„Unser Gesundheitssystem zählt zu den besten der Welt“, schrieb der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) 2019 sehr selbstbewusst in einem Gastbeitrag in der „FAZ“. Eine Ansicht, die nach zwei Jahren Pandemie, Debatten über Personalmangel und Pflegenotstand sowie einer eher schleppend verlaufenden digitalen Transformation der Branche immer weniger Bundesbürger teilen.
So stimmen laut dem „Healthcare-Barometer 2022“ der Beratung PwC lediglich noch 59 Prozent zu, dass das hiesige Gesundheitswesen zu den drei besten der Welt gehört – 13 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr.
Pflegenotstand ist ein altbekanntes Problem
Einen Anteil an dieser Entwicklung hat der Mangel an Pflegekräften, der sich bereits seit Jahrzehnten abzeichnet – der Deutsche Ärztetag warnte schon 1991 davor – und sich nun spürbar zuspitzt. Bereits heute sind 290.000 Stellen nicht besetzt; 2035 könnten es laut PwC knapp 1,8 Millionen im Gesundheitswesen sein.
In Zeiten des demografischen Wandels ist das eine fatale Entwicklung: „Wenn uns die Fachkräfte fehlen, macht sich das unmittelbar in der Qualität der medizinischen Versorgung bemerkbar“, betont Michael Burkhart, Leiter des Bereichs Gesundheitswirtschaft bei PwC Deutschland. „Unter hohem Zeitdruck und bei ständiger personeller Unterbesetzung kann die Sicherheit von Patientinnen und Patienten kaum noch gewährleistet sein.“
Neue Klinikstruktur, geringerer Fachkräftemangel?
Und so schreibt Professor Jochen A. Werner, Ärztlicher Direktor der Universitätsmedizin Essen, in seinem neuen Buch „So krank ist das Krankenhaus“ folgerichtig: „Allerspätestens mit der eingetretenen Pandemie dürfte auch der letzte in politischer Verantwortung Stehende begriffen haben, dass wir uns nicht länger darauf verlassen dürfen, dass tiefgreifende Defizite durch das erhöhte Engagement einzelner Mitglieder der Gesellschaft aufgefangen werden. Wir brauchen eine breit angelegte Offensive gegen den Pflegenotstand.“
In Nordrhein-Westfalen wird inzwischen unter anderem mit einer Reform der Krankenhauslandschaft versucht, dem Problem zu begegnen. Das Ziel: die Gesamtzahl der Kliniken reduzieren und deren Spezialisierung forcieren, Pflegekräfte und Ärzte besser verteilen und insgesamt die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Krankenhäuser stärken.
„Wenn ein Krankenhaus eine medizinische Leistung erbringt, soll diese Leistung in einer guten Qualität erbracht werden“, sagte NRWs Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) im Videocast von DUP UNTERNEHMER. „Und Qualität hat nun einmal etwas mit den Strukturen zu tun. Damit, ob die passende Technik vorhanden ist und die entsprechenden Fachärzte – und damit, ob man in der Behandlung eine gewisse Routine hat.“