Illustration Unternehmensverkauf - großer Bildschirm mit Charts und Grafiken und ein Mann steht auf der linken Bildseite auf der Leiter und jongliert mit Dollar-Münzen.
07.10.2021    Christian Buchholz
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Den Beginn jeder Unternehmenstransaktion markiert eine altbekannte Herausforderung: Sowohl Verkäufer als auch Käufer möchten den aus ihrer Sicht bestmöglichen Preis erzielen – und müssen, um zusammenzukommen, teils eine deutliche Diskrepanz überwinden. Denn: Unter taktischen und emotionalen Gesichtspunkten könnte die Unternehmensbewertung subjektiver kaum sein. Doch gibt es bewährte Methoden, die für Objektivität sorgen. Und diese bilden die Basis für den letztendlichen Preis.

Darüber und wie sich die Abgabenlast im Verkaufsprozess für die Beteiligten reduzieren lassen, sprechen Stefan Götzen, M&A-Verantwortlicher für Deutschland bei Deloitte Private, sowie sein Kollege, Steuerberater und Rechtsanwalt Dirk Sonnenschein, im zweiten Teil des Videocasts „Der Nachfolge-Talk“ mit Thomas Eilrich, Chefredakteur von DUP UNTERNEHMER.

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Belastbare Finanzkennzahlen sind die Basis für eine Unternehmensbewertung

Beide Deloitte-Partner stellen klar, dass die wesentliche Grundlage für eine Unternehmensbewertung neben einer überzeugenden Equity Story immer belastbare und nachvollziehbare Finanzkennzahlen sind – also Umsatz, EBIT, EBITDA, und Cash-Flow. Je nach Bewertungsverfahren werden diese dann zum Beispiel mit Branchen-Multiplikatoren, so genannten Multiples, vervielfacht und verprobt, um dem Verkaufs- beziehungsweise Kaufpreis näherzukommen. Die Rechnung erscheint auf den ersten Blick simpel: Der Wert der Unternehmung bzw. der gesamten operativen Assets (sog. Enterprise Value) minus der zinstragenden Schulden plus der Bankguthaben ergibt den Equity Value, also den Wert des zum Verkauf stehenden Eigenkapitals.

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So die Theorie, in der Praxis ist es aber meist wesentlich komplizierter. Wenn zum Beispiel betriebsnotwendige und nicht betriebsnotwendige Vermögensgegenstände oder einzelne Wirtschaftsgüter, die der Unternehmer vor dem Verkauf noch in sein Privatvermögen überführen möchte, noch auseinanderdividiert werden sollen. Deshalb empfiehlt Götzen: „Das Verkaufsobjekt sollte vor dem Unternehmensverkauf hinreichend analysiert werden und Gestaltungswünsche- bzw. -möglichkeiten nicht erst im laufenden M&A Prozess diskutiert werden.“

Diese Steuern müssen beim Unternehmensverkauf gezahlt werden

Welche Steuern bei einer Unternehmenstransaktion anfallen, hänge laut Sonnenschein davon ab, wie die Nachfolge am Ende geregelt wird. Also: Handelt es sich um einen Unternehmensverkauf an fremde Dritte oder eine Unternehmensnachfolgeregelung zum Beispiel im Rahmen einer Schenkung oder einem Erwerb von Todes wegen innerhalb der Familie?

„Bei einem Verkauf können – je nach Situation – Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer anfallen.  Weiterhin sind in Abhängigkeit vom zu übertragengenden Vermögen, auch umsatzsteuerliche Implikationen zu beachten. Soweit unmittelbar oder mittelbar auch (deutscher) Grundbesitz betroffen ist, darf die Grunderwerbsteuer nicht vergessen werden, so Sonnenschein.

Demgegenüber sind die Implikationen der Schenkungs- oder Erbschaftssteuer zu beachten, wenn die Unternehmensnachfolge innerhalb der Familie geregelt wird. „Muss die Schenkungs- oder Erbschaftssteuer nach der Übertragung auch aus dem Unternehmen finanziert werden, sollten die einschlägigen Verschonungs- und Begünstigungsregelungen geprüft werden. Sicherlich braucht es dabei auch eine vorausschauende Liquiditätsplanung“, rät Götzen.

Welche steuerlichen Folgen einer Unternehmenstransaktion im Ergebnis auslöst, hängt also davon ab, wer was verkauft. Einen erfahrenen Berater an der Seite zu haben, kann sich deshalb auszahlen. Denn die Bandbreite der anfallenden Steuern ist groß.

„Share Deal“ oder „Asset Deal“?

„Überträgt beziehungsweise verkauft der Unternehmer Anteile an einer Kapitalgesellschaft oder Personengesellschaft, fällt grundsätzlich Einkommensteuer und gegebenenfalls Gewerbesteuer an“, berichtet Sonnenschein. Liegen die Anteile an einer Kapitalgesellschaft im Betriebsvermögen des Unternehmers, sind 60 Prozent des Gewinns im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens in Form von Einkommensteuer sowie Gewerbesteuer steuerpflichtig.

Befinden sich die Anteile im Privatvermögen, ist zu unterscheiden, ob eine so genannte wesentliche Beteiligung von mindestens 1 Prozent an der Kapitalgesellschaft vorliegt. In einem solchen Fall unterliegen die Gewinne ebenfalls dem Teileinkünfteverfahren. Liegt dagegen eine Beteiligung unter 1 Prozent vor, fällt Abgeltungsteuer an (25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer). Hinweis: Steuerfrei ist die Veräußerung einer solchen Kleinstbeteiligung nur, wenn diese vor 2009 erworben wurde.

