Was genau ist 5G?
6,6 Milliarden Euro haben Netzanbieter 2019 für ihre Anteile am deutschen 5G-Netz gezahlt. Der Zweck hinter der mittlerweile fünften Generation des Mobilfunks: ein schnelles, stabiles und sicheres Netz schaffen. Der neue 5G-Standard soll bis zu 100-mal schneller sein als das vor acht Jahren in Deutschland etablierte 4G (LTE). So können sich immer mehr Menschen, Maschinen und Industriezweige (Industrie 4.0) vernetzen. Viele digitale Anwendungen, etwa das Internet der Dinge oder Augmented Reality (erweiterte Realität), benötigen schon heute ein schnelleres Netz und eine größere Netzkapazität.
Chancen und Gefahren von 5G
Welche Chancen hat das 5G-Netz? | Welche Gefahren birgt das 5G-Netz? |
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Mit Datenraten von bis zu 10.000 Mbit/s soll das 5G 100 Mal schneller sein als das heutige LTE-Netz | In einem offenen Brief warnten 200 Ärzte und Wissenschaftler im September 2018 vor den gesundheitlichen Risiken von 5G und forderten ein Moratorium |
Eine 1.000-fach größere Netzkapazität als LTE bietet mehr als 100 Millionen Mobilfunkgeräten die Möglichkeit, gleichzeitig online zu sein | Da 5G nur über kurze Strecken funktioniert, werden neue Antennen und Sender benötigt. Das führt nicht nur zu einer Explosion von Sendemaste in der Umwelt, sondern führt auch dazu, dass Menschen vermehrt hoher Strahlungen ausgesetzt sind |
Eine sehr niedrige Reaktionszeit (Latenzzeit) von unter einer Millisekunde. Das wird besonders im Internet-der-Dinge wichtig | Das Bund für Strahlenschutz will erst nach Inbetriebnahme von 5G Messungen durchführen |
Klimaschutz: 5G verspricht einen bis zu 90 Prozent geringeren Stromverbrauch je Mobildienst | Da die neuen Antennen viel kleiner als herkömmliche Dachantennen sind, seien sie nicht auf den ersten Blick zu erkennen, womit Unwissende den Strahlen nicht bewusst aus dem Weg gehen können |
Damit das Netzwerk sich individuell den Usern anpassen kann, gibt es das Network Slicing. Zum Beispiel ein eher einfacheres Mobilfunknetz und ein besonders reaktionsstarkes Netz für autonomes Fahren. Diese Network Slices werden also unterschiedlich behandelt und organisiert | Die Beteiligung des chinesischen Netzwerkausrüster Huawei steht stark in der Kritik. Die Gefahr von Spionage, Manipulation und Abhängigkeit gegenüber China sehen viele Beteiligte als zu hoch an. Sie hätten die europäische Lösung durch Nokia oder Ericsson bevorzugt |
Wann kommt 5G nach Deutschland?
Die Markteinführung von 5G ist bereits in vollem Gange; erste Tests sind 2018 gestartet. 2025 sollen laut Bundesverkehrsministerium die 20 größten deutschen Städte sowie alle Hauptverkehrswege mit einem 5G-Netz versorgt sein. Hierzu hat die Bundesregierung die „5G-Strategie für Deutschland" entwickelt. Deren Ziel: Deutschland „zum Leitmarkt für 5G-Netze und -Anwendungen“ zu machen. Auf der anderen Seite stellt sich aber auch die Frage: Werden Verbraucher sich der neuen 5G-Technologie annehmen? Und wenn ja: Sind sie bereit, dafür mehr zu zahlen?
Laut einer Bitkom-Befragung unter Smartphone-Nutzern aus 2019 soll der neue Mobilfunkstandard vor allem eines garantieren: eine vollkommene Netzabdeckung ohne Funklöcher. Derzeit sind 96,6 Prozent der Fläche in der Bundesrepublik mindestens von einem Mobilfunknetzbetreiber mit 4G versorgt, wie eine Übersicht der Bundesnetzagentur zeigt. Auf der Karte der Bundesnetzagentur ist die Abdeckung der Mobilfunkstandards 2G, 3G, 4G von den drei großen Netzbetreibern einsehbar. Bei der Auktion der 5G-Mobilfunkfrequenzen haben sich eigentlich die Netzbetreiber dazu verpflichtet, bestimmte Versorgungsauflagen zu erfüllen und für flächendeckenden Empfang zu sorgen , damit der Netzausbau nicht auf lukrative Regionen mit vielen Einwohnern beschränkt wird. Dennoch: um die Funklöcher zu schließen, sind aktuell bis zu 5.000 Standorte für neue Mobilfunkmasten notwendig. Deshalb hat die Bundesregierung rund 1,1 Milliarden Euro in dem Netzausbau an diesen Standorten investiert, da sie zeitnah keinen privatwirtschaftlicher Ausbau erwartet.
