Nachhaltige Transformation
Klimaneutralität: „Unternehmen gestalten unsere Zukunft“
Die Transformation hin zur Klimaneutralität erfordert von vielen Mittelständlern riesige Investitionen. Stefan Wintels, Vorstandsvorsitzender der KfW, erklärt, warum der klassische Kredit nicht mehr ausreicht und wie die staatliche Förderbank kleinere und mittlere Unternehmen unterstützt.
Stefan Wintels
übernahm nach Stationen bei der Deutschen Bank und der Citigroup 2021 den Posten als Vorstandsvorsitzender der staatlichen Förderbank KfW
DUP UNTERNEHMER-Magazin: Sie bezeichnen das aktuelle Jahrzehnt als das Jahrzehnt der Entscheidung. Welche Rolle spielt die KfW dabei?
Stefan Wintels: In diesem Jahrzehnt wird sich entscheiden, welche Folgen unser Umgang mit den natürlichen Ressourcen haben wird und ob sich für künftige Generationen auch das Wohlstandsversprechen unserer sozialen Marktwirtschaft erfüllt. Deshalb müssen wir jetzt entschlossen handeln und konsequent umsetzen. Allein in Deutschland beträgt der Investitionsbedarf für Klimaneutralität rund fünf Billionen Euro bis zur Mitte des Jahrhunderts. Diese Investitionen können nicht nur durch öffentliche Mittel erfolgen, sondern müssen zu rund 90 Prozent durch private Investitionen gedeckt werden. Mit anderen Worten: Es sind vor allem Unternehmen beziehungsweise Unternehmerinnen und Unternehmer, die unsere Zukunft gestalten. Die Rolle und der Anspruch der KfW ist jene der „Ermöglicherin“. Wir unterstützen Menschen, Kommunen, Länder oder Unternehmen dabei, Verantwortung zu übernehmen. Nicht nur durch unsere eigene Förderung, sondern auch indem wir in zunehmendem Maß privates Kapital mobilisieren, private Investitionen stimulieren und zukünftig erforderliche Ökosysteme im Blick haben.
Wie kann die KfW dazu beitragen, den Standort Deutschland nachhaltiger und wettbewerbsfähiger zu machen?
Wintels: Als Förderbank des Bundes agieren wir innerhalb der von der Politik gesetzten Leitplanken und Ziele. Wir sind kontinuierlich im Austausch mit der Politik und erarbeiten marktgerechte Lösungen. Ein gutes Beispiel hierfür im Jahr 2023 ist der „Wachstumsfonds Deutschland“ unserer Tochtergesellschaft KfW Capital. Mit einer Milliarde Euro gehört er zu den größten Dachfonds in Europa. Zwei Drittel davon kommen von privaten Investoren wie Versicherungen, Family-Offices oder Vermögensverwaltern. Um vermehrt privates Kapital zum Beispiel für die nachhaltige Transformation zu mobilisieren, sehe ich vier Erfolgsfaktoren: Erstens muss die Klimawirkung von Investitionsvorhaben transparenter werden, zweitens sollten alle nachhaltigkeitsrelevanten Regelwerke aufeinander abgestimmt und handhabbar sein. Der dritte Punkt ist ein starker Kapital- und Bankenmarkt. Warum? Der traditionelle Kredit als Finanzierungsinstrument reicht für die nachhaltige Transformation nicht mehr aus, darum müssen wir den Kapitalmarkt stärker einbinden. Viertens braucht es eine effektive Förderinfrastruktur: Förderbanken können nicht nur Finanzierungslücken schließen und privates Kapital mobilisieren, sondern auch Risiken abfedern und Vorbild für die Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien im Bankbetrieb sein. Dies gilt es weiterzuentwickeln.
Damit Deutschland bis 2045 das Ziel der Klimaneutralität erreicht, müssten kleine und mittlere Unternehmen, kurz KMU, rund 60 Milliarden Euro pro Jahr in den Klimaschutz investieren. Wie soll das gehen?
Wintels: Das Thema Finanzierung ist eines von mehreren Hemmnissen, die gerade KMU auf dem Weg zur Klimaneutralität im Wege stehen. Der Ansatz zur Lösung muss daher ein breiter sein, der nicht zuletzt verlässliche gesetzliche und regulatorische Vorgaben enthält, insbesondere mit Bezug auf die CO2-Preis-entwicklung, sowie auch entsprechende ökonomische Anreize setzt. Was die Finanzierung betrifft, unterstützt die KfW den Mittelstand unter anderem mit zinsgünstigen Krediten und Zuschüssen. Ein Beispiel ist das Programm „Klimaschutzoffensive für den Mittelstand“. Hier fördern wir Maßnahmen, die sich an die EU-weite Definition für ökonomisch nachhaltiges Wirtschaften, die sogenannte EU-Taxonomie, anlehnen.
Das Bundesumweltministerium möchte eine Kreislaufwirtschaft etablieren. Wie kann die KfW bei der Transformation zu einer zirkulären Wirtschaft unterstützen?
