Was lernt die Welt jetzt über China?
Keith Krach: In den letzten acht Monaten hat die KPCh einen Virusausbruch verschwiegen, aus dem eine Pandemie wurde. Sie hat Hongkongs Freiheiten unterjocht, ein blutiges Gefecht an der indischen Grenze ausgelöst und die Lager von Xinjiang mit massiver Brutalität weitergeführt. Möglich wird dieser Machtmissbrauch durch einen orwellschen Staat, der Milliarden Menschen weltweit überwacht, – und durch die riesige Firewall in China, die eine Einbahnstraße ist: Daten gelangen in das Land hinein, jedoch nicht hinaus. Und anders herum: Durch die Firewall geht Propaganda hinaus in die Welt, die Wahrheit wird aber nicht ins Land gelassen.
Das erinnert mich an meine Reisen nach Berlin vor der Wiedervereinigung. Ich habe mich damals gefragt: Was passiert hinter dieser Mauer, und wird sie jemals fallen? Es hat etwas von einem Déjà-vu, wenn ich sehe, wie die Bürger der Welt sich nun der dreigliedrigen Strategie der KPCh bewusst werden: Verschleierung, Annexion und Zwang. Weltweit haben Menschen damit ein Problem – und dies gibt Regierungs- und Wirtschaftsführern rund um den Globus die Kraft, sich gegen die Tyrannei der KPCh zu wehren.
Ist das eine einheitliche Sichtweise in den USA?
Krach: Sowohl für Demokraten als auch für Republikaner ist dies aktuell das leidenschaftlichste Thema. Beide Seiten sind sich einig – und zwar aus einem einfachen Grund: „Die Menschenwürde ist unantastbar. Es ist die Pflicht aller Regierungsbehörden, sie zu respektieren und zu schützen.“ So steht es auch in der deutschen Verfassung geschrieben. Das sollten wir uns alle zu Herzen nehmen – sowohl Regierungschefs als auch Wirtschaftsführer auf der ganzen Welt. Jeder muss sich gegen die Tyrannei der KPCh wehren.
Welche Rolle spielen die USA in diesem Kampf für die Freiheit?
Krach: Amerika sieht sich als globaler Leuchtturm, als Hoffnungsträger. Der US-Gründungsvater Thomas Jefferson schrieb in der Verfassung, dass „alle Menschen gleich sind, dass sie von ihrem Schöpfer mit bestimmten unveräußerlichen Rechten ausgestattet sind, einschließlich Leben, Freiheit und dem Streben nach Glück“. Es ist dasselbe, was auch in Artikel 1 des deutschen Grundgesetzes steht: Es geht um Menschenwürde. Wir glauben, dass es ohne Freiheit keinen Wohlstand geben kann.
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Mit einer Herausforderung dieser Größenordnung...
Krach: ...können wir nicht allein fertigwerden. Dies ist ein Mannschaftssport. Um zu gewinnen, brauchen wir Synergien zwischen Politik, Privatsektor und unseren engsten Verbündeten, etwa Deutschland.
Was hat Amerika durch seine Erfahrungen mit China gelernt?
Krach: Lassen Sie mich zunächst etwas klarstellen: Wir respektieren und lieben die Menschen in China. Unser Problem ist die Kommunistische Partei. Und von 1,4 Milliarden Chinesen ist nur eine Million Mitglied in der KPCh. Lassen Sie mich Außenminister Mike Pompeo zitieren: „Wir haben den Aufstieg des kommunistischen Chinas jahrzehntelang begleitet und unterstützt. Ehrlich gesagt haben wir gehofft, dass das kommunistische China marktorientiert und letztendlich demokratischer wird. Jetzt müssen wir die rosarote Brille abnehmen und das kommunistische China nicht als die Nation behandeln, auf die wir hofften, sondern als die, die es wirklich ist.“
Was raten Sie deutschen Führungskräften?
Krach: In aller Demut: Lernt aus unseren Fehlern! Wir haben unschätzbare Werte geistigen Eigentums an China verloren und sind Opfer von erzwungenem Technologietransfer, Diebstahl, Täuschung, Einschüchterung und finanzieller Verführung geworden.
Meine Botschaft: Unternehmensverantwortung ist nationale Sicherheit. China setzt im Wirtschaftskrieg bei der Suche nach fortschrittlicher Technologie immer auf die Kunst der Täuschung in Verbindung mit parasitären Beziehungen. Dieser Parasit war jahrelang unser Gast in den USA. Ich fürchte, jetzt hat er sich an den deutschen Gastgeber gehängt.
