Eine Waage aus Code als Symbol für LegalTech
12.04.2023
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Die wirtschaftliche Lage bleibt angespannt. Steigende Betriebskosten treffen neben verstärktem Wettbewerb auf stagnierende oder sinkende Umsätze. Die Folge: Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) müssen Möglichkeiten suchen, um Kosten zu reduzieren und die operative Effizienz zu erhöhen. Außerdem schrumpfen die Budgets für dringend benötigte Investitionen.

Aufgrund dieser Herausforderungen besteht die Gefahr, dass bestimmte Bereiche nicht die notwendige Aufmerksamkeit erhalten. Dies gilt insbesondere für sämtliche rechtliche Themen, deren Bedeutung Unternehmen tendenziell unterschätzen.

Rechtliche Aspekte ignorieren? Das ist keine gute Idee

Die Rechtsabteilung bildet eine wichtige Grundlage eines jeden Unternehmens, denn sie deckt ein breiteres Themen- und Aufgabenspektrum ab als häufig angenommen. Dieses reicht von Arbeitsverträgen über Kooperationsverträgen mit Partnern bis hin zur DSGVO-Compliance oder ESG-Richtlinien.

Klar ist auch, dass die rechtlichen Anforderungen an Unternehmen insgesamt zunehmen. Nicht nur die Menge der zu bearbeitenden Aufgaben wächst, sondern auch die Komplexität der Rechtslandschaft nimmt zu. Das bestätigte kürzlich die Studie „Future Ready Lawyers des Informationsdienstleisters Wolters Kluwer.

Mit Blick auf die nach wie vor drohende Rezession stehen Entscheidungsträgerinnen und -träger vor der schwierigen Frage, wie sie mit rechtlichen Themen umgehen sollen. Zwei Optionen stehen zur Wahl:

  • entweder bestimmte rechtliche Aspekte ganz bewusst vernachlässigen, um Kosten zu sparen,
  • oder neue Methoden implementieren, um mit begrenzten Ressourcen sogar bessere Ergebnisse zu erzielen.

Die erste Option ist aus geschäftlicher Sicht hochriskant und nicht empfehlenswert.

Doch welche konkreten Schritte können KMU nun einleiten, um in rechtlichen Themen spürbare finanzielle und kapazitäre Entlastungen zu erreichen – und zwar ohne Verluste in puncto Qualität und damit Rechtssicherheit und Kontrolle zu riskieren?

Automatisierte Prozesse schonen Ressourcen

Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Digitalisierung und Prozessautomatisierung. In Bereichen wie Buchhaltung und Personalwesen ist der Wechsel zu digitalen Tools für viele KMU mittlerweile selbstverständlich. Warum also nicht auch bei rechtlichen Themen?

Häufige Probleme in diesem Bereich betreffen vor allem grundlegende Aspekte. So nutzen Unternehmen ohne ausreichendes internes Fachwissen oder Zugang zu externen Anwälten Vertragsvorlagen aus dem Internet, von Geschäftskontakten oder Freunden. Diese sind allerdings oft veraltet und fehlerhaft. Besonders im Arbeitsrecht, das regelmäßig rechtliche Neuerungen erfährt und im Tagesgeschäft eine wichtige Rolle spielt, können solche Fehler gravierende Folgen haben.

Ein weiteres Problem besteht darin, dass Unternehmerinnen und Unternehmer zwar bewusst ist, dass sie bestimmte Anforderungen wie die der DSGVO einhalten müssen. Jedoch wissen sie nicht genau, wie sie dies konkret umsetzen sollen. Diese Unklarheiten führen in der Praxis häufig dazu, dass es keine einheitlichen Prozesse und Vorgaben für rechtliche Themen gibt und verschiedene Abteilungen in isolierten Silos arbeiten. In der Folge verliert die Geschäftsführung den Überblick über wichtige Fristen und darüber, wer mit welchen Vorlagen arbeitet. Das birgt Fehlerquellen.

