Gastbeitrag

E-Health

Kann KI das deutsche Gesundheitswesen heilen?

Die Prognose für das deutsche Gesundheitswesen ist schlecht. Der Personalmangel nimmt zu, die Anzahl an Patientinnen und Patienten sowie die Kosten für Gesundheitsausgaben ebenso. Dennis Hermann, Head of Europe bei Kaia Health, ist überzeugt: Um die Gesundheitsversorgung in Deutschland auch in Zukunft zu sichern, wird KI unabdingbar. Kaia Health arbeitet in Deutschland und den USA an KI-gestützten Therapien.

14.12.2023

Laut Statistischem Bundesamt steigen die jährlichen Gesundheitskosten in Deutschland stetig. Zuletzt betrugen sie stattliche 5.699 Euro pro Kopf. Die Integration von KI-Technologien im Gesundheitswesen bietet bereits heute unterschiedliche Möglichkeiten, die Ausgaben langfristig zu senken, das Fachpersonal zu entlasten und zugleich die medizinische Versorgung für Erkrankte zu verbessern.

Krankheiten vorbeugen und frühzeitig erkennen

KI-Technologien sind im Alltag vieler Menschen bereits angekommen, wie in Form von Smartwatches. Diese Geräte analysieren unseren Puls und motivieren uns, zu Fuß zu gehen, anstatt das Auto zu nehmen. Außerdem können sie sogar nach einem Sturz eigenständig einen Notruf absetzen. Neben diesen Lifestyle-Produkten gewinnt Künstliche Intelligenz auch in der medizinischen Versorgung an Bedeutung. Den größten Mehrwert sehen laut einer aktuellen Umfrage knapp 60 Prozent der deutschen Ärztinnen und Ärzte in der Diagnostik. Denn KI verarbeitet große Datenmengen deutlich schneller und präziser als der Mensch. So nutzen radiologische Einrichtungen KI, um MRT-Aufnahmen auszuwerten und darauf aufbauende Therapieentscheidungen zu treffen. Das Fachpersonal nimmt so die Expertenrolle hinter der Technik ein und gewinnt idealerweise Zeit für eine persönlichere Patientenbetreuung. Auch die Patientinnen und Patienten stehen dem Einsatz von KI positiv gegenüber: 70 Prozent der Befragten wünschen sich sogar, dass Ärztinnen und Ärzte so oft wie möglich von Künstlicher Intelligenz unterstützt werden.

Personalisierte Therapie überall verfügbar machen

KI bietet heute schon die Möglichkeit, Patientinnen und Patienten bei bestimmten Erkrankungen eine personalisierte Therapie digital zu Hause zu ermöglichen. Insbesondere in strukturschwachen Gebieten ist das Angebot an Therapieplätzen in Praxen begrenzt, was zu langen Wartezeiten und weiten Anfahrtswegen führt. Sofortige Hilfe schaffen auf Rezept erhältliche digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA), von denen einige bereits KI-gestützte Therapieansätze in ihr Angebot integriert haben. Bei den DiGA “Kaia Rückenschmerzen” und “Kaia COPD” beispielsweise analysiert ein auf Computer Vision basierender Bewegungscoach die Bewegung der Erkrankten in Echtzeit über die Smartphone-Kamera und gibt Feedback für eine korrekte und sichere Ausführung von Übungen. Zudem passen sich die beiden Anwendungen individuell an die körperliche Leistungsfähigkeit der Nutzenden an. Kaia ist zudem mit der in den USA implementierten KI Angela das erste Unternehmen auf dem Markt, das Large Language Models wie ChatGPT einsetzt, um die Patientinnen und Patienten noch persönlicher bei der Therapie von Rückenschmerzen zu begleiten.

Mensch und Technik wirken gemeinsam im Gesundheitswesen

Diese Beispiele geben einen Einblick, was KI in der Versorgung leisten kann. Doch in Deutschland schränken zu restriktive Datenschutzregelungen sowie eine zögerliche Innovationspolitik die volle Entfaltung dieses Potenzials ein. Obwohl umfangreiche Daten von Ärztinnen und Ärzten, Praxen, Kliniken, Therapeutinnen und Therapeuten und sogar Erkrankten selbst erhoben werden, fehlt es oft an der notwendigen Interoperabilität, um sie für KI-Anwendungen zu nutzen. In den USA liegt der Fokus beispielsweise viel stärker darauf, Lösungen zur optimalen Nutzung dieser Daten zu finden. Hier besteht in Deutschland Nachholbedarf. Denn in Zukunft werden KI-Technologien auch in unserem Gesundheitswesen unverzichtbar sein, um die knapper werdenden Ressourcen effektiver einzusetzen. Dabei werden medizinische Fachkräfte durch die Technologie unterstützt, aber nicht ersetzt. Sie übernehmen weiterhin eine Expertenrolle und profitieren von einer Entlastung durch die Technik. Durch diese Entwicklung lässt sich die medizinische Versorgung nicht nur verbessern, sondern auch für die Zukunft sichern, was letztendlich den Patientinnen und Patienten zugutekommt.

Dennis Hermann

ist Head of Europe beim international tätigen Unternehmen Kaia Health