ChatGPT

Chatbots vs. menschliche Experten: Das Ende der Scharlatane

Kommunikationsexperte Stefan Holtel hat ein Buch darüber geschrieben, ob Chatbots bisherige Experten (wie ihn) überflüssig machen.

Chatbots vs. menschliche Experten

20.08.2024

Buch-Tipp! Droht das Ende der Experten? ChatGPT und die Zukunft der Wissensarbeit Verlage Franz Vahlen 24,99 Euro

Da jagen wir einfach ’ne KI drüber!“ Klingt schnell, günstig und eben einfach, ist aber eine dumme Idee. Zumindest wenn es nach Informatiker und Wissensmanager Stefan Holtel geht. In seinem Buch „Droht das Ende der Experten?“ beschäftigt er sich damit, wie ChatGPT die Wissensarbeit verändern wird. Neben einer medienwissenschaftlichen Einordnung der Technologie-Entwicklung geht er ganz praktisch auf Klassiker wie Juristinnen oder Autoren ein, oft Dienstleister mittelständischer Unternehmen. Da lockt natürlich der Gedanke, in Zukunft auf eine KI zu setzen, um Geld zu sparen. „Es wird übersehen, dass Dienstleistung nicht deswegen gut ist, weil die vermeintliche Expertise in die Produktion geflossen ist“, so der Autor. „Denn was macht zum Beispiel ein gutes Marketing aus? Dass jemand versteht, worum es im Kern geht und die richtigen Fragen dazu stellt.“

ChatGPT weiss alles und will nichts

Für Holtel sind Chatbots eine Art „Buch auf Steroid“. Das kodifizierte Wissen der Welt ist nahezu in Echtzeit überall verfügbar. Die Frage ist aber, was die Technologie damit anfängt. Hier kommt das Prinzip Verständnis ins Spiel als eine Mischung aus Erfahrung, Fakten und Einfühlungsvermögen. Was ist gerade wichtig? Welche Herausforderungen stehen an? Welche Fragen müssen dafür gestellt werden? Große Sprachmodelle arbeiten aber mit mathematischen Algorithmen, analysieren Wörter und leiten daraus Antworten ab. Ein echtes Verständnis fehlt. Anders gesagt: ChatGPT gibt die richtigen Antworten, aber stellt nicht unbedingt die richtigen Fragen. Wo wieder Prompt Engineering, also das richtige Briefen einer KI, eine zentrale Rolle spielt. Und dafür braucht es eben weiterhin die menschlichen Experten.

Chatbots: Eine neue Art der Experten

Bei diesen wird es aber laut Holtel durchaus eine Selektion geben. Jene, die wirkliche Experten auf ihrem Gebiet sind, bekommen mit ChatGPT „ein Superwerkzeug, mit dem sie das, was sie eh gut können, noch viel schneller oder auch weit besser machen“. Denn die Basisarbeit, also das Erkennen einer Fragestellung und das Wissen, was getan werden muss, um diese zu lösen, liegt noch immer beim Menschen, der die richtigen Fragen stellt. Oder: Prompts vorgibt. „Wir bewegen uns hin zu kreativen Generalisten, die unterscheiden können, denen Sprachmodelle mit Spezialistenwissen zuarbeiten, während sie selbst den Überblick behalten – und beispielsweise die richtigen Fragen stellen“, sagt Holtel. „Sie verfügen über Überblickswissen plus Erfahrung und kombinieren dies mit sozialen, kommunikativen und kreativen – also ganz und gar menschlichen – Fähigkeiten.“

Das bedeutet auch: Vermeintliche Experten, die mit ihrem Halbwissen nur an der Oberfläche kratzen, werden tatsächlich obsolet. „Für Scharlatane wird es zukünftig schwerer, weil sich die Qualität ihrer Arbeitsergebnisse nun leicht an denen von Sprachmodellen messen lassen“, so Holtel.

Er doziert regelmäßig. „Ich soll also einen Kurs darüber halten, wie mit ChatGPT eine Präsentation zu einem bestimmten Thema erstellt werden kann“, nennt er als Praxisbeispiel. Ein recht einfacher technischer Vorgang, bei dem eine KI auf all die existierenden Folien im Netz zugreifen, diese neu kombinieren und am Ende in die jeweilige CI überführen kann. „Aber das Ergebnis dürfte recht austauschbar sein“, so Holtel. „Hilfreicher wäre stattdessen ein Kurs darüber, wie Sprachmodelle helfen, eine gute Geschichte zu spinnen, derentwegen jemand dieser Präsentation überhaupt aufmerksam folgen sollte.“

Klaus Holtel

Stefan Holtel

ist Informatiker, Wissensmanager und Trainer für LEGO Serious Play