Beim Verkauf einer (gewerblichen) Personengesellschaft ist aus steuerlicher Sicht grundsätzlich nicht entscheidend, ob ein „Share Deal“ vorliegt, also Anteile an der Personengesellschaft vom Unternehmer übertragen werden, oder die Personengesellschaft ihre Wirtschaftsgüter veräußert beziehungsweise überträgt („Asset Deal“). In beiden Fällen fällt auf den Gewinn Einkommensteuer an. Expertentipp: Die Veräußerung von ganzen Betrieben oder gesamten Mitunternehmeranteilen durch Privatpersonen können einkommen- und gewerbesteuerlich unter anderem in Abhängigkeit von der Höhe des Gewinns und dem Alter des Verkäufers begünstigt werden. Schließlich ist an die so genannte „Progressionsminderung“ zu denken.

Steuerliche Begünstigung beim Unternehmensverkauf ist möglich

Der Gewinn aus der Übertragung von Anteilen an der Personengesellschaft oder der Übertragung (aller) Wirtschaftsgüter kann, soweit er auf den Unternehmer als Privatperson entfällt, von der Gewerbesteuer freigestellt werden, wenn und soweit der gesamte Mitunternehmeranteil einschließlich dem Sonderbetriebsvermögen übertragen wird. Soll oder muss Sonderbetriebsvermögen zurückgehalten werden, sind im Vorfeld der Transaktion Gestaltungsalternativen zu prüfen.

Überträgt jedoch eine Kapitalgesellschaft ihren gesamten Betrieb beziehungsweise einzelne Assets ist der Veräußerungsgewinn als laufender Gewinn zu erfassen und unterliegt regulär der Körperschaft- und Gewerbesteuer (zusammen etwa 30 Prozent). Jedoch wird der Gewinn aus dem Verkauf von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft durch eine Kapitalgesellschaft steuerlich begünstigt und effektiv zu 95 Prozent steuerfrei gestellt.

Verkauft oder überträgt jedoch eine Kapitalgesellschaft Anteile an einer Personengesellschaft, werden grundsätzlich keine Vergünstigungen gewährt, der Gewinn wird als laufender Gewinn regulär besteuert. Aber: Wird später Gewinn aus der Kapitalgesellschaft an den Gesellschafter ausgeschüttet, unterliegt die Dividende beziehungsweise die Gewinnausschüttung dem oben genannten Teileinkünfteverfahren. Das heißt 60 Prozent der Ausschüttung werden mit dem individuellen Steuersatz des Gesellschafters oder des Unternehmers belastet.

Langfristige Vorbereitung kann sich auszahlen

Dass die Unternehmensnachfolge bestmöglich vorbereitet werden müsse, darauf weisen nicht nur die beiden Deloitte-Experten Götzen und Sonnenschein immer wieder hin. Denn mit einer rechtzeitigen und gezielten Weichenstellung lasse sich im Verkaufsprozess auch die Abgabenlast reduzieren, berichtet Götzen. Anhand eines konkreten Beispiels erklärt Steuerexperte Sonnenschein die Optionen: Wenn ein Familienunternehmen oder Teile davon zum Beispiel in eine Kapitalgesellschaft umwandelt werden und eine Holdingstruktur aufgebaut wird. In einem solchen Fall könnten perspektivisch durch eine (Holding)-Kapitalgesellschaft alle oder einzelne Beteiligungen an Tochterkapitalgesellschaften im Wege des „Share Deals“ veräußert werden.

„Dadurch findet grundsätzlich eine Privilegierung statt, die zur Folge hat, dass praktisch 95 Prozent des Gewinns steuerfrei gestellt werden. Gleichzeitig wird das Vermögen nach dem Verkauf dann in einer GmbH gebündelt und steht für weitere Inventionen zur Verfügung“, erläutert Sonnenschein. Diese Lösung sei auch deshalb clever, weil die Effektivbelastung beim Verkauf gesenkt und die vollständige Steuerbelastung zeitlich bis zur Gewinnausschüttung gestreckt werde könne. Allerdings: Bei der Umwandlung eines Unternehmens, beispielsweise von einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft, muss ein zeitlicher Vorlauf eingeplant werden, um drohende Fristverstöße kontrollieren zu können. Erneut ein Argument für die langfristige Planung.

Von der Idee, den Unternehmenssitz im Zuge des Transaktionsprozesses ins Ausland zu verlegen, um die Abgabenlast zu senken, rät Dirk Sonnenschein in den allermeisten Fällen ausdrücklich ab – das greife ohnehin nur dann, wenn es ökonomisch oder betrieblich sinnvoll ist. „Stille Reserven, die unter Geltung des Besteuerungsrechts Deutschlands angelegt wurden, sind bei einem Wegzug grundsätzlich zu versteuern, wenn keine geeigneten Maßnahmen ergriffen werden“, sagt der Deloitte-Experte.

Verkaufsprozess, Vertragsgestaltung, Vermeiden von Risiken: M&A-Spezialisten der namhaften Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte geben im nächsten Teil des Videocasts „Der Nachfolge-Talk“ wertvolle Praxistipps. Schicken Sie Ihre Fragen zu den Themen Unternehmensverkauf und Unternehmensnachfolge an nachfolge@deloitte.de. Wir stellen sie den Experten.

07.10.2021    Christian Buchholz
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