Aspekte wie höhere Geschwindigkeit und Netzstabilität spielen für Verbraucher daher erst einmal eine sekundäre Rolle. Eine Bikom-Studie ergab, dass 34 Prozent der Befragten nicht bereit sind, zusätzliche Kosten für ein schnelles 5G-Netz in Kauf zu nehmen. 23 Prozent können sich einen Betrag von bis zu zehn Euro vorstellen, 33 Prozent einen Betrag zwischen 10 und 20 Euro.
Übrigens: Laut einer von Ericsson veröffentlichten Studie aus dem Juni 2020 gibt es bereits rund 190 Millionen 5G-Anschlüsse weltweit. Den Prognosen des Netzausrüsters zufolge soll sich die Anzahl der 5G-Verbindungen 2025 auf rund 2,8 Milliarden weltweit belaufen.
Welche 5G-Anwendungen gibt es bereits in Deutschland?
Ob für das Internet der Dinge oder Augmented Reality – viele moderne Technologien können von 5G profitieren. Deshalb arbeiten die Telekommunikationsanbieter mit Hochdruck daran, den neuen Netzstandard flächendeckend in Deutschland umzusetzen und schon heute unterschiedlichen Industrien zur Verfügung zu stellen. Einige aktuelle Projekte im Überblick:
Telekom
Berlin, München, Köln, Bonn, Darmstadt, seit Ende 2019 auch Hamburg und Leipzig: Zahlreiche Antennen der Telekom funken bereits im Live-Betrieb. Das Ziel: noch in diesem Jahr mehr als der Hälfte der Bevölkerung 5G zur Verfügung stellen. Laut eigenen Zahlen (Stand 28.01.2021) sollen bereits rund zwei Drittel der deutschen Bevölkerung auf das 5G-Netz der Telekom zugreifen können.
Einen besonderen Fokus legt die Telekom auf die industriellen Campus-Netze. Ermöglicht wird dadurch die drahtlose Vernetzung von Produktionsstätten durch den Ausbau von Mobilfunkinfrastruktur. So können Maschinen aus der Ferne gewartet oder notwendige Änderungen in Produktionsprozessen online vorgenommen werden.
Mit dem Leuchtmittelhersteller OSRAM testet die Telekom zum ersten Mal ein Campus-Netz, um Maschinen in einem realen Produktionsumfeld drahtlos zu vernetzen. Da es sich bei diesen Campus-Netzen um exklusive Mobilfunknetze handelt, wurde neben dem öffentlich verfügbaren LTE-Funknetz zusätzlich auf dem Werksgelände ein separates privates LTE-Netz entwickelt. OSRAM kann so vorhandene Ressourcen und Netzkapazitäten unabhängig von anderen verwenden, da das Netz nicht öffentlich zugänglich ist. Der Ausbau von 5G wird künftig zu einer noch besseren, vor allem verlässlicheren Konnektivität und einer schnelleren Reaktionszeit führen.
Vodafone
Die Deutsche Fußball Liga (DFL) und Vodafone haben eine AR-App entwickelt, über die Fans im Stadion Zugriff auf Spielanalysen und Statistiken erhalten, die für Zuschauer vor dem Fernseher normal sind: Welche Mannschaft hatte den meisten Ballbesitz? Wer lief schneller – Marco Reus oder Robert Lewandowski?
Basis des Prototyps der App, die Grafiken, Statistiken und Analysen in Echtzeit digital ergänzt, ist das 5G-Netz. „Mit der neuen Mobilfunktechnologie bringen wir Echtzeit-Informationen zu Statistikliebhabern auf der Tribüne und erhöhen die Netzkapazitäten für die Fußballfans im Stadion“, erklärt Vodafone-Chef Hannes Ametsreiter. Ermöglicht wird das durch eine Mobile-Edge-Cloud. Durch die dezentrale Verarbeitung von Daten am Rand eines Netzwerks können Informationen annähernd in Echtzeit an die 5G-fähigen Smartphones der Fans weitergeleitet werden.
Wie 5G die Industrie revolutioniert zeigt das „Werk 1“ vom Autobauer e.GO Mobile. Die Produktionshalle in Aachen zählt zu den smartesten Fabriken Deutschlands – und arbeitet eng mit Vodafone und dem Technologiepartner Ericsson zusammen. In der 16.000 Quadratmeter großen Fabrikhalle wurde ein privates mobiles Netz mit 36 kleinen Mobilfunkantennen aufgebaut. Auch hier arbeiten die Entwickler mithilfe der 5G-Technologie Mobile Edge Computing. Diese garantiert den schnellstmöglichen Datenaustausch, den kleine Echtzeit-Rechenzentren direkt auf dem Gelände übernehmen.