Wintels: Die Entwicklung der Kreislaufwirtschaft ist von hoher strategischer Bedeutung. Es geht nicht nur um den schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen, sondern auch um strategische Rohstoffe. Die Kreislaufwirtschaft ist dabei ein Gamechanger, jedoch in den verschiedenen Wirtschaftszweigen unterschiedlich weit entwickelt. Hierfür bieten wir attraktive Förderprogramme an. Und wir suchen die Kooperation mit Partnern. Im Rahmen einer gemeinsamen Initiative haben sich die großen europäischen Förderbanken im Jahr 2019 zum Beispiel verpflichtet, in den folgenden fünf Jahren mindestens zehn Milliarden Euro an Finanzierungen für die Kreislaufwirtschaft bereitzustellen und das Thema verstärkt in das öffentliche Bewusstsein zu rücken.
Auch bei der Digitalisierung hat die deutsche Wirtschaft großen Transformationsbedarf. Wie stärkt die KfW den Mittelstand in diesem Bereich?
Wintels: Der Nachholbedarf betrifft nicht nur die Unternehmen, sondern unser Land im Ganzen. In Deutschland investieren wir im Verhältnis zu unserer Wirtschaftsleistung weniger in die Digitalisierung als andere Industrieländer. Um aufzuschließen, müssten die IT-Investitionen von aktuell rund 50 Milliarden Euro auf 100 bis 150 Milliarden Euro pro Jahr steigen. Die KfW und ihre Tochtergesellschaften unterstützen öffentliche wie private Investitionen in die Digitalisierung auf vielfältige Weise. So fördern wir zum Beispiel den Ausbau von Hochgeschwindigkeits-Breitbandnetzen und entwickeln unser Produktangebot weiter. Unsere Tochtergesellschaft KfW IPEX-Bank ist stark engagiert bei der Finanzierung der digitalen Infrastruktur, zum Beispiel von Rechenzentren, die mit Ökostrom betrieben werden. Nicht zuletzt hat KfW Capital sich als bedeutender Partner bei der Entwicklung des Venturecapital-Ökosystems in Deutschland etabliert, wovon vor allem innovative digitale Geschäftsmodelle profitieren.
Die KfW fördert nicht nur die Transformation der Wirtschaft hin zu mehr Klimaneutralität. Sie ist mit dem Legacy Landscapes Fund weltweit ein wichtiger Förderer von Biodiversitätsprojekten. Warum engagieren Sie sich dort und inwiefern profitieren auch die Menschen in Deutschland davon?
Wintels: Anders als die Klimakrise hat der dramatische Verlust von Biodiversität es noch nicht so tief in unser Bewusstsein geschafft. Laut dem Global Risk Report 2023 ist aber dieser Verlust der biologischen Vielfalt eines der größten globalen Risiken für die Menschheit. Das Ziel des Legacy Landscapes Fund ist, Ökosysteme in Gebieten zu schützen, die einen weltweit einzigartigen Artenreichtum aufweisen und für das ökologische Gleichgewicht unersetzbar sind. Ein solches Ziel kann nur durch internationale Kooperation erreicht werden. Die KfW fördert weltweit mehr als 1.000 Schutzgebiete in über 70 Ländern und Regionen. Als global eng vernetzte Volkswirtschaft mit vielen internationalen Partnern hat Deutschland ein hohes Interesse, hierzu wirkungsvoll beizutragen und die KfW nimmt im Auftrag des Bundes ihre Verantwortung wahr.
Kurz nach Ihrem Amtsantritt haben Sie gefordert, auch die KfW müsse sich transformieren. Warum?
Wintels: Die KfW kann aus meiner Sicht nur effektiv Transformation gestalten, wenn wir uns selbst transformieren. Unser Ziel ist es, bis zum Ende dieses Jahrzehnts die digitale Transformations- und Förderbank zu werden. Ein Beispiel ist der Start unseres digitalen Kundenportals meine.kfw.de im Jahr 2023, über das wir aktuell die Zuschussförderung von neuen Heizungen durchführen und das auch künftig eine wichtige Rolle in der Förderung spielen wird. Nach innen haben wir alle relevanten Organisationseinheiten im Kreditgeschäft unter einem Dach gebündelt. Dadurch sind unsere Prozesse sowohl effektiver als auch effizienter geworden. Für die kommenden Jahre stehen zwei Aufgaben im Mittelpunkt: Zum einen werden wir unseren Erfolg künftig stärker an der Wirkung unserer Förderung bemessen. Zum anderen werden wir die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen, um anpassungsfähiger und schneller zu werden. Beides ermöglicht uns, im Interesse der Unternehmen neue Förderprodukte bedarfsgerecht und schnell zu entwickeln sowie bestehende Produkte zu optimieren. Sogar nach gut zweieinhalb Jahren bin ich immer noch begeistert von den Möglichkeiten und der Relevanz der KfW – vor allem auch außerhalb Deutschlands – sowie dem Engagement und der Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
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