Haben Unternehmen Umfragen oder Studien in Auftrag gegeben, kann es ratsam sein, die Ergebnisse kritisch beziehungsweise wenigstens sehr aufmerksam zu betrachten. Dies gilt auch in der Welt der sozialen Netzwerke. Daher scheint es wenig überraschend, wenn Snapchat in einer selbstbeauftragten Studie über die Nutzung von Social Media-Apps gut abschneidet. Befragt wurden über 1.000 Nutzer im Alter von 13 bis 44 Jahren. Snapchat selbst zu nutzen, war keine Teilnahmevoraussetzung. Betrachtet wurden neben Snapchat noch Facebook, Instagram, Twitter und Youtube. Weshalb Pinterest, das Ende 2019 zum drittgrößten sozialen Netzwerk der USA geworden sein soll und Snapchat auf den vierten Rang verdrängt habe, nicht in der Studie aufgeführt ist, kann nur gemutmaßt werden. Für Online-Marketingexperten kann ein Blick in die Ergebnisse trotz allem interessant sein.
Netzwerke lösen (sehr unterschiedliche) Gefühle aus
Die Befragten sollten in einer Kategorie angeben, welches Netzwerk welche Emotion bei der Nutzung auslöst. Aus den Antworten wurden die jeweils neun am häufigsten genannten Gefühle entsprechend zugeordnet. Mit Youtube und Instagram werden nur positive Eindrücke verbunden, weiterhin beschreiben die Nutzer diese beiden als besonders inspirierend. Auch mit Snapchat werden viele angenehme Emotionen wie kreativ und attraktiv sein verknüpft. Facebook schneidet in dieser Sparte durchwachsen ab. Neben Zuordnungen wie informiert sein oder sich verbunden und unterhalten fühlen, werden ebenfalls überfordert, schuldig und einsam sein aufgeführt. Trotz der Assoziation informiert sein, verbinden die Befragten die meisten negativen Gefühle mit Twitter. Hier werden Begriffe wie besorgt, isoliert oder deprimiert sein aufgezählt.
Wofür werden die jeweiligen Netzwerke genutzt? Die Ergebnisse sind zwar teils vorhersehbar, sie fördern aber auch Überraschungen zutage. Dass für viele Account-Inhaber von Snapchat und Instagram das Teilen von Fotos und Videos elementar ist, verwundert wenig. Allerdings geben die User an, dass sie diese Netzwerke fast ausschließlich privat nutzen, beispielsweise als Kontaktmöglichkeit mit Freunden. Bei Facebook stehen der Austausch mit der Familie sowie Information zu Veranstaltungen im Vordergrund. Twitter und Instagram vereinen das Interesse daran, Prominenten zu folgen. Bei Twitter liegt der Fokus klar auf Informationsbeschaffung und Diskussion. Etwas verblüffend erscheint jedoch, dass Youtube als einziges Netzwerk genannt wird, das zur Beschaffung von Produktinformationen vor einem Kauf verwendet wird.
Gelegenheit macht Social Media
In welchen Situationen beschäftigen sich die Nutzer jedoch überwiegend mit den Apps der sozialen Netzwerke? Die Nutzung in den eigenen vier Wänden ist weiterhin hoch. Hier führt Facebook die Statistik mit 76 Prozent an. 42 Prozent nutzen es am liebsten als Einschlafhilfe, 39 Prozent aller Teilnehmer zur Überbrückung von Wartezeiten. Bei Pendlern haben allerdings Snapchat und Twitter mit jeweils 29 Prozent mit Abstand die Nase vorn. Wenn es ums Reisen geht, hält Snapchat mit 24 Prozent jedoch die Spitzenposition. Auch in weiteren Freizeitkategorien wie allgemein gesellschaftliche Ereignisse und konkreter beim Shoppen oder in Gesellschaft mit Freunden liegt Snapchat an erster Stelle. Bei Letztgenanntem mit 34 Prozent aller Befragten sogar mit weitem Abstand vor dem zweitplatzierten Instagram mit 20 Prozent.
Da in der veröffentlichten Umfrage die Zielgruppen nicht genauer in Altersgruppen eingeteilt sind, kann diese für die meisten Social Media-Experten wohl nur einen Richtwert bieten. Ebenfalls ist nicht eindeutig, ob die Befragten länderübergreifend oder nur aus den Vereinigten Staaten ausgewählt wurden. Auch dies kann das Übertragen der Ergebnisse auf den deutschen Markt unter Umständen schwierig machen.
Hierzulande liegt laut einer repräsentativen Studie des Deutschen Institutes für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI) beispielsweise WhatsApp mit 99 Prozent der Teilnehmer zwischen 14 und 25 Jahren an erster Stelle der täglichen Social-Media-Nutzung. Auf dem zweiten Rang folgt Youtube mit 96 Prozent und auf Platz drei Instagram mit 73 Prozent täglicher Anwendung. Auf immerhin immer noch 67 Prozent kommt Facebook in der Studie, was einer abnehmenden Relevanz der Anwendung in der untersuchten Altersgruppe in Deutschland zwar nicht direkt widerspricht, den Tod des Netzwerkes aber zumindest noch nicht bestätigen kann.