Illustration von zwei Köpfen die Wissen austauschen
10.06.2021
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Die Liste der Unternehmen, die einst unser Leben geprägt haben und längst wieder daraus verschwunden sind, ist lang: Das erste Nokia-Telefon liegt wahrscheinlich bei Vielen noch auf dem Dachboden, direkt neben der analogen Kamera, in der ein halb verbrauchter Kodak-Film steckt, und dem Videorecorder von SABA.

All diese Unternehmen waren führend in ihrer Branche – doch haben sie sich dann den Veränderungen ihres Marktumfelds nicht schnell genug anpassen können. Das hätte so aber nicht kommen müssen, denn viel Innovationspotenzial lässt sich über die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbst heben – indem sie zum unternehmerischen Denken und Handeln ermutigt werden.

Unternehmerisch denkenden Mitarbeitende können entscheidendes Feedback geben

Denn wenn Mitarbeitende unternehmerisch denken, übernehmen sie Verantwortung und begreifen das Unternehmen als „ihr“ Unternehmen, auch, wenn es ihnen nicht gehört. Wer sich unter den Mitarbeitenden mit dem Unternehmen identifiziert, könnte das entscheidende Feedback geben, um einen Prozess nachhaltig zu verbessern – selbst, wenn er oder sie nicht Teil einer Effizienz-Taskforce ist.

Oder ein Sachbearbeiter betrachtet eine spontane Produktidee nicht einfach als unnützen Gedanken, sondern gibt diese in die entsprechende Fachabteilung weiter – weil er oder sie an die Idee glaubt, nicht an Abteilungsgrenzen. Kurzum: Wer unternehmerisch denkt, denkt und handelt proaktiv zum Wohle des Unternehmens, geht die berühmte Extra-Meile, wenn es mal nötig ist, und hat den Blick über seinen Arbeitsradius hinaus.

Unternehmerisches Denken kann nicht immer verhindern, dass Firmen den Anschluss an technologische Entwicklungen verpassen. Aber es kann zumindest dabei helfen, die Wahrscheinlichkeit zu reduzieren, beim immer schnelleren Wandel nicht mehr mitzukommen. Um unternehmerisches Denken zu ermöglichen, sind aber Firmen und Mitarbeitende gleichermaßen gefragt.

Wie Unternehmen unternehmerisches Denken fördern können

Grundsätzlich gibt es in Firmen rund um unternehmerisches Denken meist eher Bottom-up- als Top-down-Prozesse, bedeutet: Verbesserungen oder gar Innovationen lassen sich schlecht von oben verordnen und werden meist eher in einzelnen Abteilungen angestoßen. Sie können aber vom Unternehmen gezielt gefördert werden. Das kann in Form von institutionalisierten Inseln, etwa Innovation-Hubs, geschehen. Aber auch Management-Training für den persönlichen Austausch und die Motivation von Mitarbeitenden kann „von oben“ kommen.

Hilfreich kann es auch sein, mit externen Coaches als Sparringspartner zusammenzuarbeiten, um Denkfreiheit im Unternehmen zu ermöglichen, die Mitarbeitende dann nutzen können.

Denn letztlich sind es eben jene kulturellen Normen, die einen erheblichen Einfluss auf die Innovationsbereitschaft im Unternehmen haben. Beispielsweise können Awards für Ideen ausgelobt werden, die einen Teilbereich des Geschäftsmodells neu denken oder aber ein neues Produkt als Prototypen entwickeln. Auch über solche Incentives entsteht langfristig eine Kultur, die Fehler erlaubt und Vertrauen vorlebt. Über solche Angebote und das „positive reinforcement“, also die positive Verstärkung, lässt sich unternehmerisches Denken Schritt für Schritt etablieren.

Persönliche Weiterentwicklung mit unternehmerischem Denken

Wer unternehmerisch denkt, hat auch als Nicht-Unternehmer die Möglichkeit, mitzugestalten: im ersten Schritt das Unternehmen, dadurch aber langfristig auch Wirtschaft und Gesellschaft als Ganzes.

Wer als Einzelperson in dieser Denkweise fitter werden möchte, kann diese trainieren, etwa in Projekten. Dort können drei Prinzipien für unternehmerisches Denken oftmals live erprobt werden. Diese sind erstens, dass schnelles Lernen durch intelligente Experimente erfolgt – etwa durch A-B-Tests oder Prototypisierung. Zweitens, dass Scheitern als Teil des Spiels zu akzeptieren ist. Und drittens, dass neue Ideen zu teilen effektiver ist als sie geheim zu halten.

Um dieses unternehmerische Mindset zu bekommen oder weiterzuentwickeln, kann man auch außerhalb des Unternehmens neue Impulse finden. Möglich ist dies zum Beispiel in privaten Initiativen – etwa in Vereinen. Dort können sich Mitarbeitende in verantwortungsvollere Rollen schlüpfen und sich darin weiterentwickeln. Aber auch das Netzwerk – ob persönlich oder virtuell – kann dabei unterstützen. Oftmals bringen zwei, drei persönliche Gespräche schon gute Impulse. Und natürlich: Eine permanente Weiterbildung, fachlich wie menschlich.

Unternehmerisches Denken für die Selbstwirksamkeit

Das Schöne am unternehmerischen Denken ist, dass es für beide Seiten – Unternehmen und Mitarbeitende – fruchtbar sein kann. Im Einklang mit der Arbeit zu sein und eine Selbstwirksamkeit zu entwickeln, kann auch für die persönliche Weiterentwicklung ein wichtiger Schritt sein. Organisationen wie Einzelpersonen tun daher gut daran, ihre Möglichkeiten in diesem Bereich auszuschöpfen.

Zur Person

Porträt von Christoph Seckler

Christoph Seckler

leitet seit 2019 den Lehrstuhl für Entrepreneurial Strategy an der ESCP Business School in Berlin. Er forscht zu Entrepreneurship und speziell zum Lernen aus Fehlern und zu Fehlermanagementkultur

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Peter Borchers

ist seit Ende 2020 Affiliate Professor an der ESCP Business School und Mitbegründer der dort angesiedelten U-SCHOOL, einem Executive Programm für unternehmerische Führungskräfte. Darüber hinaus berät er Entscheiderinnen und Entscheider zu digitalen Innovationen und dem Aufbau sowie Betrieb von Corporate-Start-up-Programmen

10.06.2021
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