Straßen mit schnellen Fahrzeugen dient als Symbolbild für eine höhere Geschwindigkeit bei der Entscheidungsfindung
11.11.2022
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Zeit haben wir heute alle zu wenig. Und doch nehmen wir uns in Deutschland für vieles sehr viel Zeit. Die Bürokratie etwa raubt uns wertvolle Energie. Es gibt zahlreiche Zeitdiebe, die ihr Unwesen treiben und uns mit Formularen, langen Wartezeiten und „Unpragmatismus“ ausbremsen.

Es dominiert das Mikromanagement bei jedem kleinsten behördlichen Vorgang – und schon vergehen wieder Wochen ehe man ein Stück weiter kommt. Zwischendurch gibt es Gutachten und Stellungnahmen, tagen Kommissionen, Beiräte und Ausschüsse. Jeder gibt seinen Senf dazu, ehe es wieder einen Schritt weitergeht.

Perfektionismus kann kontraproduktiv sein

Geschwindigkeit ist für mich deshalb nicht nur ein besonders wichtiger Future-Skill, um der digitalen Transformation zu entgegnen. Es ist DAS Thema schlechthin. Doch die zurückliegenden Jahrzehnte zeigen, dass Schnelligkeit nicht die Sache der deutschen Wirtschaft ist.

Das Pareto-Prinzip – 80 Prozent der Leistung werden mit 20 Prozent des Gesamtaufwands erbracht – ist für viele ein Fremdwort. Stattdessen setzen wir auf Perfektionismus und Fehlervermeidung. Aus Angst vor Entscheidungen wird Geschwindigkeit in Prozessen herausgenommen. 

CEOs gehen auf Nummer sicher und scheuen Risiken

Nach einer etwas älteren Analyse der „WirtschaftsWoche“ nutzen CEOs einen großen Teil der Arbeitszeit dafür, sich nicht angreifbar zu machen und die eigene Position nicht zu gefährden. Denn es gilt: Wer schnell ist, kann Fehler machen und das kann Ärger bedeuten. Also mache ich im Zweifel langsam – dann passiert (einem selbst) nichts.

Experimentierfelder in Unternehmen zu etablieren, in denen Innovationen ausprobiert werden, ist unter diesen Voraussetzungen schwierig. Das ist deshalb ein perfektes Spielfeld für Coaches und Berater, die damit Geld verdienen – und bei denen es häufig bei der Theorie bleibt. Denn in der Praxis wird gemach gemacht. Sicher ist sicher.

Entscheidungsfindung lieber beschleunigen

Und dann gibt es noch den Mythos, dass Langsamkeit mit Qualität gleichzusetzen ist. Ich sage: Nein! Für mich ist Geschwindigkeit ein Ausdruck von Qualität.

Geschwindigkeit kann in der Branche, in der ich arbeite – dem Gesundheitswesen –, sogar Leben retten. Eine schnelle Datenverfügbarkeit in cloudbasierten Lösungen am Krankenbett und elektronische Patientenakten könnten die Entscheidungsfindung über die richtige Behandlung beschleunigen und viele weitere Menschen retten – wenn wir uns nicht mit Datensicherheitsdebatten selbst ausbremsen würden.

Nur weil ich etwas langsam mache, wird es nicht besser. Erfolg hat drei Buchstaden: tun. Aber bitte schnell.

Zur Person

Professor David Matusiewicz von der FOM Hochschule

David Matusiewicz

ist Professor für Medizinmanagement an der FOM Hochschule. Seit 2015 verantwortet er dort als Dekan den Hochschulbereich Gesundheit & Soziales

Kolumnen, Kommentare und Gastbeiträge auf DUP-magazin.de geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin wieder, nicht die der gesamten Redaktion.
11.11.2022
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