Erfolgsstorys sind oft das Ergebnis von Know-how-Transfer. In Hamburg entsteht deshalb nun ein Ort, an dem Menschen gemeinsam Produkte entwickeln, Wissen austauschen und voneinander lernen können: der Hammerbrooklyn. DigitalCampus. Porträt eines Zukunftsstandorts.
Früher suchten Menschen Märkte auf, um etwas zu verkaufen, einzukaufen und sich auszutauschen. Inzwischen tun sie all das auch im Internet – ohne direkten Kontakt, anonymer. Doch daheim, allein im stillen Kämmerlein, entsteht selten etwas Neues, Innovatives. In Hamburg geht man nun andere Wege: Deutschlands größtes privatwirtschaftliches Zukunftsprojekt, der Hammerbrooklyn.DigitalCampus, will den Marktplatz neu erfinden und Räume für Wirtschaft, Wissenschaft sowie digitale Macher schaffen. Alle Unternehmen, die sich noch intensiver mit anderen zu den Veränderungen durch die Digitalisierung austauschen und mit ihnen kollaborieren möchten, sind eingeladen, Teil der Community zu werden.
„Werdet Citizen im Hammerbrooklyn.DigitalCampus!“ Dazu ruft Dr. Nora Cavara auf, Geschäftsführerin der Stiftung „Hammerbrooklyn – Stadt der Zukunft“. Hammerbrook heißt der Stadtteil, in dem das neue Quartier mit rund 61.000 Quadratmeter Nutzfläche Stück für Stück bis 2027 entstehen soll. Der Name des Projekts ist eine Hommage an Brooklyn, New Yorks Kult-Stadtteil mit der legendären Brooklyn Bridge. Sie setzte bei ihrer Eröffnung 1883 architektonisch neue Maßstäbe und stellte alle bis dahin gebauten Brücken in den Schatten.
Hammerbrooklyns Bauherr, der Immobilienprojektentwickler Art-Invest Real Estate, investiert rund 200 Millionen Euro in das Areal in der Innenstadt zwischen Hauptbahnhof und HafenCity – mit Blick auf den Oberhafen und das „Spiegel“-Verlagshaus. Herzstück wird ein Digital-Pavillon sein, mit 7.600 Quadratmeter Fläche auf fünf Ebenen. Es ist der Original-US-Pavillon des Architekten James Biber von der Expo 2015 in Mailand, der schon damals Aufsehen erregte: Er misst 105 mal 16 Meter, wurde neu lackiert und bereits nach Hamburg geschafft – nachhaltiger geht es kaum. Ein Neubau wäre übrigens günstiger gewesen.
Offenes Mindset als muss
Es wird große, lichtdurchflutete Treffpunkte wie eine Town Hall, ein Auditorium und flexible Arbeitsräume geben. Außerdem sollen eine Digital Academy und Veranstaltungen wie Workshops, Symposien, Kongresse und Ausstellungen digitale Errungenschaften greifbar machen. Das Haus ist offen für alle. Wer „Citizen“ wird, verpflichtet sich allerdings, ein bestimmtes Mindset zu leben: offen für neue Themen zu sein, Wissen preiszugeben und gemeinsam zukunftsfähige Konzepte für Arbeitswelt, Forschung und Gesellschaft finden zu wollen. Dafür profitieren die Citizens von einem Standort, an dem sie auf Menschen und Kulturen unterschiedlicher Branchen, aber mit gemeinsamen Interessen treffen. Zurzeit sind zwei große Un-ternehmen bereits spruchreif: Die Deutsche Bahn und die Hamburger Hochbahn werden einziehen.
Der Pavillon wird voraussichtlich im Sommer 2020 fertig aufgebaut sein. Bis dahin dienen die grünen Container der Hammerbrooklyn.Box unter anderem internationalen Architektenteams als Büro. Sie erarbeiten gemeinsam Ideen für die Architektur des zweiten Bauabschnitts mit 50.000 Quadratmeter Nutzfläche.
Macher mit Mut und Kraft für Konflikte
Es gehört schon Mut dazu, so ein Großprojekt zu realisieren. Art-Invest-CEO Dr. Markus Wiedenmann ist einer der Köpfe dahinter. Sein Credo: „Innovative Lösungen können nur gefunden werden, wenn unternehmens-, kompetenz- und generationsübergreifend zusammengearbeitet wird. Hammerbrooklyn schafft die realen Voraussetzungen dafür.“ Zum Menschsein – off- wie online – gehört das Streiten. Auch das blieb bei dem ambitionierten Projekt nicht aus. Aber man hat sich zusammengerauft – und eine neue Betreiberstruktur geplant: die gemeinnützige Stiftung „Hammerbrooklyn – Stadt der Zukunft“. Im Präsidium sitzen Hamburger Persönlichkeiten wie Wirtschaftssenator Michael Westhagemann, Professor Henning Vöpel vom Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut sowie der Digitalexperte Professor Björn Bloching.
Gemeinsam Konzepte finden
Geschäftsführerin ist seit Oktober 2019 die Neurowissenschaftlerin Cavara. Mit ihrer jahrelangen Er-fahrung in Innovations- und Transformationsprozessen plant sie, aus Hammerbrooklyn ein „zentrales Zukunftslabor“ zu machen. Sie sucht neue Kooperationspartner, konzipiert die Citizenship-Programme und sorgt für die programmatische Ausgestaltung. Ihr Ziel: „Die Stiftung wird Unternehmen, Start-ups – aus ganz unterschiedlichen Branchen – und Vertreter der örtlichen Hochschulen zusammenbringen und gemeinsam Konzepte für die Zukunft finden. In Projekten, Workshops, Kreativseminaren.“
Hamburg hat jüngst im Stadt-Ranking des Digitalverbands Bitcom die Auszeichnung „Smarteste Stadt Deutschlands“ bekommen. Erster Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher erklärt sich das Top-Ergebnis damit, dass die Stadt Chancen nutze, die sich mit der Digitali-sierung ergäben. Eine dieser Chancen ist der Hammerbrooklyn.DigitalCampus. Beste Voraussetzungen also, diesen neuen Marktplatz mit Leben zu füllen und die digitale Transformation nachhaltig mitzugestalten.