Folgendes Szenario: Die Urlaubssaison ist im vollen Gang und schnell kommt der Gedanke auf, den Familienurlaub spontan um eine Woche zu verlängern und anstatt im Büro, lieber ein paar Tage vom Hotelpool aus zu arbeiten. Viele kennen dieses Modell von digitalen Nomaden wie Soloselbstständige, Freelancer oder Blogger. Doch mit Workation findet der Trend jetzt immer mehr Einklang – unabhängig von der Branche.
Zunächst könnten die beiden Begriffe Arbeiten und Urlaub nicht gegensätzlicher sein – wer arbeitet, soll sich auf die Arbeit konzentrieren und im Urlaub zählt die Erholung. Doch der Trend vereint beide Pole und lässt dabei Arbeiten und Relaxen im Wechsel stattfinden: Vom Laptop geht es quasi direkt an den Strand. Die „Work from Here“-Umfrage des Onlinereisebüros Expedia aus dem November 2020 zeigt: Immer mehr Menschen folgen dem neuen Hype, die ihren Job infolge der Digitalisierung dauerhaft im Remote-Modus ausführen können. Befragt wurden 8.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Demnach will knapp die Hälfte der Befragten eine Auszeit vom heimischen Büro nehmen. Sie wünschen sich, ihren Arbeitsplatz mit Sonne und Strand zu verbinden. SD Worx, ein europäischer Anbieter für Personallösungen, hat den aktuellen Stand rund um den Trend Workation zusammengefasst.
Workation ist nicht für alle Berufsgruppen geeignet
Die Nachfrage nach Workation ist hoch. Der Grund: Die durch die Coronapandemie verbrachte Zeit in den eigenen vier Wänden hat bei vielen Arbeitnehmenden den Wunsch nach einem Tapetenwechsel verstärkt. Zum anderen führte die fortschreitende Digitalisierung im Coronajahr dazu, dass ortsunabhängiges Arbeiten einen enormen Aufschwung erlebt hat.
Wer im Job auf persönlichen Kundenkontakt oder auf eine aufwendige technische Ausstattung – die mehr als nur Laptop, Handy und Internetzugang umfasst – angewiesen ist, hat wohl kaum die Option, im Urlaubsdomizil zu arbeiten. Doch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nun Remote Work gewohnt sind, können von den Vorteilen des Arbeitsurlaubs profitieren. Dafür muss jedoch zunächst ein Antrag beim Chef gestellt werden.
Gemeinsam mit der Arbeitgeberin oder dem Arbeitgeber gilt es inhaltliche Ziele zu definieren und die Rahmenbedingungen – Arbeitszeit, Ort, Dauer und Regeln – abzusprechen. In diesem Zusammenhang spielt auch die Organisation der Reise eine wichtige Rolle, damit ein reibungsloser Ablauf gewährleistet werden kann.
Daher haben sich inzwischen auch einige Reise- und Hotelanbieter – wie Sunny Office, Wireless Life Workation oder DNX Camp – auf diesen Bereich spezialisiert und bieten Komplettpakete mit An- und Abreise, Unterbringung, Verpflegung, Co-Working Space und Internet- sowie Telefonzugang an, die von verschiedenen Firmen genutzt werden und so auch gemeinsames Networken möglich machen.
Rechtliche und steuerliche Situation prüfen und Rahmenbedingungen festlegen
Doch auch rechtlich gibt es einiges zu beachten, denn Workation ist nicht einfach gleichzusetzen mit Homeoffice. Außerdem gelten im Ausland andere Arbeitsgesetze als in Deutschland. Grundsätzlich gilt, sobald mobiles Arbeiten im Arbeitsvertrag vorgesehen ist, dies einmal nur für einen Arbeitsort, der sich innerhalb Deutschlands befindet, schreiben die Autorinnen des Blogs workation.de. Plant der Arbeitnehmer wiederum im Rahmen einer Workation einen Arbeitsaufenthalt im Ausland, so ist eine Zusatz- oder Änderungsvereinbarung im Arbeitsvertrag nötig. Ob eine Workation zu einer Änderung des bestehenden Arbeitsrechts führt, hängt von der Dauer des Aufenthaltes ab. Änderungen betreffen die Sozialversicherung und variieren von Land zu Land.
Workation steigert die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Ein Vorteil liegt auf der Hand: Der Arbeitsurlaub gibt die Möglichkeit, einen Tapetenwechsel zu vollziehen, ohne dabei die kostbaren Urlaubstage zu verbrauchen. Entweder alleine oder als komplette Belegschaft kann das Büro an einen anderen Ort verlagert werden. Das könnte etwa auch als Belohnung kommuniziert werden. Damit wird die Workation zum Teamevent und lässt sich etwa als Teambuilding-Maßnahme nutzen. Ziel: eine neue Umgebung für das Team schaffen, um Kreativität, neue Projekte und Aufgaben zu fördern. Aus dem neuen Arbeitsumfeld können Ideen und Ansätze entstehen. Dabei steigert die neue Art des Arbeitens die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und sorgt mitunter dafür, dass die Arbeitsphasen häufig als sehr produktiv angesehen werden.
Weitere Vorteile sind:
- Die produktive Zeit wird sinnvoller und effektiver genutzt.
- Die fremde Umgebung kann ein wertvolles Plus an Kreativität und neue Sichtweisen bringen.
- Die Zusammenarbeit in Workation-Hotels mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Unternehmen bietet die Möglichkeit, das eigene Netzwerk zu erweitern.
- Die Kombination aus Relaxen und Schaffen bringt im Idealfall ein hohes Maß an Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und unterstützt die Work-Life-Balance.
- Abbau von Berührungsängsten und Stärkung im Teams.
Doch was braucht ein Workation? Damit die Voraussetzungen für eine bereichernde Erfahrung gegeben sind, müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein hohes Maß an Selbstdisziplin mitbringen, denn die Gefahr ist groß, komplett in den „Urlaubsmodus“ zu verfallen.
Die Zeit im Homeoffice in den vergangenen Monaten hat zudem gelehrt: Wer nicht im Büro arbeitet, ist umso mehr auf Kommunikation angewiesen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen auch über lange Distanz zielgerichtet mit ihren Kollegen, Vorgesetzten und Projektteams kommunizieren können.
Bietet Workation nur Vorteile?
Kann man sich erholen, wenn man quasi ständig auf Abruf ist? Diese Frage sollten sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stellen, bevor sie sich an den neuen Trend wagen. Weitere Nachteile von Workation könnten etwa höhere Kosten aufgrund von Unterbringung und Verpflegung in einem anderen Land sein. Auch das ungewohnte Arbeiten im Urlaub kann die Arbeitsleistung und somit Produktivität verringern.
Es mag verführerisch sein, die Arbeitsreise mit Urlaub zu verbinden, doch um Arbeit und Erholung voneinander zu trennen, bedarf es klarer Absprachen mit dem Arbeitgeber über Arbeitsvolumen und Ziele sowie Erreichbarkeit. Denn damit die Erholung nicht zu kurz kommt, ist es entscheidend, dass zwischendurch eben auch abgeschaltet wird.