Unternehmen sind aktuell mit andauernden krisenhaften Herausforderungen konfrontiert, die viele reguläre Pläne und Planungszyklen ad absurdum führen. Die größte Herausforderung: Sie müssen schneller und flexibler reagieren und kommunizieren als bisher. Dies gilt vor allem für unvermeidliche Großprojekte wie Restrukturierungen und Sanierungen. Dabei ist die richtige Kommunikationsstrategie mitentscheidend für die erfolgreiche Umsetzung von Change-Prozessen.
Klassische Krisenkommunikation funktioniert nur bedingt bei Restrukturierung
Doch wer kommuniziert schon gerne Themen, die erwartungsgemäß keine positiven Reaktionen hervorrufen? Niemand. Zumal Restrukturierungskommunikation aufgrund der Dynamik und Komplexität der aktuellen Situation mehr braucht als die schrittweise Umsetzung von Maßnahmen in den klassischen vier Phasen eines Restrukturierungsprojekts:
- Krisenanalyse
- Restrukturierungskonzept
- Umsetzung
- Monitoring & Controlling
Zu viele unvorhersehbare und damit nicht planbare und sich überlappende Ereignisse sind derzeit gleichzeitig zu bewältigen. Das ist eine echte Herausforderung – selbst für erfahrene Kommunikationsmanager, die nun nicht mehr einfach auf ihre bereits vorbereiteten Pläne zurückgreifen können.
So kommt es zu Fehlern, die man eigentlich schon im Griff zu haben glaubte – zumindest wenn das Unternehmen schon eine oder mehrere Restrukturierungen hinter sich und daraus gelernt hat. Am häufigsten sind in der Praxis fünf Fehler zu beobachten.
Fehler 1: Verzögerung
Kommunikation beginnt nicht erst mit der offiziellen Verlautbarung eines Restrukturierungsprojekts. Gerüchte, dass etwas im Busch ist, sind intern und extern meistens vorher schon in Umlauf, häufig beschleunigt durch soziale Medien. Aufgrund möglicher rechtlicher Konsequenzen warten Unternehmen trotzdem, bevor sie offiziell etwas kommunizieren. Diese Verzögerung kann in der Folge nur schwer kommunikativ wieder aufgefangen werden.
Fehler 2: Rechtfertigung
Eine Restrukturierung kommt nicht von heute auf morgen. Sie hat immer eine Vorgeschichte. Viele Unternehmen haben ihren Transformationsbedarf in den vergangenen Jahren nicht konsequent genug umgesetzt. Jetzt kommen aktuelle Krisen obendrauf. Und diese Krisen müssen dann als Rechtfertigung für die notwendige Restrukturierung herhalten. Doch wer so argumentiert, macht sich unglaubwürdig.
Fehler 3: Verharmlosung
Viele Managerinnen und Manager scheuen sich leider immer noch, die Dinge unbarmherzig beim Namen zu nennen. Die meisten Menschen hören ungern, was sie ohnehin nicht hören wollen. Wenn dann auch nicht klar kommuniziert wird, kommt die schmerzhafte Botschaft bei den Betroffenen noch weniger an – außer vielleicht in Form von Interpretationen in schlecht recherchierten Medienberichten.
Fehler 4: Verwirrung
Kurswechsel sind bei Restrukturierungsprojekten keine Seltenheit. Leider schaffen sie häufig Verwirrung – aber nur, wenn sie nicht ausreichend erklärt werden.
Und: Auf gar keinen Fall sollten Kurswechsel überraschend wirken – so, als hätte das Management selbst keinen Plan. Wer nicht ständig am Ball bleibt und Kommunikationsinhalte und -kanäle permanent orchestriert, sorgt im Change-Prozess für Verwirrung anstelle von Orientierung.
Fehler 5: Übertreibung
Change-Prozesse sind die Stunde der Wahrheit. Wer die Wahrheit allerdings schon vor einer Restrukturierung überstrapaziert und beispielsweise tendenziell schlechte Botschaften verkündet hat – etwa um Sparmaßnahmen zu rechtfertigen –, hat nun ein echtes Problem und kann mit Entgegenkommen der Belegschaft nicht mehr rechnen.
Wie gelingt Restrukturierungskommunikation?
Im Umkehrschluss lassen sich aus diesen Fehlern die wichtigsten Regeln für eine gelungene Restrukturierungskommunikation ableiten: ein festgelegtes Timing, Klarheit, Transparenz, Orientierung, Ehrlichkeit. So kann die Restrukturierung nämlich als Chance für eine echte Transformation genutzt werden, um die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens und die Motivation seiner Mitarbeitenden zu erhalten.
Meiner Erfahrung nach sind dies wichtige Erfolgsfaktoren bei der Restrukturierungskommunikation:
Kommunizieren Sie ein präzises und sinnhaftes Zukunftsbild. Eine Perspektive für die Zeit nach einer Restrukturierung ist wesentlicher Bestandteil einer Kommunikation, die Menschen dazu ermutigt, aktiv zu bleiben. Wer eine klare Vorstellung einer lohnenden Zukunft hat, ist motivierter und gestaltet diese auch mit.
Schätzen Sie den Wert des Bestehenden. Nicht alles ist oder war schlecht, nur weil es jetzt besser werden muss. Die bisherigen Strukturen und Arbeitsweisen haben für die meisten Mitarbeitenden Sinn gemacht. Jetzt braucht es eine schlüssige Erklärung für das Neue.
Leben Sie die Veränderung vor, jeden Tag. Das gilt vor allem für Entscheider, die in der Restrukturierung unter besonderer Beobachtung stehen. Keine offizielle Kommunikation kann das Vorleben des Managements ersetzen.
Beteiligen Sie Ihre Mitarbeitenden so gut es geht. Je mehr aus Betroffenen Beteiligte werden, desto besser gelingt es, durch die Krisen und Veränderungsprozesse zu kommen. Dazu braucht es eine Change-Kommunikation mit passgenauen Werkzeugen, Dialogformaten und Unterstützungsangeboten für Führungskräfte und Angestellte.
Nutzen Sie alle Emotionen. Gerade in Restrukturierungen sind negative Emotionen wie Ängste handlungshemmend. Umso wichtiger ist es, diese wahrzunehmen und ernst zu nehmen sowie adäquat damit umzugehen. Das gemeinsame Durchleben einer Restrukturierung stärkt erfahrungsgemäß die Organisation und die Menschen und macht sie resilienter. Denn die nächste Restrukturierung kommt bestimmt.