Stefan Wimmer Portrait Vordenker 2023
07.12.2022    Christian Buchholz
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Zur Person

Stefan Wimmer

ist Geschäftsführer der Bayerische Funknetz GmbH (BayFu). Er leitet das Unternehmen zusammen mit Christian Wagner. Beide blicken auf mehr als 30 Jahre Erfahrung im Mobilfunksektor zurück und möchten den digitalen Wandel beschleunigen

Wohin steuert Ihre Branche 2023?

Stefan Wimmer: Die externen Einflüsse, die aktuell auf die unterschiedlichsten Segmente in den Bereichen Industrie, Behörden, Operatoren oder Vendoren wirken, sind erheblich. Zum einen gilt es, die energiekostengetriebene Abwanderung von Unternehmen ins Ausland zu verhindern und zum anderen Antworten auf die inflations- und rezessionsgetriebenen Risiken zu finden. Aber auch die Neuordnung „nach“ Corona bindet in erheblichem Maße Ressourcen.

Deutschland ist, und das muss leider kompromisslos so festgestellt werden, in Sachen Digitalisierung nicht ausreichend wettbewerbsfähig. Dies hat unmittelbaren Einfluss auf den Wirtschaftsstandort Deutschland und eine weitere Verschlechterung im Bereich der Fachkräfteverfügbarkeit.

So steht zum Beispiel die industrielle Welt vor großen Herausforderungen. Unsere Ressourcen sind kostbar und begrenzt. Es gilt, schonend zu haushalten, um mit weniger mehr zu erreichen. Digitalisierung und Automatisierung werden darüber entscheiden, ob die Herausforderungen gemeistert werden können.

Neben dem effizienten Einsatz von softwarebasierten Prozessen muss vor allem die Infrastruktur die Anforderungen im Hinblick auf Innovation, Flexibilität, Sicherheit und Resilienz kompromisslos erfüllen. Unternehmen können durch die Konvergenz von Software und Infrastruktur ihre digitale Agenda passgenau gestalten. Dadurch ist es möglich, Kosten zu senken und Wettbewerbsvorteile zu heben. Kombiniert mit einer hoch performanten digitalen Umgebung des täglichen Lebens – sei es nun privat, öffentlich, in der Arbeitswelt oder in den Behörden – kann sich Deutschland im internationalen Wettbewerb nachhaltig behaupten.

Was sind die Megatrends, die sich in ihrer Branche 2023 verstärken werden?

Wimmer: Klar und eindeutig das Industrial Internet of Things – kurz IIoT. Dieses Netz der Netze bringt zum ersten Mal Menschen, Maschinen, Sensoren und Software zusammen und ermöglicht es, jedes noch so kleine Detail zu messen und zu analysieren, um aus den daraus gewonnenen Erkenntnissen die Betriebsprozesse zu steuern beziehungsweise zu optimieren.  Somit entsteht ein digitaler und automatisierter Workflow für flexible Produktionsprozesse, ganz nach den individuellen Anforderungen der Unternehmen.

Der Trend geht weiterhin in Richtung OT-Netze, und zwar segmentübergreifend. Während die IT das klassische Umfeld von PC, Drucker, Mitarbeiterkommunikation beschreibt, werden in den Operational-Technologie-Netzen die IIoT-Anwendungen verarbeitet. Dies gilt sowohl für die Produktion und Logistik, aber eben auch für die Bereiche Healthcare, Landwirtschaft und so weiter.

Neben einer passgenauen Software sind hier vor allem private Mobilfunknetze, also die sogenannten „5G-Campusnetze“ von großer Bedeutung, weil diese für den OT-Bereich gegenüber WLAN nennenswerte Vorteile haben – nicht nur technische, sondern vor allem auch kommerzielle. Sie generieren neue Wettbewerbsvorteile und bieten die Basis für das Bestehen auf dem internationalen Markt. Es ist auch zu erkennen, dass IIoT gegenüber KI, Blockchain und Big Data als bedeutsamer eingestuft werden.

Wie reagieren Sie in Ihrem Unternehmen darauf?