Telefónica
Am 3. Oktober starten Telefónica Deutschland und O2 mit 5G in den fünf größten deutschen Städten Berlin, Hamburg, München, Köln und Frankfurt. Dann werden rund 150 Stationen mit dem 5G-Datenturbo funken. Rund neun Millionen Menschen sollen so von 5G profitieren können.
Schon Mitte 2019 errichtete Mercedes-Benz Cars zusammen mit Telefónica Deutschland und dem Netzausrüster Ericsson die „Factory 56“ in Sindelfingen. Ein weiterer Meilenstein der Automobilproduktion für den Industriestandort Deutschland: „5G eröffnet uns neue Möglichkeiten rund um die Schwerpunkte intelligente Konnektivität und Network-Slicing für unternehmerische Anwendungen. Dadurch können wir unseren Partnern eine separate Netzinfrastruktur zur Verfügung stellen, die optimal auf ihre Anwendungsfälle ausgerichtet ist“, sagt Alfons Lösing von Telefónica Deutschland im Interview mit DUB UNTERNEHMER.
Darüber hinaus planen die Netzbetreiber bereits 2021 das 3G-Netz abzuschalten. Telekom und Vodafone wollen der dritten Generationen am 30. Juni 2021 ein Ende setzen, jetzt gab auch die Telefónica bekannt, ihren Rivalen sechs Monate später folgen zu wollen. „3G ist nicht mehr zeitgemäß. Wir widmen die Kapazitäten für 4G um", sagt Deutschlandchef Markus Haas dem Handelsblatt. Eigentlich war diese Maßnahme erst für das Jahr 2022 geplant. Damit beschreiten die Netzbetreiber Neuland, denn zuvor wurde noch nie eine Mobilfunktechnologie komplett abgeschaltet, wie Haas berichtet. Orte, wo jetzt noch 3G-Sendeanlagen an Mobilfunkmasten hängen, könnten so künftig für 4G oder 5G genutzt werden.
Was hat es mit der Diskussion um den chinesischen 5G-Anbieter Huawei auf sich?
Klar ist: Die USA und Großbritannien wollen ihr 5G-Netz ohne chinesische Partner und damit ohne Huawei ausbauen. Diese Maßnahme ist Teil der „Clean Network“-Strategie der Trump-Administration. „Die Initiative Clean Network ist eine umfassende Maßnahme zur Bekämpfung der langfristigen Bedrohung, die bösartige Akteure für den Datenschutz, die Sicherheit, die Menschenrechte und die vertrauensvolle Zusammenarbeit in der freien Welt darstellen“, erklärt US-Wirtschaftsdiplomat Keith Krach im Interview mit DUB UNTERNEHMER.
Neben dem neuen Mobilfunkstandard sollen auch andere chinesische Technologien – darunter Apps, Clouds oder Unterwasserkabel – nicht genutzt werden dürfen. Die Regierung in Washington versucht nun, auch andere Länder davon zu überzeugen, sich gegen China zu wenden. Ob die Bundesrepublik sich daran beteiligen wird, ist allerdings noch unklar.
Die Telekom erreicht heute schon 40 Millionen Menschen mit ihrem 5G-Netz – die Hälfte der dafür notwendigen Antennentechnik kommt von Huawei. Sollte sich Deutschland ebenfalls gegen den chinesischen Lieferanten stellen, wäre nicht Netzausbau sondern -rückbau die Konsequenz, da die Huawei-Komponenten ausgetauscht werden müssten. Dadurch würden hohe Kosten entstehen – und die ehrgeizigen 5G-Pläne hierzulande erst einmal auf Eis liegen.
In welche 5G-Aktien investieren?
Die 5G-Technologie ist ein riesiger Markt, der Unternehmen mit entsprechendem Angebot gute Umsätze beschert. Zu den Profiteuren zählen auf den ersten Blick die börsennotierten Telekommunikation-Gesellschaften wie Deutsche Telekom, United Internet oder Vodafone. Die müssen allerdings zunächst kräftig investieren – in kostspielige Funkmasten, Netze und Anlagen.
Deshalb sollten Anleger auch einen Blick auf die Aktien der Ausrüster werfen. Da kommen etwa Chiphersteller wie Infineon oder Qualcomm ins Spiel. 5G-Zulieferer sind auch die Netzwerkspezialisten Cisco, Ericsson oder die weniger bekannten Schweizer Huber+Suhner. Läuft der Markt für 5G-Telefonie erst einmal richtig an, verdienen dann auch Smartphone-Hersteller wie Apple oder Samsung prächtig.
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