„Die wichtigste Frage, die eine Unternehmerin oder ein Unternehmer für sich beantworten muss, lautet: Bin ich für die Unternehmenstransaktion bereit?“, sagt Stefan Götzen, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Partner bei der Deloitte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, in „Der Nachfolge-Talk“. In dem Videocast sprechen Götzen und DUP-Chefredakteur Thomas Eilrich mit Gästen – in der ersten Folge mit der ehemaligen Bundesjustiz- und -wirtschaftsministerin Brigitte Zypries – über die Themen Unternehmensverkauf und Unternehmensnachfolge.
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Götzen ist zudem gesamtverantwortlicher Partner für mittelständische Unternehmenstransaktionen und Nachfolgesituationen bei Deloitte Private. Er weiß, dass die Entscheidung für einen Verkauf mitunter über Jahre oder Jahrzehnte reifen muss. Daher sollten sich Unternehmer möglichst früh mit der Nachfolgeregelung oder einem Verkauf beschäftigen.
Chancen und Risiken im Rahmen der Vendor Due Diligence erkennen
Nach der oftmals schwierigen emotionalen Entscheidung für einen Verkauf ist der Zeitpunkt gekommen, die Hausaufgaben zu erledigen. Denn vor allem die unternehmerischen Fakten sind ausschlaggebend für einen erfolgreichen Verkauf. Und die werden im Auftrag des Verkäufers im Rahmen einer Vendor Due Diligence, einer Art Unternehmens-TÜV, zusammengetragen. Dabei durchleuchten professionelle externe Berater das zum Verkauf stehende Unternehmen nach möglichen Chancen und Risiken. Das ist für den Verkäufer zwar mit Kosten verbunden und über die hergestellte Transparenz auch nicht immer angenehm. Es gibt ihm aber die Chance, offenkundige Probleme vor dem Verkaufsprozess zu lösen und das Transaktionsobjekt für einen Käufer bestmöglich einschätzbar zu machen.
„Mit der Vendor Due Diligence kann der Verkäufer einerseits den Verkaufsprozess optimal gestalten und dem potenziellen Käufer zeigen: So sehe ich aus“, erklärt Götzen. Das Unternehmen wird dadurch für potenzielle Käufer attraktiver; der „Katze im Sack“-Effekt bleibt aus. Und die Transparenz schlägt sich häufig in einem höheren Verkaufspreis nieder.
„Für viele Unternehmer ist es schwierig, sich selbst den Spiegel vorzuhalten“, weiß Götzen. Deshalb brauche es eine dritte Partei, die von außen auf das Unternehmen schaut und eine ehrliche Meinung abgibt – zum Beispiel in Form einer Ist-Analyse als Teil des Vendor-Due-Diligence-Berichts. Denn: Treten im laufenden Verkaufsprozess offene Steuerbescheide, unterlassene Instandhaltungsmaßnahmen oder Rechtstreitigkeiten mit Angestellten oder Geschäftspartnern zutage, kann das unangenehme Folgen haben. Dann steht schnell die gesamte Transaktion oder zumindest ein guter Verkaufspreis auf dem Spiel. „Um das zu vermeiden, sind eine gute Vorbereitung und ein sogenanntes Readyness Assessment zwingend notwendig“, so Götzen.
Mitarbeitende beim Unternehmensverkauf frühzeitig ins Boot holen
Gründe für einen Unternehmensverkauf gibt es viele: den demografischen Faktor – schließlich hat eine ganze Generation von Unternehmerinnen und Unternehmern aktuell das Ruhestandsalter erreicht –, ein lukratives Angebot eines Investors oder auch die berufliche Neuorientierung. Natürlich sind die Vermögens-Diversifikation oder auch die Absicherung des Lebensabends valide Motive.
In der Nachfolge liegt aber auch eine enorme Chance: Die zukunftsfähige Aufstellung eines funktionierenden Unternehmens – beispielsweise in Sachen Digitalisierung und Nachhaltigkeit – kreiert neues wirtschaftliches Potenzial. So erhält das übergebene Lebenswerk eine neue Perspektive.
Für Brigitte Zypries gehört die Frage der Unternehmensnachfolge vor allem in kleinen und mittelgroßen Unternehmen zu den aktuell größten Herausforderungen: „Angesichts des demografischen Wandels wird die Frage, wie Unternehmen weitergegeben werden, immer brisanter.“ Deshalb sei es wichtig, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass das Matching zwischen Abgebenden und Investierenden gefördert werde. Zypries empfiehlt neben einer guten Beratung außerdem: „Kommunizieren Sie einen möglichen Verkauf frühzeitig offen und ehrlich mit ihren Mitarbeitenden.“
Die Equity Story und das Bauchgefühl müssen stimmen
Anders als es viele Experten zu Beginn der COVID-19-Pandemie prognostiziert haben, sind die Transaktionen im Unternehmensbereich – die Mergers & Acquisitions – nicht eingebrochen. Ganz im Gegenteil: „Der Markt brummt. Das Geld ist da – und das Interesse, weiterhin in Deutschland zu investieren, ebenfalls“, erklärt Experte Götzen. Jeder suche aufgrund der niedrigen Zinsen nach attraktiven Anlagemöglichkeiten. Gleichzeitig gebe es aber nicht genügend Assets. In dieser Gemengelage, so Götzen, könne sich ein gut vorbereiteter Unternehmensverkauf finanziell erst recht lohnen. Sein Praxistipp: „Mit einer überzeugenden und zukunftsorientierten Unternehmensstrategie – der richtigen Equity Story – machen Sie als Verkäufer Ihr Unternehmen attraktiver für potenzielle Investoren oder Gesellschafter.“ Zu einer guten Vorbereitung des Verkaufsprozesses empfiehlt der Deloitte-Berater deshalb einen professionellen M&A-Berater.
Um den Verkaufsprozess aber schlussendlich zu besiegeln, ist oftmals das Bauchgefühl ausschlaggebend, das sich in den Verhandlungen zwischen Verkäufer und Käufer entwickelt. „Wenn der Unternehmer das Gefühl hat, dass es nicht passt, bekommt er womöglich nicht die Unterschrift unter den Vertrag. Deshalb würde ich das Bauchgefühl nicht unterschätzen”, so Götzens Erfahrung.