Foto von Schiffscontainern
28.04.2022    Martin Hintze
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Solch einen Scheck bekommt man nicht alle Tage: Mit 15 Millionen Euro beteiligt sich das Bundesministerium für Digitales und Verkehr am Projekt „Santana“ im Hamburger Hafen. Was es damit genau auf sich hat und wie gut die ­Digitalpolitik der Bundesregierung ist, diskutieren DUP UNTERNEHMER-Herausgeberin Brigitte Zypries und Jens Meier, CEO der Hamburg Port Authority (HPA).

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Zur Person

Foto von HPA-Chef Jens Meier

Jens Meier

ist seit 2008 Geschäftsführer der Hamburg Port Authority (HPA)

Zur Person

Foto von Brigitte Zypries

Brigitte Zypries

Die frühere Bundesjustiz- und Bundeswirtschaftsministerin ist Herausgeberin des DUP UNTERNEHMER-Magazins

Machen wir zunächst eine kurze Bestandsaufnahme: Wie analog ist die Schifffahrt, wie digital der Hamburger Hafen?

Jens Meier: Die Schifffahrt weltweit kann ihre Effi­zienz nur dann ausbauen, wenn sie die Digitalisierung konsequent weiter vorantreibt. In der Coronakrise hat sich gezeigt, dass sich resiliente Lieferketten nur erzeugen lassen, wenn man vernünftig digitalisiert ist. Die Pandemie hat uns aber auch vor Augen geführt, dass noch großes Ausbaupotenzial besteht. Der Hamburger Hafen ist in puncto Digitalisierung schon sehr weit, insbesondere, was unsere Infrastruktur angeht.

Können Sie dafür Beispiele nennen?

Meier: Wir haben viele Sensoren verbaut, beispielsweise an der Köhlbrandbrücke und an allen Schienen. Dadurch können wir sehr vorausschauend Instandhaltung durchführen und den Verkehr im Fluss halten. Hamburg hat den Trend schon frühzeitig erkannt.

Auf welches Projekt sind Sie besonders stolz?  

Meier: Der Hamburger Hafen ist ein Reallabor, ein Zentrum für Innovationen. Unsere Philosophie ist es, im Smart Port Nachhaltigkeit und Digitalisierung ­zusammenzubringen und die Effizienz zu steigern. 30  Projekte haben wir bereits abgeschlossen. Eines von ihnen, auf das ich besonders stolz bin, ist „Green for Transport“. Vereinfacht gesagt, geht es darum, gepoolten – also hintereinander fahrenden – Lkw eine grüne Welle zu verschaffen. Das erhöht die Geschwindigkeit und spart Emissionen. In unserem Testbetrieb konnten wir insgesamt 109 Tonnen CO₂ einsparen. Das entspricht ungefähr einer vermiedenen Strecke von 140.000 Kilometern – ein schöner Erfolg.

Kürzlich haben Sie 15 Millionen Euro aus Berlin für ein neues digitales Testfeld im Hamburger Hafen ­bekommen. Was hat es damit auf sich?

Meier: Beim Projekt „Santana“ – oder „Services and Data Network Port of Hamburg“ – implementieren wir ein Netzwerk der Netzwerke. Unser Ziel: die Verknüpfung privat organisierter Logistikketten mit öffentlichen Infrastrukturinformationen. Wenn beiden Seiten die idealen Informationen zur Verfügung stehen, können wir den Verkehr mit einer extrem hohen Geschwindigkeit durchfahren lassen. An dem Projekt beteiligt sind der IT-Dienstleister DAKOSY, der im Hamburger Hafen auch das sogenannte Port Com­munity System erstellt, die assoziierten Partner wie die Terminalbetreiber Eurogate und HHLA sowie die Steuerzentrale Hamburg Vessel Coordination Center. Ein besonderes Highlight des „Santana“-Projekts besteht darin, dass wir schon quanteninspirierte Technologie, also die neuen Hochleistungscomputer der Zukunft, einsetzen. Dadurch können wir die Durchschnittsgeschwindigkeit erhöhen, ohne zusätzliche physische Straßen bauen zu müssen. Das wird ein ganz wichtiger Punkt für die Zukunft sein.

Ein spannendes Projekt, das auch mit öffentlichen Mitteln gefördert wird. Frau Zypries, wie zufrieden sind Sie insgesamt mit der Digitalpolitik der Ampel-Koalition?

