Symbolbild Telemedizin: Arzt kommt durch ein Smartphone zum Patienten
24.02.2023    Daniela Tabarelli
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Bis 2035 werden deutschlandweit rund 11.000 Hausarztstellen nicht besetzt sein. Das zeigt eine Studie im Auftrag der Robert Bosch Stiftung. Rund 40 Prozent aller Landkreise droht Unterversorgung. Um die Folgen abzumildern, sollen digitale Lösungen in der Medizin an Bedeutung gewinnen.

Daran forscht das Fraunhofer-Zentrum für Digitale Diagnostik (ZDD) in Potsdam. Professor Peter Liggesmeyer, Mitglied des ZDD-Direktoriums, erklärt, wie Telemedizin besonders im ländlichen Raum helfen kann.

Podcast-Tipp

Das komplette Interview mit Prof. Peter Liggesmeyer hören Sie im „Mit Herz und KI“-Podcast.

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Zur Person

Porträt Peter Liggesmeyer

Professor Peter Liggesmeyer

ist Leiter des Fraunhofer-Instituts für Experimentelles Software Engineering IESE in Kaiserslautern und Mitglied des ZDD-Direktoriums

Mit welchen Fragestellungen beschäftigen Sie sich, um die Versorgung im ländlichen Raum zu stärken?

Peter Liggesmeyer: Wir sind nicht so naiv zu glauben, dass man jeden Arztbesuch durch technische Lösungen ersetzen kann. Aber insbesondere bei chronisch Erkrankten, deren Werte regelmäßig kontrolliert werden müssen, sehen wir die Möglichkeit, Diagnoseverfahren so zu vereinfachen, dass sie durch Laien oder vielleicht ganz automatisiert angewendet werden. Wir denken daran, einen Gesundheitskiosk aufzustellen, also letztlich eine automatisierte Analysemöglichkeit für ganz unterschiedliche Vorfälle.

Welche könnten das sein?

Liggesmeyer: Denkt man an die bekannten Covid-Testzentren, könnte man sich so etwas auch automatisiert und für andere Tests vorstellen, also für Blutdruckmessungen oder Probeentnahmen. Unter Umständen könnten bestimmte Analysen der Proben bereits vor Ort erfolgen und diese Daten dann zum Teil automatisiert ausgewertet und übertragen werden, um von medizinisch geschultem Personal analysiert zu werden.

Welche Rolle spielt der Umgang mit digitalen Daten in diesem Zusammenhang?

Liggesmeyer: Ein großer Forschungsschwerpunkt ist das Verstehen von Erkrankungen, also aus Patientendaten auf Sachverhalte zu schließen. Das betrifft beispielsweise die Fragestellung, warum bestimmte Medikamente bei bestimmten Patientinnen und Patienten sehr gut wirken, bei anderen fast gar nicht, aber Nebenwirkungen erzeugen. Uns geht es darum, die Datenverfügbarkeit zu erhöhen – genauso wie auch die Bereitschaft zur Datenspende.

In welchen weiteren Anwendungsbereichen bietet die Telemedizin Potenzial?

Liggesmeyer: Das sind beispielsweise soziale Interaktionen, die einhergehen mit der Beantwortung von Fragen bei zu pflegenden Personen. Untersuchungen zeigen, dass wir bis zum Jahr 2050 in Deutschland etwa zwölf Millionen Pflegebedürftige haben werden – eine Verdreifachung gegenüber heute. Das bedeutet, dass der schon vorhandene Pflegenotstand sich noch einmal verschärfen wird und deswegen technische Lösungen in der Pflege an Bedeutung gewinnen werden.

24.02.2023    Daniela Tabarelli
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