Im Gegensatz zum klassischen, durchstrukturierten Bühnentheater lebt Impro-Theater von Spontanität. Ein Großteil der Show ist ungeplant, abgesehen von ein paar allgemeinen Vorgaben zum Setting. Der Rest – von Charakteren bis Storyline – wird von den Darstellenden improvisiert.
Gefragt ist Out-of-the-Box-Denken; wichtig ist es, darauf aufzubauen, was von den anderen Darstellenden bereits eingebracht wurde. Beides Qualitäten, die auch in Meetings für das Vorantreiben von Innovationen essenziell sind.
Zuhören können ist Voraussetzung fürs Improvisieren
Dafür notwendig ist sorgfältiges und aktives Zuhören. Ohne ist man in der Dynamik einer Impro-Performance schnell verloren. Das zwingt selbst die geborenen Show-Women und Show-Men, andere Beiträge in ihre Performance zu integrieren, statt nur darauf zu warten, ihren eigenen Teil sagen zu dürfen.
Dieser psychologische Aspekt ist auch in Meetings nicht zu unterschätzen. Denn so werden auch die eher zurückhaltenden Kolleginnen und Kollegen gehört, die sich unter Umständen sonst nicht gegen die Lauten durchsetzen können. Oftmals kommen so Meinungen und Ideen ans Licht, die genau der letzte Kick sein könnten, die eine Innovation oder ein Projekt noch benötigt.
Impro-Sessions funktionieren zudem nur, wenn jeder ohne Angst, dabei Fehler zu machen, etwas beitragen kann. Dieser Ansatz schafft ein Umfeld, in dem sich die Beteiligten auf der Bühne beziehungsweise im Meeting auch tatsächlich trauen, sich einzubringen.
Und: Am Anfang ist Impro immer ein wenig seltsam und unbehaglich, selbst für die, die normalerweise mit ihrem Charisma oder Fachwissen dominieren. Doch dieses geteilte Unbehagen schweißt Teams noch einmal zusätzlich zusammen.
Richtig improvisieren will (ironischerweise) gelernt sein
Um diese Vorteile für die eigene Meeting-Kultur mitzunehmen, braucht es nur ein paar konkrete Schritte.
Zunächst sollten alle Beteiligten eine ausführliche Erklärung erhalten, was Impro ist, wie es funktioniert und welchen Mehrwert es bietet. Gerade der letztere Aspekt ist wichtig, um skeptische oder unsichere Team-Mitglieder abzuholen.
Im nächsten Schritt sollten die Techniken spielerisch und noch ohne Business-Kontext geübt werden, um ohne Ergebnisdruck das notwendige Mindset zu kultivieren. Dafür gibt es verschiedene einfache Übungen, die sich ideal zu Beginn oder am Ende von Meetings einbauen lassen.
Um ein Beispiel dafür zu nennen: „Glücklicherweise, unglücklicherweise“. Hier wird reihum und kollaborativ eine Geschichte in einzelnen Sätzen erzählt, die immer abwechselnd mit „glücklicherweise“ und „unglücklicherweise“ beginnen, bis die Handlung zu einem für alle Beteiligten zufriedenstellenden Ergebnis kommt. Bei einer Variante dieser Übung muss das erste Wort des eigenen Beitrags immer das letzte Wort des vorherigen Beitrags sein.
Wie lassen sich Impro-Techniken in Meetings integrieren?
Sobald sich diese Übungen als fester Teil von Meetings etabliert haben, besteht der letzte Schritt dann darin, das Gelernte auf einen Business-Kontext zu übertragen. Oftmals geschieht dies sogar von allein, wenn die Beteiligten sich mit dieser Art der Gesprächsführung zunehmend wohl fühlen.
Andere Möglichkeiten, um Impro-Techniken in Meetings zu integrieren, sind:
- Am Anfang des Meetings sollte einer der Teilnehmenden per Zufallsprinzip zum Meeting-Leiter und -Moderator bestimmt werden. So wird verhindert, dass stets nur die üblichen Verdächtigen die Führungsrolle einnehmen.
- Die Phrase „Ja, aber …“ wird durch die Phrase „Ja genau, und …“ ersetzt. Sprich: Wenn eine Teilnehmerin beziehungsweise ein Teilnehmer neue Ideen und Impulse einbringen will, müssen diese stets auf dem bereits Eingebrachten aufbauen.
- Aufforderungen statt Fragen schaffen zusätzliche Klarheit und nehmen Druck heraus, die richtige Antwort parat haben zu müssen. Statt „Herr Meier, wie steigern wir die Kundenbindung bis Ende des Jahres?“ also lieber folgendes sagen: „Herr Meier, erklären Sie uns doch bitte ihre Vision für eine Steigerung der Kundenbindung bis Ende des Jahres.“
- Als direkte Fortsetzung der oben genannten Impro-Übung kann es während Brainstormings oder Diskussionen zur Entscheidungsfindung zur Regel werden, den eigenen Beitrag stets mit dem letzten eingebrachten Punkt der vorherigen Person zu beginnen. So werden insbesondere diese Art von Meetings kollaborativer und inklusiver.