digitaler werden
13.06.2021    Madeline Sieland
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1. Am Anfang nicht zu viel wollen

Wichtig ist vor allem, sich dem Thema Digitalisierung auf die richtige Art und Weise zu nähern: „Bitte die Digitalisierung nicht als Mammutprojekt verstehen und bitte nicht versuchen, von heute auf morgen alles zu digitalisieren“, mahnt Mayr in „Freiraum 25“. In dem Videocast sprechen der DATEV-CEO sowie DUP UNTERNEHMER-Verleger Jens de Buhr einmal im Monat mit Gästen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft über unterschiedliche Aspekte der digitalen Transformation.

„Idealerweise pickt man sich für den Anfang erst einmal einen Prozess im Unternehmen heraus.“ Zum Beispiel das Erfassen von Rechnungen: Diese könnten ganz einfach mit dem Smartphone fotografiert werden. „So ein Device hat mittlerweile jeder; da sind die Einstiegshürden niedrig“, so Mayr.

Rechnungen per Smartphone fotografieren? Klingt banal, steigert aber die Effizienz kaufmännischer Prozesse – insbesondere, wenn man das erfasste Bild über Optical Character Recognition in einen strukturierten Datensatz verwandelt und den Text damit maschinenlesbar macht. Denn so lassen sich die vorher analogen Informationen automatisch und damit höchst effizient weiterverarbeiten.

2. Den Kunden und dessen Bedürfnisse immer im Blick haben

Die Effizienz in der industriellen Produktion steigern – daran arbeitet Daniel Szabo. Er leitet das Geschäftsfeld Digital beim traditionsreichen Maschinenbauer Körber, wo 2017 damit begonnen wurde, das Business grundlegend zu transformieren.

Körber Digital baut eigenständige Unternehmen auf, die mithilfe user-zentrierter, Maschinen-agnostischer Lösungen einen Mehrwert für Industriekunden schaffen wollen. „Unserer Tochter FactoryPal beispielsweise ist es gelungen, die Effizienz von Produktionsprozessen in der Zellstoffverarbeitung auch dank des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz um 30 Prozent zu steigern“, berichtet Szabo.

Solche Lösungen, so sagt er, entstehen aber nicht, wenn man möglichst lange im stillen Kämmerlein alleine vor sich hin arbeitet. „Es geht schließlich nicht darum, eine Technologie um der Technologie willen einzusetzen. Es geht darum, durch die Nutzung digitaler Technologien ein konkretes Problem des Kunden zu lösen und so einen Mehrwert für ihn zu schaffen.“ Entsprechend sei es wichtig, den Kunden in die Entwicklung neuer Lösungen einzubeziehen, ihn „als Partner auf der Reise der Produktentwicklung“ zu verstehen, so Szabo. Eine Grundregel, die in jeder Branche gelte – nicht nur in der Industrie.

3. Die Potenziale von Künstlicher Intelligenz erkennen

Künstliche Intelligenz – das klingt „big“, das klingt kompliziert, kann aber in der Praxis ziemlich greifbar sein: „Die Finanzbuchhaltung ist ein repetitiver Prozess, der bisher sehr manuell vonstatten ging“, so Mayr. „Durch Automatisierung und mittels KI lassen sich in diesem Bereich die Effizienz und die Qualität steigern.“

Lösungen zur Automatisierung der Finanzbuchhaltung zu entwickeln steht deshalb bei DATEV derzeit ganz weit oben auf der Agenda. Ein erster Schritt wurde bereits getan: Auf Basis digitaler Belege können in einem cloud-basierten Tool automatisiert Buchungsvorschläge erzeugt werden. „Der Vorteil davon ist: Steuerberaterinnen und Steuerberater werden von Routinetätigkeiten entlastet und können sich mit dem befassen, was wichtiger ist – und das ist die betriebswirtschaftliche Beratung der Mandanten“, so Mayr.

