Tech-Trends
Wie der Quantencomputer die Welt verändern kann
Ein bisschen mehr Risikofreude – das würde sich Dr. Alexander Trommen von Deutschlands Unternehmen bei der digitalen Transformation wünschen. „Denn sonst verspielen sie die Zukunft“, sagt der Appsfactory-Gründer. Die Digitalagentur gehört mit einer jährlichen Wachstumsrate von 41,7 Prozent laut „Financial Times“ zu den am schnellsten wachsenden Unternehmen in Europa. Seit der Gründung 2009 wurden mehr als 600 Digitalisierungsprojekte für Kunden unter anderem aus den Bereichen Automotive, Medien, Gesundheit, Energie und Immobilien umgesetzt. Im Gespräch erklärt er, welches Potenzial der Quantencomputer birgt.
Dr. Alexander Trommen
Der Betriebswirt hat 2009 Appsfactory mitgegründet. Zuvor war er unter anderem für Bossard Consultants, Knorr-Bremse und die MINICK Gruppe tätig
Low Code vereinfacht die Programmierung und macht Softwareentwicklung damit auch für Laien zugänglich. Ist Low Code also ein Mittel gegen den Fachkräftemangel im IT-Bereich?
Alexander Trommen: Low Code hat enormes Potenzial, Anpassungsprogrammierungen etwa von SAP-Systemen zu vereinfachen und kostengünstiger zu machen. Und es birgt Chancen für die Automatisierung betriebsinterner Prozesse. Das verbreitetste Low-Code-Tool ist vermutlich Slack. Darin lassen sich relativ unkompliziert kleine Routinen „schreiben“. Wir haben über Slack circa 50 interne Prozesse strukturiert, die dadurch teilautomatisiert sind – vom Angeboteschreiben bis zum Recruiting. Aber bei unserem Kerngeschäft – der Entwicklung individueller Softwarelösungen – hilft Low Code nicht. Denn ich glaube nicht, dass es mit Low Code möglich wäre, ein neues Geschäftsmodell zu entwickeln oder ein digital transformatives Produkt. Dafür braucht man dann doch „echte“ Entwickler.
Im Bestseller „The future is faster than you think“ geht es um die Auswirkungen des beschleunigten digitalen Wandels. Laut den Autoren wird vor allem die Technologiekonvergenz den Fortschritt weiter rapide beschleunigen. Die Kombination welcher Technologien wäre aus Ihrer Sicht besonders spannend?
Trommen: Die Kombination aus CRISPR, also der Genschere, und dem Quantencomputer. Ich glaube, darin liegt der Schlüssel zu einem längeren, gesünderen Leben. Durch den Quantencomputer ergeben sich Möglichkeiten, die zumindest über meine Vorstellungskraft weit hinausgehen. Wenn man sich vorstellt, dass ein Laptop 2050 so viel Rechenleistung haben könnte wie alle Gehirne der Welt zusammen, dann ist das erschreckend. Zugleich ist es aber auch ermutigend. Denn ich frage mich, welche Aufgaben dann wohl diejenigen haben werden, die vor dem Laptop sitzen. Es werden wahrscheinlich eher kreative Tätigkeiten sein sowie Führungsaufgaben. Mithilfe von CRISPR lassen sich ja bereits heute bestimmte Veränderungen an Menschen vornehmen – im gesetzlichen Rahmen und ärztlich überwacht. Wird das kombiniert mit der unglaublichen Rechenleistung des Quantencomputers, ließe sich zunächst simulieren, welche Veränderung welche Auswirkungen hätte, und dies könnte in der Folge ungeahnte, ja bahnbrechende Fortschritte in der Medizin bedeuten. Unabhängig von der ethischen Komponente solcher Eingriffe in die DNA hätte das vermutlich den massivsten Impact auf die Gesellschaft.
Eine Technologie, die in diesem Jahr gehypt wurde, sind die Non-Fungible Token – kurz: NFT. Zu Recht?
Trommen: NFT halte ich für eine spannende Technologie – etwa bei Fotokunst. Bilder können kaputtgehen, ausbleichen. Dann hilft es, auf ein digitales Archiv zurückgreifen zu können. Bei Kunst sind die IT-Kosten für Erzeugung und Transfer des NFT im Vergleich zum Wert des Gegenstands auch vernachlässigbar. Bei allem Hype um NFTs sollte man nicht vergessen, dass mit der Rechenleistung von Quantencomputern in 30 bis 50 Jahren die Absicherung entschlüsselt werden könnte und NFT so möglicherweise ihren Wert verlieren.
Redakteurin
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