Dentalmedizin

So steht es um die Digitalisierung beim Zahnarzt

Die Digitalisierung beim Zahnarzt steckt noch in den Kinderschuhen, birgt aber revolutionäres Potenzial, betont Jörn Thiemer von KonfiDents.

11.10.2021

Wer geht schon gern zum Zahnarzt? Bisher sind das die wenigsten. Aber mithilfe der Digitalisierung soll der Kontrollbesuch um einiges angenehmer werden. Statt Gipsabdruck inklusive Würgereiz übernimmt dann etwa der 3-D-Scanner die Erfassung des Gebisses für die Zahntechniker. Und auch sonst soll die Behandlung für den Patienten durch neue Tech­nologien schneller, unkomplizierter und erträglicher werden, sagt Jörn Thiemer, CEO von KonfiDents – einem bundesweiten Zusammenschluss von Zahnärzten und anderen Experten.

Jörn Thiemer

ist Experte in Implantologie, Praxisorganisation und -strukturierung sowie Effizienzsteigerung. Er nutzt diese Erfahrungen als CEO der KonfiDents-Gruppe

Wie zufrieden sind Sie mit der Digitalisierung der Zahnmedizin?

Jörn Thiemer: Ich bin immer unzufrieden mit dem aktuellen Stand der Digitalisierung. Wenn ich zum Beispiel Material bestellen lasse, findet man in den Pros­pekten immer noch ein Fax-Formular. Und tatsächlich laufen 40 Prozent der Bestellungen aus Zahnarztpraxen immer noch per Fax. Digitalisierung ist teilweise gar nicht gewünscht. Wenn man jedoch bedenkt, dass bis 2023 bereits 57 Prozent der heute aktiven Zahnärzte in Pension gehen werden, wird sich das mit der Nachfolgegeneration voraussichtlich stark verändern.

Viele Menschen haben Angst vor Künstlicher Intelligenz, kurz KI. Wird in der Zahnmedizin aufgrund des Fachkräftemangels eines Tages die KI übernehmen?

Thiemer: Medizin ist etwas sehr Persönliches und braucht den menschlichen Kontakt. Den wird KI nicht ersetzen können. Aber wir werden mehr Unterstützung digitaler Art bekommen in der gesamten Customer- respektive Patient-Journey. Heute beginnt dies schon mit der Ansprache neuer Patienten auf Social Media und der Terminvereinbarung online. Ein weiteres Beispiel ist der digitale Scan des Kiefers, der unangenehme Abdrücke mit Gips ersetzt und die Ausgangslage unkompliziert dokumentiert. Für den Fall, dass später am Gebiss etwas beschädigt wird, kann es mithilfe des 3-D-Scans leicht wiederhergestellt werden. So können wir die Zahnmedizin und die Zahntechnik digital miteinander verknüpfen.

Welche Technologien werden in der Zahnmedizin künftig noch zum Einsatz kommen?

Thiemer: Operationen werden digital viel vorhersehbarer planbar sein. Wir werden Informationen über die genetischen Eigenschaften des Patienten sammeln können, um abzuschätzen, ob eine Behandlung überhaupt Erfolg haben kann. Und wir werden organisches Material nicht mehr aus anderen Körperteilen entnehmen müssen, sondern können es in Zukunft künstlich herstellen. In ersten Versuchen mit Mäusen konnten bereits dem Zahn ähnliche Strukturen nachgezüchtet werden.

Wie sieht die Zahnarztpraxis der Zukunft aus?

Thiemer: Ich wünsche mir eine Praxis, in der ich nichts Zahnarzt-Typisches mehr rieche oder sehe und in der Behandlungen schmerzlos und ohne großen Aufwand Erfolg haben. Das wird nur funktionieren, wenn neue Technologien und digitaler Fortschritt auch tatsächlich in den Zahnarztpraxen ankommen.