Female Empowerment – das Thema ist nicht neu. Bereits seit einigen Jahren wird viel darüber gesprochen. Trotzdem ist noch immer zu wenig passiert. Damit es nicht nur bei Lippenbekenntnissen bleibt, sondern das Konzept auch wirklich mit Leben gefüllt wird, müssen konkrete Maßnahmen zur Frauenförderung in Unternehmen her. Das bedeutet aber auch, dass in „betroffenen“ Unternehmen unweigerlich ein Kulturwandel einsetzen wird – was jedoch ebenfalls eine gute Nachricht ist.
Female Empowerment: Deutschland hinkt hinterher
Zu Beginn des Jahres veröffentlichte Ernst & Young eine Studie, wonach der Frauenanteil in Vorständen einen neuen Höchststand erreicht hat. Allerdings liegt er nur bei 13,4 Prozent. Auch wenn dies eine Verdoppelung seit 2017 darstellt, geschieht der Wandel hierzulande langsam – gerade im internationalen Vergleich. So belegen Zahlen der Allbright Stiftung aus dem Oktober 2021, dass Deutschland deutlich hinter den USA und UK hinterherhinkt. Schaut man auf den Frauenanteil in Führungspositionen, kommt eine Statista-Berechnung zu dem Ergebnis, dass er im vergangenen Jahr bei insgesamt 24,6 Prozent lag. Auch hier ist noch deutlich Luft nach oben.
Es gilt nicht nur Frauen in Führungspositionen zu bringen, sondern es geht auch darum, Unternehmen generell für die Möglichkeiten neuer Rollenbilder zu öffnen.
Was bedeutet Female Empowerment eigentlich?
Female Empowerment soll dabei für Geschlechter-Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt sorgen, die Einkommensschere schließen und gegen jegliche Art von Diskriminierung von Frauen vorgehen sowie mit Vorurteilen und Geschlechterstereotypen aufräumen. Zudem soll es die Selbstbestimmung und den Wert der Frauen stärken, ohne dass diese sich verbiegen oder verändern müssen.
Die damit einhergehende Diversität bringt jede Menge Vorteile. Indem Unternehmen das Potenzial und die Kompetenzen von Frauen viel stärker nutzen, eröffnet es ihnen einen weit größeren Pool an Fachkräften – ein echter Wettbewerbsvorteil im „War for Talents“. Zahlreiche Studien belegen, dass vielfältige Perspektiven und Erfahrungen die Kreativität und damit die Innovationskraft von Unternehmen steigern, was einen messbaren wirtschaftlichen Erfolg nach sich zieht.
Zudem belegen Studien, dass weibliche Führungskräfte die faireren Entscheiderinnen sind, da sie auf Kooperation und Konsensbildung setzen und in ihren Entscheidungen auch die Meinung anderer einbeziehen. Darüber hinaus haben entsprechende Programme auch einen positiven Effekt auf die Arbeitgebermarke, wie eine aktuelle Studie von Glassdoor zeigt.
So gelingt mehr Diversität im Unternehmen
Als Erstes kommt es auf die oberste Ebene an. Eine Entscheidung für mehr Diversität muss vom Top-Management unterstützt und mit vorangetrieben werden. So erhält sie gut sichtbar die nötige hohe Priorität – am besten in Form der Verankerung in die Unternehmensstrategie. Das sorgt auch für Transparenz auf allen Seiten.
Weiterhin müssen Unternehmen sich bewusst darüber sein, dass Female Empowerment nicht nur darin besteht, mehr Frauen einzustellen, sondern dass es eine Veränderung der Unternehmenskultur und des Mindsets mit sich bringt. Gerade diesen Change gilt es aktiv mitzugestalten. Zum Beispiel durch eine offene Kommunikation zum Thema Diskriminierung von Frauen und der Bestärkung von Emanzipation sowie parallelem Sicherstellen der Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Des Weiteren ist Aufklärung enorm wichtig, damit alle Mitarbeitenden die neue Kultur mittragen können und verstehen. Nicht zu vernachlässigen sind auch entsprechende Maßnahmen und Strategien für das Recruiting, für die Entwicklung der Mitarbeitenden und deren Bindung an das Unternehmen.
Am Anfang steht das (Be-)Werben
Bereits zu Beginn jedes Recruiting-Prozesses geht es darum, auch auf die Gleichberechtigung zu achten. Das beginnt mit der Ansprache und Gestaltung der Stellenanzeigen und auf den Karriereseiten, so dass verschiedene Gruppen von Menschen genderneutral angesprochen werden.
