Es gibt Themen, die gehen jeden etwas an. Nachhaltigkeit ist so ein Thema. Denn nur wenn alle an einem Strang ziehen, lassen sich die Schäden infolge des Klimawandels zumindest noch begrenzen.
Laut der Studie „Net Zero by 2050“ von BNY Mellon Investment Management liegt die Weltwirtschaft allerdings bei der Erreichung des Netto-Null-Ziels deutlich hinter dem Zeitplan zurück. Sollen die Emissionen bis 2050 – wie im Pariser Klimaabkommen vereinbart – wirklich auf null gedrückt werden, ist vor allem eines nötig: Geld.
Genauer gesagt: Mit „grünen“ Investitionen in Höhe von 100 Billionen US-Dollar ließe sich das Ziel noch erreichen, hat BNY Mellon errechnet. Diese Summe entspricht etwa drei Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts in den kommenden 30 Jahren.
Verschärfte Regeln für Nachhaltigkeitsberichte
„Das Erreichen von Netto-Null bis 2050 erfordert hohe Investitionen in die Energiewende, aber es ist machbar“, sagt Shamik Dhar, Chefökonom bei BNY Mellon, – und ergänzt: „Investitionen sind jedoch nur eine Seite der Medaille. Es bedarf umfassenderer politischer Maßnahmen, um das Tempo der Dekarbonisierung zu beschleunigen.“
Um den Handlungsdruck auf Unternehmen zu erhöhen, setzt die EU in erster Linie auf Transparenz: Ab 2024 sind Unternehmen gezwungen, weitaus mehr über ihr Nachhaltigkeitsengagement offenzulegen als bisher. Denn dann gilt die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Ziel dieser EU-Richtlinie ist es, die nicht-finanzielle und die finanzielle Berichterstattung gleichzustellen.
Mit den zwölf European Sustainability Reporting Standards (ESRS), die die Basis der CSRD bilden, verschärfen sich die Vorgaben zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Und: Sie betreffen auch deutlich mehr europäische und außereuropäische Unternehmen als die bisher geltende Non-Financial Reporting Directive (NFRD).
Wen betrifft die CSRD?
Laut NFRD waren bis dato nur knapp 500 deutsche Unternehmen berichtspflichtig. Künftig gilt das hierzulande für rund 15.000 Firmen sowie EU-weit für 50.000 statt wie bisher 11.700 Unternehmen.
Die ESRS befolgen müssen alle Unternehmen, die an einer europäischen Börse gelistet sind – einschließlich kleiner und mittelständischer Firmen (KMU), sowie nicht-börsennotierte Unternehmen mit Sitz in der EU, die zwei dieser drei CSRD-relevanten Kriterien erfüllen:
- Sie beschäftigen mehr als 250 Mitarbeitende.
- Sie machen einen Umsatz von über 40 Millionen Euro.
- Die Bilanzsumme liegt bei mehr als 20 Millionen Euro.
Darüber hinaus müssen auch Nicht-EU-Unternehmen mit einem Nettoumsatz von 150 Millionen Euro in der EU einen ESRS-konformen Nachhaltigkeitsbericht vorlegen.
Was müssen Nachhaltigkeitsberichte künftig enthalten?
Die CSRD verpflichtet Unternehmen dazu nachprüfbar offenzulegen, wie sich ihre Aktivitäten auf Menschen und den Planeten auswirken. Zudem müssen sie darlegen, welche Folgen Entwicklungen wie der Klimawandel für ihr Business haben. Damit folgt die Richtlinie dem Prinzip der doppelten Wesentlichkeit.
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung muss qualitative sowie quantitative Informationen beinhalten, die sowohl rückblickend als auch vorausschauend sind und einen kurz-, mittel- und langfristigen Zeitraum abdecken. Berücksichtigt werden müssen dabei künftig alle ESG-Kriterien – also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Das umfasst unter anderem Aspekte wie Menschenrechte, Korruptionsbekämpfung, Kreislaufwirtschaft, Diversität im Unternehmen, Arbeitsschutzmaßnahmen oder den Umgang mit den eigenen Arbeitnehmenden.
Wichtig ist zudem: Das Reporting muss von einem unabhängigen Externen geprüft werden.
Umsetzungsprojekte bereits jetzt starten
Für das Geschäftsjahr 2024 sind erst einmal nur die knapp 500 deutschen Unternehmen nach den neuen Regeln berichtspflichtig, die auch jetzt schon ihr Nachhaltigkeitsengagement recht umfangreich offenlegen müssen. Diese Firmen verfügen intern bereits über entsprechende Strukturen und Prozesse zur Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten.
