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16.11.2020    Maria Zeitler
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Der chinesische Technologiekonzern Huawei ist höchst innovativ, aber auch höchst umstritten. Immer wieder wird das Unternehmen attackiert und als Enfant terrible der Technologiewelt beschrieben. Wie geht man bei Huawei selbst eigentlich damit um? Darüber hat DUB UNTERNEHMER-Herausgeberin Brigitte Zypries mit Carsten Senz von Huawei Technologies Deutschland im DUB Digital Business Talk gesprochen.

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Carsten Senz Huawei

Carsten Senz

ist Head of Corporate Communications bei Huawei Technologies

Donald Trump, der mit Abstand schärfste Huawei-Kritiker, wurde abgewählt. Bringt Sie das US-Wahlergebnis zum Strahlen?

Carsten Senz: Ich persönlich bin als Deutscher, Europäer und Weltbürger froh, dass Joe Biden die Wahl gewonnen hat. Aber als Unternehmen warten wir jetzt erst einmal ab, wie sich Joe Biden uns gegenüber positioniert. Daher machen wir, was wir eigentlich immer tun: Wir fokussieren uns auf unsere Technologie.

Dass Sie ein chinesisches Tech-Unternehmen sind, wissen viele über Huawei – mehr allerdings oftmals nicht. Was zeichnet das Unternehmen sonst noch aus?

Senz: Unsere Anteile werden nur an Mitarbeiter verkauft, sodass von unseren knapp 200.000 Mitarbeitern mehr als 105.000 die Anteile am Unternehmen halten. Dadurch sind die Mitarbeiter extrem motiviert, weil sie ja ihr eigener Chef sind. So können wir auch langfristig planen und müssen keine kurzfristigen Erfolge vor Shareholdern präsentieren. Das hat wiederum zur Folge, dass wir sehr viel in Forschung und Entwicklung investieren können und so in den vergangenen Jahren sehr innovativ sein konnten.

Handelt es sich bei den gut 105.000 Mitarbeitern, die am Unternehmen beteiligt sind, ausschließlich um Chinesen? Oder gibt es Personen aus anderen Ländern, die Eigentumsanteile halten?

Senz: Darüber haben wir uns auch viele Jahre Sorgen gemacht. Denn nach chinesischem Recht dürfen an einem Unternehmen, das mehr als 200 Anteilseigner hat, keine Ausländer beteiligt werden. Wir haben uns aber darum gekümmert und für nichtchinesische Mitarbeiter eine Lösung gefunden: Wir bekommen virtuelle Anteile zugeteilt, die wir nicht kaufen müssen. So haben wir auch etwas vom Unternehmensgewinn.

Immer wieder wird Huawei vorgeworfen, Sicherheitsstandards nicht einzuhalten. Was ist da dran?

Senz: Wir sind in 170 Ländern tätig, liefern seit 30 Jahren Mobilfunkkomponenten an Netzbetreiber, und es gab noch nie einen schwerwiegenden Sicherheitsvorfall. Bevor wir in Europa tätig wurden, hat man uns auf Herz und Nieren geprüft und festgestellt: Ja, das ist ein Partner, dem man vertrauen kann. Und: Sie werden ein Netz in Deutschland nicht dadurch sicherer machen, dass Sie ein Unternehmen – und zwar eines, das technologisch führend ist – ausschließen. Das wird nicht zu mehr, sondern eher zu weniger Sicherheit führen. Denn dann müssen sich die anderen nicht mehr so viele Sorgen um Sicherheit machen, weil dieses Verkaufsargument teilweise wegfällt. 

Dennoch wird immer wieder unterstellt, dass Huawei-Technologie für Spionagezwecke genutzt werden könnte. Was sagen Sie zu diesen Anschuldigungen?

Senz: Diese Anschuldigung gibt es ja seit einigen Jahren, und bisher hat niemand auch nur ansatz­weise Belege dafür vorgelegt. Wir haben nur in dem Moment unter Aufsicht des Betreibers Zugang zum Mobilfunknetz, in dem wir Updates einspielen müssen. Auf Nutzerdaten haben wir dabei keinen Zugriff. Unregelmäßigkeiten würde der Netzbetreiber sofort bemerken – vor allem wenn Daten abfließen. Für uns ist es auch technisch gar nicht möglich, Daten nach China zu bringen. Durch ein Mobilfunknetz strömen in jeder Sekunde Terabytes an Daten. Wenn Sie die umlenken wollen, müssten Sie eine riesige Infrastruktur aufbauen.

Was tut Huawei, um Transparenz zu zeigen?

Senz: Wir haben beispielsweise in Bonn ein Sicherheits-Lab, wo wir unseren Quellcode für Behörden und interessierte Partner offenlegen. Darüber hinaus zeigen wir Behörden, welche Technologien bei uns in der Pipeline sind, und tauschen uns über Sicherheitsstandards aus. Behörden können so schon jetzt über die Regulierung in der Zukunft nachdenken.

Dennoch hat sich das Klima Huawei gegenüber zuletzt stark verschlechtert. Was tun Sie dagegen?

Senz: Wir haben in den vergangenen zwei Jahren die Erfahrung gemacht, dass Anschuldigungen ständig wiederholt wurden und sich so bei den Menschen als gefühlte Wahrheit durchgesetzt haben. Wir konzen­trieren uns darauf, uns an Tatsachen zu orientieren und auf Basis der Sachlage zu argumentieren. Wir haben aber nicht die Ressourcen, um gegen den mächtigsten Staat der Welt, die USA, vorzugehen. Und das sehen wir auch nicht als unsere Aufgabe.

Durch das US-Embargo können Sie aber Google nicht mehr in Ihre Handys einbauen. Das schmerzt, oder?

Senz: Wir wurden praktisch gezwungen, unser eigenes Betriebssystem auf den Markt zu bringen. Wir sehen es aber als Chance, etwas Neues anzubieten. Wir geben die Kontrolle über unser Betriebssystem komplett in die Hände von Entwickler-Communitys und sind nur noch einer von vielen Mitentwicklern. Und das ist auch ein Angebot, eine Chance für Europa, wo es kein eigenes Betriebssystem gibt.

16.11.2020    Maria Zeitler
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