Teststrategie

Online-Coronatest: Ein unterschätztes Mittel im Kampf gegen die Pandemie?

Omikron lässt die Zahl der Corona-Infizierten in bisher unbekannte Höhen steigen. Testzentren und Labore sind am Limit; PCR-Tests sind Mangelware. Zugang dazu erhalten vorerst primär Personen aus Risikogruppen sowie das Personal im Gesundheitswesen und in Pflegeeinrichtungen – so das Ergebnis der jüngsten Ministerpräsidentenkonferenz. Doch was die Politik in der Teststrategie bisher vernachlässigt: die Möglichkeit, einen Online-Coronatest zu machen. Welche Chancen sich dadurch bieten, erklärt Timo Scharpenberg vom Testanbieter COTEON.

25.01.2022

Beim Warten in der Schlange vor dem Corona-Testzentrum beschleicht einen mitunter ein sehr mulmiges Gefühl. Was ist, wenn ausgerechnet die Person vor oder hinter mir das Virus in sich trägt und mich jetzt ansteckt? Eine Angst, die durchaus gerechtfertigt ist. Schließlich steigt die Zahl der Infizierten hierzulande derzeit rasant. Und neue Quarantäneregeln inklusive der Möglichkeit sich freizutesten erfordern von Infizierten nun mal, sich beim Testzentrum anzustellen.

Geht es nach Timo Scharpenberg müsste sich dem Infektionsrisiko in den Warteschlangen niemand aussetzen. Scharpenberg ist geschäftsführender Gesellschafter von COTEON, einem Anbieter von videoüberwachten Online-Coronatests. Das Testverfahren ist vom TÜV Rheinland zertifiziert; Unternehmen wie Lufthansa und Dräger sowie zahlreiche Akteure der Tourismusindustrie arbeiten mit COTEON zusammen. Nur einen Haken hat die Sache: Das Bundesgesundheitsministerium verweigert bisher der ortsunabhängigen, vollständig videoüberwachten Online-Testung die Anerkennung.

Timo Scharpenberg

Der erfahrene Manager aus dem Gesundheitswesen ist geschäftsführender Gesellschafter von COTEON. Das Unternehmen aus Bad Schwartau betreibt das Portal covidtestonline.de

Von der Anmeldung über die Durchführung bis zur Auswertung: Wie läuft ein Online-Coronatest ab?

Timo Scharpenberg: Covidtestonline.de bietet ein virtuelles Testverfahren mit einer Vielzahl zugelassener Antigen-Schnelltests an. Über unseren Partner WebID erfolgt zunächst eine rechtssichere Identifizierung der Person, die den Selbsttest durchführt. Anschließend führt der Nutzer den Test gemäß Anleitung durch und filmt sich dabei mit seiner Smartphone- oder Computer-Kamera. Das Video wird dann von geschultem Personal angesehen, beurteilt und das Testergebnis wird offiziell zertifiziert. Die Aufnahme wird nach der Begutachtung gelöscht. Der Online-Selbsttest entspricht dem etablierten Vorgehen, das auch bei Tests in lokalen Testzentren angewendet wird. Das Testzertifikat erhalten User in der Regel innerhalb einer Stunde per E-Mail. Das Zertifikat ist in mehr als 20 Sprachen verfügbar und wird daher auch von Reiseveranstaltern anerkannt. Im Falle eines positiven Ergebnisses wird die Person über die nächsten Schritte informiert und zu einem PCR-Test aufgefordert. Die Kontaktdaten werden verschlüsselt ans Gesundheitsamt weitergeleitet.

Tests, die Verbraucherinnen und Verbraucher selbst durchführen, können ja durchaus fehleranfälliger sein als Coronatests, die von geschultem Personal in den Teststationen durchgeführt werden. Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Kundinnen und Kunden den Test korrekt durchführen?

Scharpenberg: Bei unserem videoüberwachten Online-Test prüft geschultes Personal, ob die Testung richtig durchgeführt wurde. Bei rund zehn Prozent der Tests kommt es zu Fehlern. Ein Fehler kann beispielsweise sein, dass die Testkassette nicht die gesamte Zeit im Video zu sehen ist, dass die Person im Video nicht mit der Person vom Personalausweis übereinstimmt oder dass der Abstrich nicht richtig durchgeführt wurde. In diesen Fällen stellen wir kein Zertifikat aus, sondern lassen den Test erneut durchführen.

