Gewinner der Rudolf-Diesel-Medaille
Innovation: Es genügt nicht, kreative Ideen zu haben
Ortwin Goldbeck, Gründer der GOLDBECK GmbH, und Roland Arnold, Geschäftsführer und Gesellschafter der PARAVAN GmbH, sind kürzlich mit der Rudolf-Diesel-Medaille ausgezeichnet worden, dem ältesten Innovationspreis Europas. Wir haben mit ihnen über ihre Ideen, über Mitarbeitermotivation und über die nächste Unternehmergeneration gesprochen.
Roland Arnold
ist Gründer und Geschäftsführer der PARAVAN GmbH und CEO von Schaeffler Paravan. Bereits 1997 begann Arnold, Personenkraftwagen behindertengerecht umzubauen
Ortwin Goldbeck
hat nach dem Ingenieurstudium im September 1969 das Unternehmen GOLDBECK gegründet, das auf systematisiertes, elementiertes Bauen spezialisiert ist. 2007 hat er die Geschäftsführung an die Nachfolgegeneration übergeben und ist seitdem Beiratsvorsitzender
Was bedeutet Innovation genau für Sie?
Ortwin Goldbeck: Ideen und Visionen zu entwickeln und sie dann in die Tat umzusetzen. Es genügt nicht, kreative Ideen zu haben. Man muss auch die Kraft und die Fähigkeit haben, sie in Produkte oder Hardware umzusetzen. Das ist letztlich das, was ich unter Innovationskraft verstehe. Roland Arnold: Ich würde das ähnlich definieren: Etwas entwickeln, was es so noch nie gegeben hat und das in Serie zu bringen und zu realisieren. Und wie im Fall meines Unternehmens: Menschen zu helfen, damit sie wieder am Leben teilnehmen können.
Welche Rolle spielen Sie selbst im Unternehmen, wenn es um Innovationen geht?
Arnold: Es geht immer nur mit einer guten Mannschaft, aber ich selbst bin schon ein Treiber von Innovation. Ich hatte ja damals das Schlüsselerlebnis an der Autobahnraststätte: Dort habe ich beobachtet, dass eine Frau ihren Mann verladen hat. Sie sagte, er könne nie mehr Auto fahren wegen einer Querschnittslähmung. Das war für mich der maßgebliche Anstoß. Ich wollte der Frau helfen, damit ihr Mann wieder selbst Auto fahren kann. Bei PARAVAN bauen wir Fahrzeuge so um, dass Menschen mit verschiedensten Behinderungen sie nutzen können. Goldbeck: Ich hatte als junger Ingenieur ganz viele Ideen. Aber überall, wo ich damit auftrat, stieß ich auf sehr viele Vorbehalte. Da habe ich gemerkt: Umsetzen kann ich diese Ideen nur in einem eigenen Unternehmen. Also habe ich ein Stahlbau-Unternehmen gegründet, in dem nicht mehr jedes Projekt als neues Gebäude gesehen wird: Ich habe ein Bau-System entwickelt, in dem sich viele Teile immer wiederholen, also Legosteine fürs Bauen. Der Unternehmer in mir hat dann entschieden: Nein, der Stahlbau allein bringt noch keinen Kundennutzen – wir wollen das komplette Gebäude anbieten. Ich bin ständig in diesem Spannungsfeld zwischen Ingenieur, der seine Ideen umsetzen will, und Unternehmer beziehungsweise Kaufmann, der sagt: „Das können wir im Moment nicht finanzieren.“
Wie schaffen Sie es, die Mitarbeiter mit ins Boot zu holen und auch zu motivieren, kreativ und innovativ zu sein?
Arnold: Unsere Mitarbeiter arbeiten ja direkt mit den Kunden, setzen sie in die Fahrzeuge rein und machen auch die Fahrschule mit ihnen. Dafür haben wir eigene Fahrlehrer. Auch viele der Ideen, die wir in Fahrzeugen realisieren, kommen von meinen Mitarbeitern. Man muss ihnen auf jeden Fall den Freiraum lassen und sie für sehr gute Leistungen belohnen. Und wenn mal was schlecht war, dürfen sie dafür auch keinen Ärger bekommen – ganz im Gegenteil. Sonst trauen sie sich ja nichts mehr. Wir binden die Mitarbeiter in den gesamten Prozess ein – von der Beratung bis zur Realisierung. Goldbeck: Ich glaube, dass jeder Mensch in irgendeiner Form kreativ ist. Wir müssen nur ein Klima schaffen, in dem die Leute bereit sind, diese Kreativität für das Unternehmen einzusetzen. Wie Herr Arnold sagt: Bei kreativer Arbeit können Fehler auftreten. Sie werden nicht persönlich angelastet, denn wenn Sie Neuland betreten wollen, haben Sie immer auch das Risiko, dass das nicht gut geht. Und wenn dann den Leuten der Kopf abgerissen wird, weil mal etwas schief gelaufen ist, können sie nicht erwarten, dass sie neue kreative Ideen entwickeln.
Welche Ziele haben Sie als nächstes? Ihre innovativen Unternehmen bleiben sicher nicht beim Status quo stehen, oder?
Goldbeck: Bei uns ist ein Aspekt Nachhaltigkeit. Wir machen die Planungen so, dass ein Gebäude gewartet, gepflegt und instandgehalten werden kann – und wir betreuen es von der ersten Idee bis später zur grünen Wiese, wenn das ganze Gebäude abgerissen wird. Wir können ja nicht jeden Industriebau zu Denkmälern machen. Deshalb müssen wir Wege finden, die Baustoffe so zusammenzufügen, dass wir sie nach 50 Jahren auch wieder entfernen können. Zusätzlich bieten wir Solaranlagen für unsere Dächer an. Da arbeiten wir eng mit der Solarfirma zusammen, die einer meiner drei Söhne hat. Arnold: Wir haben jetzt einen Tesla umgebaut. Elon Musk sagt ja, sein Traum wäre, dass man keine Lenksäule mehr braucht und kein Lenkrad. Wir haben so ein Auto gebaut – einen Tesla ohne Pedale und ohne Lenkrad. Und er hat auch eine Straßenzulassung. Seine Vision haben wir praktisch realisiert und es fahren bereits Menschen mit Behinderung in Autos mit der Technologie, die ihm noch fehlt.
Wie geht es mit Ihren Unternehmen weiter? Steht die nächste Generation schon bereit?
Goldbeck: Ich habe die Geschäftsführung weitergegeben und auch die Gesellschaftsanteile im Wesentlichen an die Nachfolgegeneration übertragen. Ich nehme mich jetzt so weit zurück, dass ich mich gar nicht mehr um die unternehmerischen Dinge kümmere. Ich bin ja mit Leidenschaft Ingenieur. Da fällt mir natürlich immer wieder noch was ein und ich versuche, das einzubringen, damit andere dann meine Gedanken und meine Ideen weiterverfolgen können. Arnold: Mein ältester Sohn ist erst 21 Jahre alt, aber er hat das Unternehmerische im Blut. Er war schon von klein auf immer dabei und hat das Ganze genau verfolgt.