Gastbeitrag

Technologische Unabhängigkeit

KI-Souveränität für Europa – mit Bionic Reasoning zur digitalen Unabhängigkeit

Europa hat in der letzten großen Phase der KI-Entwicklung, insbesondere bei generativen Sprachmodellen, nicht mit den USA und China mithalten können. Die Ursachen sind vielfältig: hohe Entwicklungskosten, ein fragmentierter Markt, zögerliche Investitionen und regulatorische Hürden.

05.03.2025

Doch nun deutet sich ein Umdenken an: Der milliardenschwere US-Fonds Stargate – ein unüberhörbarer Weckruf für Europa – und der chinesische Überraschungserfolg des Open-Source-LLMs DeepSeek R1, das erstmals eine ernstzunehmende Alternative zu US-Modellen darstellt, haben die Debatte über Europas KI-Souveränität neu belebt. Vor diesem Hintergrund signalisierten europäische Spitzenpolitiker beim AI Action Summit in Paris ihre Bereitschaft, mit milliardenschweren Investitionen gegenzusteuern.

Dies ist zweifelsohne zu begrüßen – doch bis diese Programme wirklich Wirkung entfalten, vergeht wertvolle Zeit – Zeit, die Europa nicht hat. Während noch debattiert wird, fließt weiterhin Wertschöpfung ab, die strategische Abhängigkeit wächst und es bleiben entscheidende Innovationspotenziale ungenutzt. Deshalb gilt es, bereits jetzt innovative KI-Technologien und -Anwendungen zu entwickeln und sie zügig in großem Maßstab in die Wirtschaft zu integrieren.

Bionic Reasoning: Europas Chance auf technologische Führung

Die gute Nachricht ist: Europa hat das Potenzial, eine Schlüsselrolle in der nächsten Phase der KI-Entwicklung zu spielen. Denn KI entwickelt sich weiter – von reinen Sprachmodellen hin zu Denkmodellen. Diese neue Generation geht weit über bloße Sprachverarbeitung hinaus: Sie zieht logische Schlüsse, passt sich flexibel an neue Herausforderungen an und trifft fundierte Entscheidungen.

Es gibt zwei Wege, diese Entwicklung voranzutreiben. Der erste – ressourcenintensiv und kostenaufwendig – besteht darin, klassische Sprachmodelle in Denkmodelle weiterzuentwickeln, wie es OpenAI mit seiner o-Serie vorgemacht hat. Den zweiten – effizienteren und zukunftsweisenderen – haben wir Bionic Reasoning getauft. Dieses Konzept kombiniert europäische oder quelloffene Sprachmodell-Familien wie Mistral oder Llama mit einer eigenständigen, logikbasierten Denkkomponente. Dieses Zusammenspiel bildet zentrale Funktionsblöcke des menschlichen Gehirns nach – darunter das Langzeitgedächtnis, semantisches Textverständnis und logisches Denken. Das Ergebnis ist ein System, das kritische und logische Denkprozesse imitiert, Expertenwissen gezielt abrufen kann und auf dieser Basis stringente Entscheidungen trifft.

Bionic Reasoning bietet zwei entscheidende Vorteile: Erstens entfällt das überaus ressourcenintensive Trainieren von Modellen, was den Energie- und Rechenaufwand drastisch reduziert. Zweitens lassen sich Entscheidungsprozesse gezielt steuern, sodass gesetzliche Vorgaben, regulatorische Anforderungen und ethische Standards zuverlässig eingebunden werden.

Diese Entwicklung markiert einen Paradigmenwechsel: KI wird in ihrer Anwendung nicht nur effizienter, sondern auch präziser, nachvollziehbarer und steuerbarer. Für Europa eröffnet sich die Chance, mit intelligenten Lösungen an die Spitze der angewandten KI für industrielle und wertschöpfende Wertschöpfung zu treten.

Das neue Hybrid: keine Zukunftsvision, sondern gelebte Praxis

Europa muss ins Handeln kommen. Es genügt nicht, Entwicklungen nur nachzuvollziehen – die KI-Transformation muss von der Anwendungsseite her aktiv vorangetrieben werden. Dafür braucht es mehr als isolierte KI-Tools. Entscheidend sind ganzheitliche Denk-, Entscheidungs- und Handlungssysteme, die sich an der menschlichen Arbeitsweise orientieren und eine neue Form der Zusammenarbeit zwischen Mensch und intelligenter Software ermöglichen.

Von der Bearbeitung einfacher E-Mails über komplexe Fallanalysen bis hin zu industriellen Engineering-Prozessen und Materialforschung – KI-Technologie lässt sich bereits heute nahtlos in Geschäftsabläufe integrieren. Sie wird die Arbeitswelt tiefgreifend verändern und völlig neue Innovations- und Wertschöpfungsszenarien eröffnen.

Gleichzeitig stärkt Europa seine strategische Unabhängigkeit, wenn Unternehmen bezüglich der Resilienz in der AI Supply Chain sich nicht ausschließlich auf ausländische Infrastrukturen verlassen (müssen). Verbleibt die Digitale Wertschöpfung zudem in der eigenen Volkswirtschaft, wird KI zu einem zentralen Innovationstreiber. Die Integration intelligenter Software markiert den Beginn einer neuen Ära der Wertschöpfung, die sämtliche Branchen – von der Industrie über kritische Infrastrukturen bis hin zur öffentlichen Verwaltung – nachhaltig beschleunigt sowie effizienter und effektiver gestaltet.

Jetzt ist der Moment, entschlossen nach vorne zu treten. Wir zeigen einen Weg, wie Europa eigene Lösungen schaffen kann, seine technologische Souveränität sichert und mit intelligenten Innovationen die Zukunft gestaltet. Weitere Informationen finden Sie hier.

Dr.-Ing. Christian Gilcher

ist Geschäftsführer der embraceable Technology GmbH und Experte für KI-gestützte Geschäftsprozesse. Mit über 15 Jahren Erfahrung in Industrie und Finanzwesen hat er sich auf die Entwicklung intelligenter Denk- und Handlungsmodelle spezialisiert. Zuvor war er unter anderem als Global Head of IT Business Management bei Dresdner Kleinwort und Commerzbank tätig. Als Speaker und Autor teilt er sein Wissen zu Künstlicher Intelligenz und digitaler Transformation.