Es gibt einen Elefanten im Raum: Chinas Androhung von Vergeltungsmaßnahmen. Jeder ist von Repressalien bedroht – auch deutsche Automobilhersteller.
Krach: Das ist der Klassiker. Die erklärte Doktrin der KPCh ist, zunächst mit Geld zu verführen und anschließend einzuschüchtern sowie mit Vergeltung zu drohen. Wir stehen unseren Verbündeten zur Seite und geben solchen Einschüchterungsversuchen nicht nach. Wir brauchen 5G-Solidarität, so wie es Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg kürzlich beschrieben hat: „Wir müssen sicherstellen, dass Europa und Nordamerika zusammenstehen.“
Als die KPCh versuchte, sich an Großbritannien wegen dessen Unterstützung für Hongkong zu rächen, sagte Außenminister Pompeo: „Die Vereinigten Staaten unterstützen ihre Verbündeten und Partner gegen Bedrohung durch die KPCh, und wir sind bereit, unseren britischen Freunden zu helfen. Die Vereinigten Staaten sind stolz darauf, genau das zu tun.“
Die USA wollen, dass Deutschland dem „Clean Network“ beitritt. Worum geht es dabei? Was wollen Sie damit erreichen?
Krach: Die Initiative „Clean Network“ ist eine umfassende Maßnahme zur Bekämpfung der langfristigen Bedrohung, die bösartige Akteure für den Datenschutz, die Sicherheit, die Menschenrechte und die vertrauensvolle Zusammenarbeit in der freien Welt darstellen. Das Clean Network basiert auf international anerkannten Standards und setzt sich für ein offenes, interoperables und sicheres globales Internet ein.
Wie sind die Reaktionen darauf?
Krach: Mit dieser langfristig ausgerichteten Strategie sind wir auf viel Zustimmung gestoßen. Mittlerweile haben sich etwa 30 cleane Länder, 50 cleane Telekommunikationsunternehmen und andere führende Unternehmen wie NEC, VMware oder Oracle dem Clean Network angeschlossen. Beigetreten sind viele europäische Länder – etwa die Tschechische Republik, Norwegen, Polen, Schweden, Estland, Rumänien, Dänemark, Griechenland, Finnland, Albanien, Lettland, Frankreich, das Vereinigte Königreich und Slowenien. Die meisten der größten Telekommunikationsunternehmen weltweit – beispielsweise Telefonica, Orange, Telco Italia, O2, Reliance in Indien, Telstra in Australien, SK und KT in Korea, Cosmote in Griechenland und alle Telekommunikationsunternehmen in Japan, Singapur, Australien und Kanada – sind ebenfalls dabei.
Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki...
Krach: ...glaubt, „dass der Aufbau unseres ‚5G Clean Path‘-Netzwerks eine Voraussetzung für die strategische technologische Souveränität der EU ist. Wir sind stolz darauf, ein ‚5G Clean Country‘ zu sein.“
Viele Länder verstehen, dass sie verlieren werden, wenn sie der KPCh die Kontrolle über ihre Daten und Netzwerke geben. Mithilfe von 5G gelingt es der KPCh, die Visionen aus George Orwells „1984“ im 21. Jahrhundert Realität werden zu lassen. Huawei ist das Rückgrat des chinesischen Überwachungsstaates, denn dieser nutzt ein umfassendes Netzwerk aus Kameras, Biometrie, Apps, Rechenzentren, Clouds, Drohnen, digitaler Währung und Social Credit.
Warum schließen sich Ihrer Meinung nach so viele Nationen und Unternehmen dem Clean Network an?
Krach: In puncto 5G sehen wir einen Wandel. Die Deals mit Huawei werden weniger, da die meisten sie als verlängerten Arm der KPCh und als Instrument für Menschenrechtsverletzungen betrachten.
Seit Jahren übt die KPCh Druck auf Telekommunikationsunternehmen und Nationen aus, die Infrastruktur und Dienste von Huawei zu kaufen. Denn die Partei weiß, dass das nationale Geheimdienstgesetz Huawei jederzeit zur Weitergabe von Daten aus diesen Ländern und Unternehmen verpflichten kann. Es ist kein Geheimnis, dass Huawei etwa T-Mobile, der US-amerikanischen Tochter der Deutschen Telekom, geistiges Eigentum gestohlen hat.
