Wer heutzutage Schuhe online kauft, erhält individualisierte Empfehlungen, kann Preise vergleichen und sieht, welches Modell welcher Marke wie bewertet wurde. Das ist so selbstverständlich, dass es eigentlich kaum eine Erwähnung wert wäre. Eigentlich. Doch blicken wir auf unsere medizinische Versorgung, offenbart sich schlagartig, wie gewaltig die Lücke ist, die zwischen dem immensen Potenzial der Digitalisierung und dem Alltag als digitaler Patient im Gesundheitssystem klafft. Wem es gelingt, die “Patient Journey” analog zur “Customer Journey” zu digitalisieren, wird vielen erkrankten Menschen die Therapie erleichtern. Die Opportunitäten sind immens, die Herausforderung aber ebenso. Womit steht und fällt die digitale Patient-Journey?
Patient Journey: Usability als wichtiger Faktor
Jeder zusätzliche Klick nervt. Wir sind es gewohnt, mit Fingerabdruck am Smartphone zu bezahlen, ohne extra in ein neues Konto zu wechseln. Einen freien Termin mit einem Arzt zu finden und zu buchen, die Therapiesitzung, Rückfragen an den Arzt oder das Einlösen eines Rezeptes. Alles muss so einfach wie möglich am Smartphone am besten mit ein und derselben App möglich sein.
Kollaboration: Stakeholder involvieren
Damit alles in einer App abgebildet werden kann, müssen allerdings insbesondere bei spezialisierten Therapieformen wie unter anderem bei medizinischem Cannabis nicht nur Patientinnen und Patienten mitmachen. Auch Ärztinnen und Ärzte sowie Apotheker müssen sich beteiligen. Eine App, die aus einer Hand die “Patient-Journey” abbilden will, muss diese Stakeholder anbinden. Die Macher müssen also digital-affine Medizinerinnen und Mediziner sowie Apothekerinnen und Apotheker für das eigene Unterfangen interessieren, “onboarden” und gegebenenfalls mit Fachwissen ausbilden. Wer dann noch die Zulieferer an dieses Ökosystem anbindet, kann die Anreize maximieren, dass sich auch Apotheken in ausreichend großer Zahl beteiligen.
Regulatorische Hürden für den digitalen Patienten meistern
Es gibt kaum einen Markt, der so streng reguliert ist wie das Gesundheitswesen. Diese strenge Regulatorik ist sicherlich der wesentliche Grund dafür, dass sich bislang vergleichsweise wenige digitale Lösungen in der Masse durchgesetzt haben. Ohne tiefgehende Kenntnisse darüber, was überhaupt legal möglich ist, bleibt entweder die Innovation auf der Strecke oder aber das Unterfangen bricht mit geltendem Recht.
Compliance und Datenschutz bei der Patient Journey beachten
Gesundheitsdaten sind besonders sensibel. Hier gelten höchste Sicherheitsstandards – und das erwarten auch Patientinnen und Patienten. Niemand will, dass unbefugte Dritte etwas über den eigenen Krankheitsverlauf erfahren. Zudem gehört der Austausch mit den Behörden zum Arbeitsalltag. Nur wer zuverlässig und gründlich berichten kann, wie welche Prozesse laufen, wird auf Dauer als Treiber von Innovation und Mehrwert bestehen.
IT-Expertise
Die Prozesse in Arztpraxen, Apotheken und auch beim Handel von Arzneimitteln sind so spezifisch, dass Unternehmen mit Standardlösungen nicht weit kommen. Nur Unternehmen, die gewillt sind, in den Aufbau eigener Lösungen Ressourcen zu investieren, die exakt den Anforderungen der verschiedenen Stakeholder und den regulatorischen Vorgaben entsprechen, werden auf Akzeptanz stoßen.
Auf Details achten
Nicht nur, um regulatorisch sauber zu arbeiten, und im Austausch mit den Behörden kommt es auf Details an. Auch bei der Zusammenarbeit mit Apotheken und Arztpraxen. Denn die Funktionen sollten exakt auf deren Bedürfnisse abgestimmt sein, damit der Mehrwert maximiert wird. Es gilt die Faustformel: Je mehr sich die Prozesse für alle Beteiligten vereinfachen, bestenfalls gänzlich automatisiert werden, desto größer die Chance, dass das Angebot auch wahrgenommen und genutzt wird.
Mut bei der digitalen Transformation
Viel zu oft hören wir: “Das geht nicht!” Die Begründung in den meisten Fällen: “Sonst hätte das doch längst jemand gemacht…” Wer die Journey als digitaler Patient digitalisieren und für alle Beteiligten so effektiv wie möglich gestalten will, der wird sich auf Neuland vorwagen müssen. Ohne mutige Menschen wird unser Gesundheitssystem das Potenzial der Digitalisierung niemals ausschöpfen können und wertvolle Ressourcen weiter unnötig vergeuden.