Der Großteil der neu berichtspflichtigen Unternehmen wird für das Geschäftsjahr 2025 erstmals berichten müssen; börsennotierte KMU können sich in einer Übergangszeit bis 2026 von der Berichtspflicht befreien lassen. Und auch wenn das noch weit weg klingt: Wer intern noch keine erprobten Berichtsprozesse aufgesetzt hat, sollte möglichst keine Zeit verlieren und sich auf die neuen Erfordernisse einstellen.
Unzählige Unternehmen sind mittelbar von der CSRD betroffen
Die CSRD verlangt, dass Unternehmen ESG-Informationen entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette offenlegen. In der Folge heißt das: Auch Firmen, die offiziell selbst keinen Bericht vorlegen müssen, können die EU-Richtlinie nicht ignorieren und müssen sich mit dem Thema Nachhaltigkeitsberichterstattung beschäftigen, wenn sie Teil der Lieferkette von verpflichteten Unternehmen sind.
Verantwortliche in diesen Betrieben müssen sich darauf einstellen, dass bereits ab dem Geschäftsjahr 2024 nötige Informationen zur Wertschöpfungskette bei ihnen angefragt werden.
ESG-Berichterstattung wirkt sich positiv aufs Business aus
Doch laut einer Studie von Workiva, einem Anbieter von Softwarelösungen für die regulatorische, finanzielle und ESG-Berichterstattung, gibt es hierzulande erheblichen Nachholbedarf: Zwei Drittel der befragten Entscheidungsträgerinnen und -träger sind der Meinung, dass ihr Unternehmen nicht ausreichend darauf vorbereitet ist, seine ESG-Ziele zu erreichen und die gesetzlichen Anforderungen an die Berichterstattung zu erfüllen. Ein Grund dafür sind veraltete IT-Infrastrukturen, die verhindern, dass effiziente Prozesse und Arbeitsabläufe zur ESG-Berichterstattung etabliert werden können.
Für die meisten Unternehmen ist Nachhaltigkeitsberichterstattung zudem ein relativ neues Gebiet. 53 Prozent der Befragten bestätigten, dass ihr Unternehmen erst in den vergangenen zwei Jahren damit begonnen hat, ESG-, Klima-, Nachhaltigkeits- oder Corporate-Social-Responsibility-Daten aufzubereiten und bereitzustellen.
Wer sich ernsthaft damit auseinandersetzt, macht mit der ESG-Berichterstattung allerdings in vielen Bereichen gute Erfahrungen:
- 79 Prozent der Befragten spüren positive Auswirkungen auf die Kundenbindung und -gewinnung.
- 73 Prozent sparen dadurch Kosten.
- 79 Prozent sagen, die Zusammenarbeit mit Versicherungen und Kreditagenturen sei besser.
- 73 Prozent beobachten eine bessere Arbeitsmoral der Mitarbeitenden,
- 75 Prozent sagen, die ESG-Berichterstattung ist beim Recruiting förderlich.
- 72 Prozent sprechen von verbesserten Beziehungen zu Investoren und Stakeholdern.
Technologie unterstützt die ESG-Berichterstattung
„Die Anforderungen an die ESG-Berichterstattung entwickeln sich ständig weiter. Und die Unternehmen sind mit immer komplexeren Risiken konfrontiert, wenn es darum geht, unterschiedliche finanzielle und nicht-finanzielle Daten zu konsolidieren, um Stakeholdern über ihre ESG-Performance zu berichten“, sagt Julie Iskow, CEO von Workiva.
Technologie könnte hier Abhilfe schaffen. 74 Prozent der von Workiva Befragten finden es wichtig, dass Technologie für das Zusammenstellen von ESG-Daten, für deren Validierung (88 Prozent) und für die Zuordnung von Angaben zu gesetzlichen Vorgaben (79 Prozent) zur Verfügung steht. Aber: Nur 37 Prozent der deutschen Befragten gaben an, dass ihr Unternehmen Technologie und Daten sehr gut nutzt, um Entscheidungen über die Weiterentwicklung der ESG-Strategie zu treffen. Zum Vergleich: In den USA sind 65 Prozent der Befragten überzeugt, das Technologie und Daten in ihrem Unternehmen sehr gut genutzt werden.
Hier ist also in der Praxis ganz klar Luft nach oben. „Technologie, die eine nahtlose Integration zwischen Teams auf einer zentralen Plattform ermöglicht, wird der Schlüssel sein, um den Berichtsprozess langfristig zu rationalisieren und transparente Berichte bereitzustellen, die diesen sich entwickelnden Anforderungen gerecht werden, um das Vertrauen von Mitarbeitern, Investoren und weiteren Stakeholdern zu stärken“, sagt Iskow.