Sie haben jetzt den „Clean Network“-Gedanken um andere Initiativen erweitert: Clean Carrier, Clean Store, Clean App, Clean Cable, Clean Cloud und Clean Path. Was heißt das konkret?
Krach: Schritt eins sind die Clean Carrier. So wird sichergestellt, dass Telekommunikationsunternehmen in der Volksrepublik China nicht mit Telekommunikationsnetzen verbunden sind. Das soll verhindern, dass vertrauliche Informationen gekapert werden. Clean Store bedeutet: Nicht vertrauenswürdige Anwendungen werden aus App-Stores entfernt. Indien etwa hat bereits 106 chinesische Apps verboten. Und Präsident Trump hat am Tag nach der Verkündung der Clean-Initiative sein Dekret gegen TikTok und WeChat erlassen, um die Dienste in den USA zu verbieten. Clean Apps verhindert, dass nicht vertrauenswürdige chinesische Smartphone-Hersteller „saubere“, vertrauenswürdige Anwendungen in ihren App-Stores anbieten.
Clean Cloud stellt sicher, dass vertrauliche Informationen – einschließlich der Covid-19-Impfstoffforschung – auf cloudbasierten Systemen gespeichert und verarbeitet werden, auf die Unternehmen wie Alibaba, Baidu und Tencent keinen Zugriff haben. Und zu guter Letzt stellt Clean Cable sicher, dass Unterseekabel, die Länder miteinander verbinden, keine Informationen auf Hyperscale sammeln.
All das begann mit dem Clean Path, was bedeutet: Daten von diplomatischen Einrichtungen dürfen nur über cleane Geräte von vertrauenswürdigen Anbietern verarbeitet werden.
Was sollte Deutschland bei seiner 5G-Entscheidung über das Clean Network bedenken?
Krach: Das Clean Network schützt die nationale Sicherheit und bewahrt das freie globale Internet. Es maximiert die Konnektivität und schützt vor riskanten Anbietern. Es wirkt der Balkanisierung von Apps durch die KPCh entgegen und dient gleichzeitig dem Datenschutz der Nutzer. Und es stellt sich der Erweiterung der „Großen Firewall“ sowie der Zensur durch die KPCh in freien Ländern entgegen.
Die Europäische Union hat zusammen mit allen Mitgliedstaaten eine cleane EU-5G-Toolbox entwickelt, die „Hochrisikolieferanten“ definiert, ohne dabei den Namen Huawei zu nennen. Außerdem sind die Vorstände der EU-Telekommunikationsunternehmen für die Auswahl der 5G-Lieferanten verantwortlich. „Telko Boards könnten vor Gericht gestellt werden, wenn sie 5G-Lieferanten mit hohem Risiko nutzen und ein Datensicherheitsvorfall auftritt“, sagte Thierry Breton, EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen. Mitglieder dieser Boards werden mit einer Geldstrafe von bis zu vier Prozent des weltweiten Umsatzes oder 20 Millionen Euro belegt – je nachdem, welcher Wert höher ist.
Welche Rolle spielt Deutschland in Bezug auf China?
Krach: Während meiner 30-jährigen Tätigkeit als CEO im Silicon Valley habe ich Deutschland immer bewundert, weil es die weltweit höchsten Standards in Bezug auf Sicherheit, Datenschutz, Zuverlässigkeit, Präzision und Qualität umgesetzt hat. Jetzt fordern wir Deutschland auf, daran zu arbeiten, diese Standards zu verteidigen. Die Auswirkungen auf die Sicherheit sind enorm, da die meisten Aspekte des wirtschaftlichen, persönlichen und nationalen Lebens in Deutschland künftig über 5G-Netze kommuniziert werden.
Für Deutschland geht es um die nationale Sicherheit, um Menschenwürde und darum, wem es vertraut: europäischen Anbietern oder einem Unternehmen, das Tyrannei, Menschenrechtsverletzungen und einen Big-Brother-artigen Überwachungsstaat ermöglicht? Wir würden uns freuen, wenn Deutschland dem Beispiel der überwiegenden Mehrheit der europäischen Länder folgen würde. Die deutsche Nation steht für Freiheit und ist ein wichtiger Verbündeter in der freien Welt. Sie wäre der ultimative Partner für unsere Initiative für saubere Netzwerke. Ohne Deutschland wäre das Bündnis unvollständig.