Menschen von monotoner Arbeit zu entlasten – das sei auch in der Industrie einer der Gründe, weshalb KI genutzt wird. Szabo sieht aber noch einen ganz anderen Ansatzpunkt: „Im produzierenden Gewerbe gehen in den kommenden Jahren sehr viele erfahrene Mitarbeitende in Rente. KI kann dabei helfen, deren Erfahrungsschatz, deren Wissen zu konservieren und nachfolgenden Generationen zugänglich zu machen.“

4. Mitarbeitenden Freiräume geben und Fehler akzeptieren

Die Technik zu kennen reicht allerdings nicht aus. Die Digitalisierung kann nur gelingen, wenn sich das Mindset in der Führungsetage und bei den Mitarbeitenden grundlegend verändert. Darin sind sich Mayr und Szabo einig.

„Wir waren bei DATEV sehr tradiert aufgestellt, sehr hierarchisch organisiert, fast schon tayloristisch“, so Mayr. Etwas, was nicht mehr in die heutige Zeit passt. „Wir mussten ein Setting schaffen, dass es uns ermöglicht, uns schnell und flexibel an sich teilweise radikal verändernde Rahmenbedingungen anzupassen.“

Bei dem IT-Dienstleister wird nun mehr auf die Eigenverantwortung der Mitarbeitenden gesetzt. So gibt es beispielsweise End-to-end-Verantwortlichkeiten „von der Wiege bis zur Bahre eines Produkts, um flexibler und bedarfsorientierter reagieren zu können“, betont Mayr – und zieht ein Zwischenfazit dieser Umstrukturierung: „Das spart Zeit und das spart auch Ressourcen.“

Szabo ergänzt: „Um neue, erfolgreiche Lösungen zu entwickeln, ist es wichtig, Menschen gemeinschaftlich in diversen Teams arbeiten zu lassen. Und divers bezieht sich hier hauptsächlich auf verschiedene Kompetenzen und Erfahrungshintergründe.“

All das verlangt auch von Führungskräften ein Umdenken. Denn es gilt, Mitarbeitenden zu vertrauen, ihnen Freiräume zu geben – und auch mal über Fehler hinwegzusehen. „Scheitern wird teilweise als Malus gesehen. Ich glaube aber, Scheitern muss dazu motivieren, einfach wieder aufzustehen und weiterzugehen“, so Mayr. „Und dass Scheitern okay ist, sollte meines Erachtens in Deutschland, insbesondere im Mittelstand und in großen Unternehmen, noch sehr viel stärker in den Vordergrund gestellt werden.“

5. Partner an Bord holen

Zusammen ist man bekanntlich weniger allein – auch bei der digitalen Transformation. Und deshalb appelliert Mayr an Unternehmerinnen und Unternehmer, sich Kooperationen und Partnerschaften gegenüber zu öffnen: „Um als Plattformanbieter erfolgreich zu sein, müssen wir auch mit Unternehmen zusammenarbeiten, die wir in der Vergangenheit als Gegner im Markt, als Wettbewerber betrachtet haben.“

Ein Beispiel dafür: DATEV arbeitet seit dem Herbst 2020 mit Personio zusammen. Das Start-up hat eine Software-Lösung für Recruiting, Personalverwaltung und vorbereitende Lohnbuchhaltung entwickelt und richtet sich mit diesem Angebot an kleine und mittelständische Unternehmen mit bis zu 2.000 Mitarbeitern. „Die Daten, die darin erfasst werden, können medienbruchfrei über eine Schnittstelle in unsere Programme zur Gehaltsabrechnung übertragen werden“, so Mayr. Sämtliche HR-Prozesse werden so digital in einer durchgängigen Systemlandschaft abgebildet. „Das ist eine Win-win-win-Situation für alle Beteiligten – also für unseren Partner Personio, für die Unternehmen, für ihre Steuerberater und für uns.“

13.06.2021    Madeline Sieland
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