die Forschung zu den Themen Longevity und Anti-Aging?

Marina Lommel: Es gibt verschiedene Eckpfeiler der Alterung. Einer davon ist die Verkürzung der Telomere. Das sind die Endkappen der Chromosomen, die mit jeder Zellteilung kürzer werden. Wenn diese Schutzkappen der Chromosomen irgendwann nicht mehr vorhanden sind, ist der Tod nahe. Aktuell wird unter anderem erforscht, was auf zellulärer Ebene die Alterung verursacht und wie dies beeinflusst werden kann.

Hat die Ernährung einen maßgeblichen Einfluss auf das Aussehen im Alter?

Lommel: Ein wichtiger Faktor für den Alterungsprozess ist der Blutzuckerspiegel. Wenn dieser stark an- oder absteigt, bekommen wir Heißhunger. Das Problem entsteht, wenn diese starken Schwankungen immer wieder vorkommen, denn diese Ausreißer schaden unseren Zellen. Wenn sich Zuckermoleküle an die Zellen haften, entstehen zum Beispiel Altersflecken. Außerdem greift diese chemische Reaktion das Bindegewebe an, das in dessen Folge schlaffer wird. Um Blutzuckerschwankungen zu reduzieren, können wir uns beispielsweise auf zwei bis drei Mahlzeiten am Tag beschränken. Dadurch wird auch die Autophagie aktiviert.

Welche Bedeutung hat Autophagie für eine gesunde Langlebigkeit?

Lommel: Autophagie entsteht zum Beispiel durch längere Pausen zwischen den Mahlzeiten. In den Pausen ist der Körper gezwungen, seine Energiereserven anzuzapfen. Gleichzeitig werden die Glykogenspeicher in der Muskulatur und in der Leber entleert. In den Muskelzellen befinden sich Proteinbausteine, die vielleicht schon kaputtgegangen sind und während der Autophagie abgebaut werden können. Diese Proteinbausteine sind eigentlich Energie für den Körper, und er fängt dann an, diese Energie selber zu verdauen. Das heißt, der Körper sucht im Autophagieprozess nach Energie und macht quasi einen Frühjahrsputz. Während der Essenspausen hat der Körper also Zeit, um überalterte Zellen zu entsorgen, da er nicht mit der Verdauung beschäftigt ist.

Welche Rollen spielen Stress und mentale Gesundheit für den Alterungsprozess?

Lommel: Wir können die mentale Gesundheit bis auf Zellebene verfolgen, denn bei Stress wird das Hormon Cortisol ausgeschüttet. Cortisol belastet den Körper auf Dauer stark und kann zu einem erhöhten Blutzuckerspiegel beitragen, der wiederum unsere Gesundheit langfristig gefährdet. Dieser erhöhte Blutzuckerspiegel entsteht, da Cortisol uns einen Energieschub geben soll, wenn wir beispielsweise in einer Fluchtsituation wären. Das Hormon sorgt also dafür, dass wir für kurze Zeit Höchstleistungen erbringen können. Demnach kann ein hoher Cortisolspiegel eine ähnliche Wirkung haben wie eine Portion Süßigkeiten. Das funktioniert, indem die Leber aus Proteinen, also Aminosäuren, Zucker herstellen kann. Cortisol triggert das unter anderem. Und durch diesen Stress entsteht im Körper ein Effekt, als hätten wir Süßigkeiten gegessen, ohne sie zu essen. Stress führt aber auch dazu, dass beispielsweise Haare schneller ergrauen. Durch dauerhaften Stress belasten wir unseren Körper also stark. Demnach ist die mentale Gesundheit sehr wichtig für die körperliche Gesundheit

Kann die genetische Veranlagung helfen?

Lommel: Die Genetik spielt in der Tat eine Rolle. Jedoch eine untergeordnete, da wir durch unseren Lebensstil einen maßgeblichen Einfluss auf unsere Gesundheit haben. Daher sollten wir uns nicht auf unserer Veranlagung ausruhen.

Welche Möglichkeiten bietet das Thema KI für Longevity und Anti-Aging bis jetzt?

Lommel: Mit einer KI können beispielsweise personalisierte Ernährungspläne geschrieben werden. Dabei werden verschiedene Parameter wie Blutwerte in die KI eingespielt. Anhand der errechneten Werte kann die KI den Betroffenen im Alltag helfen, ihren Blutzuckerspiegel nicht zu stark ansteigen oder abfallen zu lassen, und Tipps geben, wie starke Schwankungen vermindert werden können. Auch in anderen Bereichen wie bei Smartwatches, smarten Ringen und anderen Wearables kommt die Technologie zum Einsatz und bietet immer mehr Möglichkeiten und genauere Ergebnisse.