Brigitte Zypries: Mein Eindruck ist eher, dass in Berlin noch um die Zuständigkeiten gestritten wird. Doch der Bund unterstützte über das allgemeine ­Förderprogramm Digitalisierung mit jeweils 3,8 Mil­liarden Euro im Jahr 2020 und 2021 eine Reihe von Projekten. Dazu gehört auch das Programm „Intelligente Häfen und Wasserstraßen“. Die Bundesregierung hat also längst erkannt, dass die Logistik insgesamt gestärkt werden muss. Die Pandemie hat sehr deutlich gemacht, wie störungsanfällig die Lieferketten sind. Die Logistikbranche befindet sich in einem riesigen Umbruch. Die große Zahl von Übernahmen und Zusammenschlüssen ist kein Zufall.

Auch Amazon ist in das Logistikgeschäft eingestiegen. Welche Konsequenzen hat das für Sie, Herr Meier?

Meier: Letztlich geht es darum, die großen digitalen Plattformen intelligent über standardisierte Schnittstellen an die Logistik anzubinden. Dafür spielen die Prozesse im Hafen und zwischen den Häfen eine Rolle, aber auch in der gesamten Kette – also vom Hersteller bis zum Endkonsumenten. Allzu häufig wird dabei die digitale Sicherheit noch unterschätzt. Cyberattacken sind leider an der Tagesordnung. Um sie zu verhindern, muss man das Thema vorausschauend angehen. Hierzulande sind wir noch auf der Suche nach einer Lösung, die vergleichbar ist mit dem, was Amazon von Amerika aus anbietet und Alibaba in China. Wir befinden uns zwar auf unterschiedlichen Kontinenten, müssen aber sicherstellen, dass wir miteinander handeln können. Lieferketten dürfen nicht auf elektronischem Wege instabil werden, um es mal höflich auszudrücken.

Im vergangenen Herbst war Hamburg Gastgeber für den ITS Weltkongress, die wichtigste internationale Branchenplattform rund um intelligente Mobilität und vernetzten Verkehr. Welche neuen Impulse für die Zukunft des Hamburger Hafens haben Sie von der Veranstaltung mitgenommen?

Meier: Besonders beeindruckt hat mich der Testflug einer Schwerlastdrohne, die 200 Kilogramm trans­portieren kann. Ich glaube zwar nicht, dass Drohnen in Zukunft große Schiffe ersetzen und massenweise Container transportieren. Aber im Katastrophenschutz, bei Hochwasser, bei Bränden oder zur Inspektion von Brücken, Straßen oder anderer Infrastruktur können Hochleistungsdrohnen einen wichtigen Beitrag leisten. Technisch ist schon fast alles möglich. Doch wir dürfen auch die Menschen nicht vergessen. Wir müssen ihnen zeigen, dass das tägliche Leben durch den Einsatz solcher Technologien besser und lebenswerter wird. Dafür ist der Hamburger Hafen als Reallabor ideal, und der ITS Weltkongress hat uns da ein großes Stück weitergebracht.

Wie groß ist der Wettbewerb, beispielsweise mit dem Hafen Rotterdam?

Meier: Es ist ein bisschen wie im Sport: Zunächst tauscht man sich gern untereinander aus, um auf Augenhöhe mit den Besten zu kommen. Und dann versucht man, einen Tick besser zu sein. Aber ein Hafen ist immer eine Schnittstelle zum Hinterland und zum Endkonsumenten. Die Waren müssen so schnell und nachhaltig wie möglich von A nach B gebracht werden. Und dazu tauschen wir uns weltweit aus, auch zwischen Rotterdam und Hamburg. Der Hamburger Hafen ist nicht nur der größte deutsche Hafen, er ist zudem für Süd- und Südosteuropa eminent ­wichtig. Waren aus und für Tschechien, aus der Slowakei, aus Ungarn oder aus Österreich werden überwiegend über den Hamburger Hafen exportiert und importiert. Wir sind das Scharnier in diese Länder. Und dafür stellen wir modernste Technologie zur Verfügung.

Wie wichtig ist es aus Sicht der Wirtschaft und der Politik, dass der Hamburger Hafen wettbewerbsfähig bleibt?

Zypries: Das ist extrem wichtig für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Der Hamburger Hafen ist so etwas wie der Kopf bei der Vernetzung der deutschen Häfen untereinander, aber auch international.

28.04.2022    Martin Hintze
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