Überwältigendes Interesse trotz früher Uhrzeit: Gleich zum Auftakt des zweiten Tages beim BIG BANG KI FESTIVAL war die Bestuhlung vor der großen Jupiter Stage komplett besetzt. Weitere Gäste scharten sich im Halbkreis stehend darum herum. Denn dort diskutierte DUP UNTERNEHMER-Herausgeber Jens de Buhr mit hochkarätigen Fachleuten über die Prognosen Yuval Noah Hararis zur Zukunft der Künstlichen Intelligenz (KI) und deren Auswirkung auf Wirtschaft und Gesellschaft.
Mit dabei: Dr. Jens Baas, Chef der Techniker Krankenkasse, Andrea Nitschke, Bereichsleiterin Banktechnologie und Innovation beim Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e. V. (BVR), sowie Markus Pflitsch, Gründer und CEO des IT-Pioniers Terra Quantum. Gebannt verfolgten die Anwesenden nicht nur de Buhrs Interview mit Harari, sondern auch die lebhafte Debatte – die bei verschiedenen Themenkomplexen teilweise zu deutlich optimistischeren Schlussfolgerungen kam als der Historiker und Bestsellerautor in seinem neuen Buch.
Arbeitswelt und Wandel
Wie Harari treibt viele Menschen die Sorge vor Jobverlust und Massenarbeitslosigkeit durch den wachsenden Einsatz von KI um. Aber: „Wichtig ist, dass wir die Potenziale erkennen“, sagte Nitschke. „Die sind wahnsinnig groß.“ In Verbindung mit Schlüsseltechnologien wie Quantencomputing, Blockchain oder dem Internet der Dinge (IoT) entstünde eine „ganz neue transformative Kraft“ für die Wirtschaft, betonte sie. Dabei dürfe nicht vergessen werden: „Neue Technologien haben bisher eher neue Jobs geschaffen und in Summe nicht zu mehr Arbeitslosigkeit geführt.“
Quantenexperte Pflitsch stellte fest, dass KI erstmals tendenziell auch Arbeitsplätze für „gebildete Schichten“ bedrohe. Allerdings: „Es dauert noch, bis der Computer so etwas schreibt wie Goethes ‚Faust‘.“ Sein Rat an besorgte Menschen: intelligent und kreativ im Job sein. Techniker-Chef Baas empfahl „Flexibilität“ angesichts der sich wandelnden Möglichkeiten. Anders als früher sei es etwa für Ärztinnen und Ärzte gar nicht mehr möglich, alle vorliegenden medizinisch relevanten Daten per Hand auszuwerten, sie bräuchten Unterstützung durch Algorithmen. „In Zukunft wird es ein Kunstfehler sein, eine Diagnose zu stellen, ohne auch eine KI gefragt zu haben“, prognostizierte Baas, der selbst als Arzt tätig gewesen ist.
KI-Agenten und Unternehmen
Die alltägliche Nutzung elektronischer Assistenten, sogenannter Agenten, dürfte die Beziehungen der Unternehmen zu ihren Kundinnen und Kunden fundamental verändern. Für Baas ist klar: „Die meisten Menschen werden die Vorteile eines persönlichen KI-Agenten nutzen wollen.“ Organisatorisches wie das Buchen einer Urlaubsreise oder das Management der eigenen Gesundheit könnten so ausgelagert werden und für Entlastung sorgen: „Das wird viele Menschen begeistern.“
Terra-Quantum-Gründer Pflitsch ist davon überzeugt, dass die Technologie sehr schnell so weit heranreifen werde, dass „wir bald Agenten haben, die jeden Turing-Test bestehen“ – bei denen also niemand mehr unterscheiden könne, ob er sich gerade mit einem Menschen oder mit einer Maschine austausche. „Unternehmen werden sich auf diese Zukunft vorbereiten müssen“, ergänzte Finanzexpertin Nitschke, „weil sie mit diesen Agenten interagieren müssen.“ Darauf müssten Unternehmerinnen und Unternehmer ihre Betriebe einstellen, ganz anders mit ihren Daten umgehen sowie ihre „Prozesse im Griff haben“. Datenverfügbarkeit und -qualität bekämen somit zukünftig eine noch größere Bedeutung für den Geschäftserfolg.
Regulierung und Kontrolle
Verbreitet sind zudem Ängste vor einer außer Kontrolle geratenden KI, die auch in Hararis Buch durchscheinen. Doch wenn es um die Auswertung großer Datenmengen geht, seien „die Vorteile riesengroß“, betonte Techniker-Chef Baas. KI müsse dazu allerdings „so eingesetzt werden, wie wir als Gesellschaft das möchten“: Anerkannte Normen sollten als Regeln in der Technologie hinterlegt werden.
BVR-Vertreterin Nitschke befand, die Europäische Union habe mit den Regelungen des AI Act bereits eine Basis geschaffen, „die für mehr Transparenz, für Nachvollziehbarkeit, für Vertrauen in KI-Systeme sorgen kann“. Quantenspezialist Pflitsch warnte hingegen vor einer Überregulierung, die Europa im globalen Wettbewerb auszubremsen drohe. Statt an Gefahren denke er eher an die „ungeahnten zusätz- lichen Möglichkeiten“, zum Beispiel in der Behandlung von Krankheiten oder der Entwicklung neuer Medikamente. „Wir werden personalisierte Medizin haben“, sagte Pflitsch vorher. „In einer sich kom- plexer gestaltenden Welt brauchen wir mehr Technik zur Lösung.“
Überwachung und Freiheit
Auch was Methoden von Überwachungsstaaten wie etwa das Social Scoring betrifft, sahen die Teilnehmenden wie Harari Gefahren. Sie zeigen sich aber hinsichtlich einer solchen düsteren Dystopie, in der abweichendes Verhalten mit sozialen Nachteilen bestraft werden kann, insgesamt zuversichtlicher. Pflitsch empfahl als Lösung „dezentrale Informationshaushalte“, die sich nicht per Computertechnologie umfassend überwachen ließen.
Nitschke betonte, die Gesellschaft in Deutschland sei „kulturell weit weg von dem, was jetzt in China passiert“. Baas setzte gegen Überwachung ein „Recht auf Unvernunft“. So dürften etwa Menschen, die Sportarten mit höherem Verletzungsrisiko betreiben, nicht durch höhere Kassenbeiträge bestraft werden. „Der vermeintliche Vorteil der Überwachung wird mit so vielen negativen Dingen erkauft“, warnte er.
Unabhängig von unterschiedlichen Wertungen lautete ein Fazit von Moderator de Buhr: „Harari rüttelt etwas wach.“ Das zeigte sich auch im Publikum: Viele Zuschauerinnen und Zuschauer diskutierten lebhaft untereinander.
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