Nach 37 Jahren Unternehmensgeschichte ging plötzlich alles schnell: Gut ein Jahr nachdem Remo Egner-Walter und der Co-Eigner Franz Schüler den Auftrag zum Verkauf ihres Unternehmens EWS Document Solutions vergeben hatten, traf der Erlös aus der Transaktion auf ihren Konten ein.
„Das ist ein normaler Zeitraum für einen Unternehmensverkauf“, sagt Reiner Grönig, Vorstand der Unternehmensbörse Grönig & Kollegen und Spezialist in Sachen Unternehmensbewertung sowie Nachfolgelösungen. Seiner Erfahrung nach dauern derartige Vorgänge zwischen drei Monaten und drei Jahren.
EWS mit Sitz in Mannheim bietet Hardwareprodukte von Canon und Kyocera aus dem Druckbereich sowie individuelle Softwarelösungen für Unternehmen an. Warum der Verkauf erfolgte? Aus Altersgründen, beide Chefs sind über 60 Jahre alt. Gab es nicht die Möglichkeit einer Nachfolgelösung innerhalb der Familie? „Die Kinder haben sich für andere berufliche Wege entschieden“, sagt Egner-Walter.
Immobilienverkauf vorgezogen
Dass Grönig & Kollegen die Nachfolgersuche übernahmen, war kein Zufall. Grönig: „Einer unserer Berater ist mit der Branche gut vertraut. Er kennt die beiden Firmenchefs bereits länger und wusste deshalb um ihr Alter. Wir haben Egner-Walter auf ein mögliches Verkaufsinteresse hin angesprochen.“
Die Berater stießen auf offene Ohren: „Wir haben bereits vor zwei Jahren das Firmengebäude verkauft und zurückgemietet“, so Egner-Walter. „Es handelt sich immerhin um rund 4.000 Quadratmeter Fläche. Der hohe Immobilienpreis hätte uns einen Verkauf deutlich erschwert.“ Sonstige Anpassungen, etwa in der Managementstruktur, mussten nicht vorgenommen werden: „Wir haben die Braut nicht geschmückt.“
Das ist nicht bei jeder Verkaufstransaktion der Fall. Berater Grönig: „Zum häufigsten Fehler bei der Nachfolgersuche gehört mangelnde Vorbereitung. Oft fehlt es auch an einer zweiten Führungsebene. Dann ist das Unternehmen sehr abhängig vom Chef. Zudem ist es vielfach um die Profitabilität nicht gut bestellt.“
Ein weiteres, immer wieder anzutreffendes Erschwernis sind überzogene Preisvorstellungen der Verkaufsseite. Nicht so bei der Transaktion von EWS. „Wir bewerten vorsichtig, um für die Kunden die gewünschten Preise auch zu realisieren. Das ist unser Modell“, sagt Grönig. „Bestehen beim Verkäufer unrealistische Preisvorstellungen, nehmen wir den Auftrag nicht an. Lieber lehne ich ein Mandat ab, bevor ich damit nur Ärger habe.“ So wurde für EWS der Preis bezahlt, der im Exposé – dem Verkaufsprospekt – gestanden hatte. Egner-Walter: „Der bewegte sich im einstelligen Millionenbereich.“
Erweiterung des Interessentenkreises
Dass sich der Wunschpreis durchsetzen ließ, verwundert wenig. „Es bestand erhebliches Interesse; uns lagen circa 40 Angebote vor“, so Grönig. Darunter waren Anbieter aus der Branche, also Wettbewerber, Management-Buy-in-Kandidaten und Private-Equity-Gesellschaften. Egner-Walter: „Wir entschieden uns für einen erfahrenen Manager, der unsere Branche bereits kannte. Wir wollten nicht, dass ein Konkurrent oder eine Finanzgesellschaft EWS übernimmt, weil wir darin eine Gefahr für die Ausschlachtung des Unternehmens sahen.“ Immerhin liegt das Durchschnittsalter der Mitarbeitenden bei circa 50 Jahren. Wie reagierten die Beschäftigten auf den Verkauf? „Da wir die Ältesten im Betrieb waren, überraschte die Nachfolgersuche nicht allzu sehr. Zunächst waren die Mitarbeitenden betrübt, nachdem sie den Käufer kennengelernt hatten, später dann erleichtert.“ Denn dieser gab Garantien für die Arbeitsplätze und den Standort und versprach zudem, vor Ort tätig zu sein.
Obwohl Grönig & Kollegen EWS auch über ihre eigene Unternehmensbörse im Internet angeboten hatte, fand sich der Käufer letztlich über die Börse DUB.de. „Sie erweitert für uns den Kreis der Interessenten erheblich“, so Grönig. Er nutzt diesen Weg bereits seit der Gründung der Plattform vor nunmehr gut zehn Jahren.
Provision im Erfolgsfall
„Ohne gute Beratung wäre uns der Unternehmensverkauf sehr viel schwerer gefallen“, ist sich Egner-Walter sicher. „Er war uns eine große Hilfe.“ Diese Hilfe von Spezialisten gibt es selbstverständlich nicht zum Nulltarif. Grönig: „Wir haben eine Preisstaffel. Die richtet sich nach der Höhe des Verkaufspreises. Für eine Transaktion im Volumen zwischen fünf und zehn Millionen Euro berechne ich eine Erfolgsprovision von vier Prozent“, sagt Grönig, dessen Gesellschaft zehn bis zwölf Unternehmensverkäufe pro Jahr begleitet. Fällig wird die Provision allerdings nur bei einem realisierten Geschäft. Gelingt es nicht, einen geeigneten Käufer zu finden, gehen Grönig & Kollegen leer aus.
Zunächst standen die beiden EWS-Geschäftsführer Egner-Walter und Schüler dem neuen Eigentümer nach ihrem Unternehmensverkauf noch mit Beratung zur Seite. Doch das war schon zum Ende vergangenen Jahres nicht mehr notwendig. „Wir sind jetzt raus“, sagt Egner-Walter. Und nun? „Ich sortiere mich.“ Zurzeit hält ihn ein Bauprojekt in Griechenland auf Trab: „Ich baue bei der Küstenstadt Kalamata auf dem Peloponnes zwei Häuser – eines davon zur Vermietung.“ Ob er noch einmal eine neue unternehmerische Herausforderung eingehen würde? „Ja, wenn sich etwas Passendes bietet.“