Transparenz im Einstellungsverfahren gibt zudem Einsicht in den Prozess der Geschlechtergleichberechtigung und damit zur Chancengleichheit und ermutigt Frauen zur Bewerbung. Weiterhin ziehen Frauen Frauen an – entsprechend sollten die eigenen weiblichen Fach- und Führungskräfte als Role Models auch nach außen fungieren und im Rahmen von Statements auf der Website oder Speakings auf hauseigenen oder externen Karriereevents für das Unternehmen werben. Kooperationen mit Universitäten sind ebenso empfehlenswert wie die Unterstützung von Mentoring-Programmen zwischen Wirtschaft und Lehre. Nicht zuletzt durch die Teilnahme am Girl‘s Day werden die Nachwuchstalente bereits früh auf das eigene Unternehmen aufmerksam gemacht.
Messbare Ziele machen Chancengleichheit greifbar
Auch die Chancengleichheit ist ein messbarer Prozess und damit etwas, woran professionell geführte Unternehmen gewohnt sind. Wie bei ähnlichen Business-Vorhaben gilt es dann auch, sich für die Diversität und das Female Empowerment klare Ziele zu setzen. Das können KPIs sein, beispielsweise die Steigerung des Anteils weiblicher Führungskräfte. Wichtig dabei ist, dies auch intern sauber zu kommunizieren. Nur so können alle gemeinsam auf das Ziel hinarbeiten.
Erreicht werden können die KPIs dann durch verschiedene Maßnahmen wie zum Beispiel der Verbesserung der Aufstiegschancen durch Weiterbildungen, der Ausweitung von Entscheidungsbefugnissen oder der Stärkung des Selbstbewusstseins. Aber auch Mentoringprogramme können Frauen bei der Planung der eigenen beruflichen Karriere unterstützen, indem höhere Hierarchiestufen auf Basis vereinbarter Ziele den Karriereweg der Mentee unterstützen. Die Etablierung einer gleichstellungsfreundlichen Arbeits- und Führungskultur ist für das Gelingen der Maßnahmen entscheidend.
Karriere und Familie dürfen sich nicht ausschließen
Mitarbeitende, die sich im Unternehmen wohlfühlen und die Möglichkeit haben, ihre Arbeitskraft ihren Stärken entsprechend auf die Unternehmensziele auszurichten, sind motivierter und tragen zum Unternehmenserfolg bei, heißt es. Das gilt auch für Mütter, nur erleben viele Mütter die Doppelbelastung von Job und Familie als eine Zerreißprobe. Dem können Unternehmen entgegenwirken, indem sie Maßnahmen für die Vereinbarkeit beider Pole ergreifen und damit der Chancengleichheit nicht im Wege stehen.
Unterstützen Unternehmen bereits während des Wiedereinstiegs nach der Babypause die Rückkehr in den Job durch eine Rückkehr in die gleiche Position, Bezahlung und Status, so baut es Ängste davor ab und es erhöht die Zufriedenheit und die Motivation. Flexible Arbeitszeitmodelle mit freier Zeiteinteilung oder die Aufteilung einer Führungsposition auf zwei Teilzeitkräfte geben die Möglichkeit der besseren Vereinbarkeit.
Für die aktive und effektive Teilnahme am Arbeitsleben ist es darüber hinaus sinnvoll, Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu unterstützen, etwa einen Zuschuss zur Kindebetreuung, ein Eltern-Kind-Büro oder auch ein informelles Netzwerk für Notfälle zu organisieren. Und nicht zuletzt sollten Unternehmen auch daran mitwirken, das tradierte Rollenbild aufzubrechen und die Elternzeit bei Vätern zu fördern, so dass sie normal wird – auch über die üblichen zwei Monate hinaus. Um Chancengleichheit herzustellen, müssen alle oben genannten Maßnahmen natürlich auch für Väter alltäglich werden.
Der Weg ist das Ziel
Sicherlich ist der Wandel zu mehr Female Empowerment mit einigen Stolpersteinen und Widerständen gepflastert, doch der Weg lohnt sich. Unternehmen, die an diesen Themen bereits länger arbeiten, sehen mittlerweile sehr gute Entwicklungen. Was im Ausland bereits normal ist, braucht in Deutschland noch eine Weile. Es kann jedoch nur dann gelingen, wenn Maßnahmen umgesetzt werden und alle mitziehen. Das ist aber keine Einbahnstraße für einen Arbeitgeber. Auch Frauen sind gefordert, ihre Karriereambitionen offen mitzuteilen und diesen Weg mitzugestalten.