Warum werden Online-Coronatests bisher von der Bundesregierung nicht anerkannt?

Scharpenberg: Unser Zertifikat erfüllt alle Voraussetzungen, die in der Testverordnung genannt werden. Der TÜV Rheinland hat unser Verfahren genau geprüft und es als „sicher und nachvollziehbar“ zertifiziert. Da es jedoch ein videoüberwachter Online-Test ist, überwachen wir den Test nicht „vor Ort“, wie es die Testverordnung von Leistungserbringern fordert. Fakt ist jedoch, dass mit der vollständigen Videoüberwachung eine fälschungssichere Kontrolle möglich ist. Im Widerspruch zu den hohen Qualitätsstandards, die das Bundesgesundheitsministerium durchsetzen möchte, steht auch die Tatsache, dass Zertifikate aus dem Ausland bei der Einreise anerkannt werden – und das obwohl keine hinreichenden Informationen zum Ablauf der Testdurchführung vorliegen. Wir hatten bereits die Möglichkeit, Vertreterinnen und Vertretern des Bundeskanzleramts und des Bundesgesundheitsministeriums, zahlreichen Abgeordneten des Bundestags und von Landtagen sowie Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern unsere Coronatest-Möglichkeiten vorzustellen. Hier haben wir durchgehend positives Feedback erhalten. Derzeit laufen Gespräche, um die Regelung zu ändern; insbesondere Sicherheitsaspekte werden dabei erläutert. Wir freuen uns, wenn die aktuelle Situation zu einer Neubewertung führt.

Welche Vorteile hätte es, wenn sich die Einstellung der Politik zu den Online-Coronatests ändert – vor allem in der aktuellen Omikron-Welle?

Scharpenberg: Online zertifizierte Selbsttests könnten bei der Bekämpfung der Pandemie eine wichtige Rolle spielen. Sie ergänzen die AHA-Regeln und die Impfkampagne und ermöglichen eine engmaschige Beobachtung des Infektionsgeschehens. Der Service lässt sich ortsunabhängig, zeitlich flexibel, sicher und kontaktlos überall dort durchführen, wo es einen Internetzugang gibt. Nutzerinnen und Nutzer ersparen sich durch die Online-Durchführung langes Stehen in Warteschlangen vor dem stationären Testzentrum, wodurch sich auch das Risiko verringert, sich selbst oder andere anzustecken. Gerade in der jetzigen Omikron-Welle ist die Politik in der Pflicht, allen Menschen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen und weitere Testangebote zu schaffen. Und auch im Hinblick auf weitere Pandemie-Wellen sind Online-Zertifizierungen entscheidend. Sie lassen sich schnell skalieren, sodass man mit einer Hybrid-Strategie aus stationären und Online-Testzentren weitaus schneller auf das Infektionsgeschehen reagieren kann.

Wenn die Politik ortsunabhängige, videoüberwachte Tests künftig vielleicht doch anerkennt: Wären dann auch Online-PCR-Tests denkbar?

Scharpenberg: Online-PCR-Tests sind denkbar und von der Testverordnung abgedeckt. Ein Labor würde dann weiterhin die Auswertung vornehmen und ein Zertifikat ausstellen. Wir arbeiten hierzu an einem Projekt.

Was zeichnet eigentlich einen qualitativ hochwertigen Selbsttest aus? Woran können Verbraucherinnen und Verbraucher erkennen, ob ein Produkt, das sie im Handel erwerben, wirklich gut und zuverlässig ist?

Scharpenberg: Sie können auf die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts und des Paul-Ehrlich-Instituts vertrauen. Diese haben verschiedene Testanbieter unter die Lupe genommen und Listen mit qualitativ hochwertigen Selbsttests veröffentlicht. Dazu zählt auch Medomics, einer unsere Partner. Um direkt im Laden die Qualität eines Tests zu prüfen, können Verbraucherinnen und Verbraucher auf der Website schnelltest.de den Code auf der Verpackung scannen. So bekommen sie direkt alle wichtigen Informationen zum Test.