Tipp: LegalTech erstmal im kleinen Rahmen testen

Wie können KMU also den Übergang zu LegalTech-Lösungen einleiten?

Der entscheidende Faktor ist, den Mut zu haben, einfach loszulegen, um keine wertvollen Ressourcen – und damit bares Geld – zu verschwenden. Es ist sicher empfehlenswert, eine All-in-one-Lösung zu wählen, um sich nicht in mehrere Programme einarbeiten und diese zusätzlich aufeinander abstimmen zu müssen.

Mittlerweile gibt es Software-as-a-Service-Plattformen, die weder aufwendige Installationen noch zeitintensives Onboarding benötigen. Solche Plug-&-Play-Lösungen gewährleisten eine reibungslose und einfache Integration in die Unternehmensprozesse, so dass sich die Kosten für KMU in kürzester Zeit amortisiert haben.

Es bietet sich an, zunächst mit einem Team zu starten, das auf Basis seiner Erfahrungen Bedürfnisse und Pain Points identifiziert und anschließend neue Standards für das gesamte Unternehmen entwickeln kann.

Vorteile von LegalTech im Überblick

Der Einsatz von Automatisierungssoftware minimiert Fehlerquellen – insbesondere bei standardisierten, repetitiven Aufgaben, die erfahrungsgemäß den Löwenanteil aller anfallenden rechtlichen Angelegenheiten ausmachen.

Wenn alle Mitarbeitenden dieselben und vor allem rechtssichere Vorlagen nutzen, verbessert sich für das Unternehmen neben dem professionellen Außenauftritt auch das Risikoprofil im Rechtsbereich. Schließlich verlassen dann stets Dokumente mit dem gleichen Standard und einheitlicher Optik das Haus. Darüber hinaus spart der Einsatz intelligenter rechtlicher Helfershelfer Zeit und ermöglicht es Mitarbeitenden, sich auf andere wichtige Aufgaben zu konzentrieren.

Ein weiterer bedeutender Vorteil von ganzheitlichen LegalTech-Lösungen ist die erhebliche Vereinfachung der Expansion ins Ausland. Gerade in der aktuell schwierigen Wirtschaftslage kann es für KMU ein entscheidender Schritt sein, neue Märkte zu erschließen. Da die wenigsten Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer tiefergehende Kenntnis über die rechtlichen Anforderungen in neuen Märkten besitzen, kann eine All-in-one-Plattform, die sowohl für den Heimatmarkt als auch für die neuen Märkte den benötigten rechtlichen Support bietet, einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz bieten.

Transformation ist auch im Rechtsbereich notwendig

Um es kurz und knapp auf den Punkt zu bringen: Die Digitalisierung im Rechtsbereich ist kein temporärer Trend, sondern wird mehr und mehr zur Voraussetzung für einen zukunftsorientierten, nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Mittelstand.

Die Coronapandemie hat diesen Wandel beschleunigt. Und die Bedeutung von LegalTech wird auch weiterhin zunehmen. Je eher KMU auf den fahrenden Zug aufspringen, desto besser sind sie auf bevorstehende Herausforderungen und die wachsende Komplexität ihrer rechtlichen Belange vorbereitet.

Es ist zudem zu erwarten, dass Rechtsabteilungen zunehmend datenbasiert und -gesteuert arbeiten werden, um wertvolle Informationen zu gewinnen und Geschäftsstrategien gezielt zu optimieren. LegalTech-Lösungen bilden die Basis für diese Transformation und schaffen darüber hinaus Raum für künftige Entwicklungen – Stichwort: Künstliche Intelligenz.

Zur Person

Olga Beck-Friis, Gründerin des LegalTech PocketLaw

Olga Beck-Friis

ist COO und Co-Founder des LegalTech-Unternehmens PocketLaw. Bevor Beck-Friis das Start-up gemeinsam mit Kira Unger gründete, war sie Consultant bei McKinsey & Co.

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12.04.2023
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