Wimmer: Um im Spiel zu bleiben, müssen Unternehmen nicht nur die heutigen Best Practices für die Softwareentwicklung umsetzen, sondern sollten auch die infrastrukturellen Voraussetzungen dafür schaffen. Wir haben strukturierte Marktbefragungen durchgeführt. Rund 50 Prozent der Unternehmen und Behörden nutzen heute noch keine IIoT-Technologien. Zwei Drittel davon werden jedoch in Zukunft IIoT einführen. Hier werden Herausforderungen wie Mangel an Fachwissen, alte Infrastruktur, Anbietervielfalt und Investitionen genannt, auf die wir uns eingestellt haben.

Wir unterstützen dabei, den Paradigmenwechsel zu begleiten – herstellerneutral und vendorenunabhängig. Dieser USP ist gefragt. An der Seite unserer Kunden stellen wir sicher, dass diese bedingungslos die für sie passgenaue und zukunftssicher Lösung erhalten – von der Idee bis zur Integration. Nicht selten begleiten wir unsere Kunden über mehrere Jahre, weil wir auch dafür sorgen, dass das entsprechende Know-how in den Unternehmen entwickelt wird.

An welchen Innovationen arbeitet Ihr Unternehmen derzeit?

Wimmer: Wir sind Experten im Bereich des Mobilfunks. Unsere Erfahrung und Expertise erstreckt sich über mehr als 30 Jahre. Die technischen Entwicklungen in diesem Umfeld sind beachtenswert und sehr dynamisch. Als Teil dieses Ökosystems tragen wir dazu bei, dass Innovationen vorangetrieben werden.

Zum einen sind wir ständiges Mitglied der 5G-ACIA die sich zum Ziel gesetzt hat, die Mobilfunktechnologie 5G industrietauglich zu gestalten. Zum anderen entwickeln wir Lösungen für Industrieunternehmen, Behörden und Operator, die dazu beitragen, Digitalisierungsvorhaben passgenau, flexibel und skalierbar möglich zu machen. Mehr noch, wir engagieren uns sehr stark im Bereich der Prozessautomatisierung und unterstützen bei der Entwicklung von dedizierten Mobilfunknetzen, die bundesweit Betriebsprozesse im Bereich Transport unterstützen sollen.

Worauf freuen Sie sich im kommenden Jahr in ihrem Unternehmen?

Wimmer: Wir sehen, dass insbesondere im Bereich der Infrastrukturvorhaben nun deutliche Bewegung in den Markt kommt. 2019 hat der Bund den Grundstein dafür gelegt, indem Frequenzressourcen für den Betrieb von privaten Mobilfunknetzen reserviert wurden. Vielen ist der Begriff „5G-Campus“ geläufiger. Eine Vielzahl von Unternehmen, aber auch Behörden haben die Vorteile dieser Mobilfunktechnologie – der OT-Netze – im Vergleich zu WLAN – den IT-Netzen – erkannt und treiben die Modernisierung ihrer Infrastruktur konzentriert voran.

Wir als BayFu unterstützen hierbei in unterschiedlichsten Bereichen. Von der klassischen strategischen, technischen und kommerziellen Beratung zur digitalen Agenda über Planung und Beschaffung bis hin zur Umsetzung und Integration helfen wir unseren Kunden neutral und unabhängig, den digitalen Wandel zu beschleunigen. Wir werden weiter leidenschaftlich die Industrie und Behörden dabei unterstützen, die passgenauen Lösungen zu erhalten.

Was stimmt Sie optimistisch für die Zukunft?

Wimmer: John F. Kennedy sagte: „Das Wort Krise setzt sich im Chinesischen aus zwei Schriftzeichen zusammen – das eine bedeutet Gefahr und das andere Gelegenheit.“ Wir sind zu 100 Prozent davon überzeugt, dass die aktuellen Krisen bewältigt werden können. Ich erlebe ein Umdenken in vielen Bereichen und hoffe, dass die Verantwortlichen aus Industrie und Handel, Behörden und Politik den Mut aufbringen, konsequent und rasch die nötigen Digitalisierungsvorhaben auf den Weg bringen.

Der Paradigmenwechsel hin zu IIoT ist Evolution und sollte aktiv gestaltet werden. Wir sind optimistisch, dass diese Herausforderungen erfolgreich bewältigt werden. Wir erkennen zumindest keine Gründe, warum dies nicht möglich sein sollte. Als Unternehmen passen wir uns flexibel an die sich schnell verändernden Anforderungen in unserer Branche an und sind bestens gewappnet für die Zukunft. Wir sind bereit.

07.12.2022    Christian Buchholz
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