Gesundheit & Vorsorge

Künstliche Intelligenz und die Angst der Deutschen

Der technologische Fortschritt macht den Menschen seit jeher Angst. Heute fürchten viele, dass ihnen durch Automatisierung, Drohnen oder Roboter die Arbeit weggenommen wird. Andere haben Angst, dass zwischenmenschliche Beziehungen seltener werden, oder gar, dass Künstliche Intelligenz (KI) die Menschheit auslöscht, wenn wir nicht aufpassen. Alles nicht neu, die Angst vor neuen Technologien ist so alt wie die Menschheit.

Menschenmenge steht dem überlebensgroßen Androiden gegenüber als Symbol für künstliche Intelligenz, der der man Angst haben kann

20.06.2024

Illustration Kolumne David Matusiewicz

Als Carl Benz 1886 einen Motorwagen erfand, hatte dieser nur zwei bis drei Pferdestärken (PS) und vibrierte so stark, dass Außenstehende dachten, die Passagiere würden vor Angst zittern. Die erste Eisenbahn mit der Lokomotive „Adler“ fuhr 1835 von Nürnberg nach Fürth. Kutscher und Stallburschen fürchteten um ihren Arbeitsplatz. Die Eisenbahn sei ein Teufelsding, wird der damalige Schwabacher Pfarrer zitiert. Der Fahrtwind verursache Lungenentzündungen, das hohe Tempo verwirre das Gehirn, und der Rauch vergifte Passagiere und Weidevieh.

Heute ist die Automobilindustrie einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in Deutschland mit mehreren Hunderttausend Beschäftigten. Auch die Deutsche Bahn gehört zu den wichtigsten Verkehrsmitteln und ist für viele Pendler unverzichtbar. Beim Internet im IC(E) könnte es noch ein bisschen schneller gehen, aber es geht voran. Niemand würde heute Angst haben, mit dem Auto oder der Bahn zu fahren. Der technologische Fortschritt ist unaufhaltsam und hat schon immer Enthusiasten und Skeptiker auf den Plan gerufen.

Der Wandel durch KI kann zu leistungsfähigeren Systemen führen

Wir wünschen uns in manchen Bereichen sogar mehr Roboter, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Elon Musk treibt seinen Aktienkurs in die Höhe, indem er autonomes Fahren und Tesla-Robo-Taxis ankündigt. Taxifahrer beginnen, um ihren Arbeitsplatz zu fürchten. Die Konnektivität über Smartphone und Internet ermöglicht es den meisten Menschen, schnell und im Vergleich zu anderen Möglichkeiten kostengünstig mit anderen Menschen auf der ganzen Welt oder zumindest in der eigenen Familie in Kontakt zu treten. Die Corona-Zeit hat zudem gezeigt, dass Technik eine Brücke zwischen Menschen sein kann.

Müssen wir Angst vor Veränderung haben?

„Nichts ist so beständig wie der Wandel“, sagte einst Heraklit von Ephesos (535–475 v. Chr.). Wenn man von KI spricht, könnte man auch Karl Valentin zitieren: „Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen.“ KI, AI, GenAI – you name it! Kein Linked- In-Feed, keine Konferenz und kein Arbeitstag kommen mehr ohne das Thema aus. Die einen meinen damit einen Algorithmus, während andere die Existenz der Menschheit bedroht sehen. Alles nur eine große Blase? Nein, KI ist ein Gamechanger! Müssen wir davor Angst haben? Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht: Daten können immer gehackt, Unternehmen (samt Daten) verkauft werden oder insolvent gehen. Dennoch: Das ganze Leben ist gefährlich!

David Matusiewicz

ist Professor für Medizinmanagement an der FOM Hochschule. Seit 2015 verantwortet er dort als Dekan den Hochschulbereich Gesundheit & Soziales und ist einer der renommiertesten Experten für Digital Health in Deutschland