Mobile Arbeit

Gesund und produktiv im Homeoffice

Die Coronapandemie zwang zahlreiche Unternehmen zum Umzug ins Homeoffice und stellte Mitarbeitende und Führungskräfte damit vor ganz neue Herausforderungen. Wie können mobil Beschäftigte produktiv und gleichzeitig gesund bleiben?

10.03.2021

In Kürze:

  • Grenzen zwischen Arbeit und Privatem müssen klar kommuniziert werden.
  • Führungskräfte haben die Verantwortung, den Austausch im Kollegium aktiv zu fördern.
  • Ein Hybridmodell zwischen Homeoffice und Anwesenheit im Büro verbindet die Vorteile beider Arbeitsweisen.

Für die einen war es eine Umstellung von einem Tag auf den nächsten, für andere ist Arbeit im Homeoffice bereits seit Jahren eine erfolgreiche Arbeitsweise. Dies hat viele Vorteile, ist aber nicht die Lösung aller Probleme – da sind sich die Expertinnen und Experten im DUB Digital Business Talk einig.

Wie gelingt Abgrenzung im Homeoffice? 

Zu Beginn der Pandemie fand bei den Monuta Versicherungen ein großer Umschwung statt. 80 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zogen innerhalb kürzester Zeit ins Homeoffice. „Der Weg zur Arbeit war für viele Mitarbeitende eine Belastung. Im Stau zu stehen oder mit den Öffentlichen zu fahren, bedeutet Stress – im Homeoffice fällt dieser weg“. Oliver Suhre, Generalbevollmächtigter von Monuta Deutschland, erkennt die zahlreichen Vorteile von Homeoffice, weiß aber auch, dass mobiles Arbeiten für viele Mitarbeitenden eine Herausforderung ist. Die Grenze zwischen Freizeit und Arbeit verschwimmt im Homeoffice schnell und das Gefühl, ständig erreichbar sein zu müssen, verursacht psychischen Druck. Familie, wenig Platz und viel Ablenkung in der Wohnung treiben etliche mobil Beschäftigte wieder ins Büro.

Die Studie social health@work der BARMER und der Universität St. Gallen beleuchtet die Gesundheit und Produktivität mobil Beschäftigter – Grenzmanagement ist dabei ein zentrales Thema. „Grenzmanagement hilft, eine gewisse Grenze zwischen Arbeit und Privatem aufrecht zu erhalten. Eine Entgrenzung ist ein Stressor, der langfristig gesundheitsschädlich sein kann“, sagt Professor Stephan Böhm, assoziierter Professor für Diversity Management and Leadership an der Universität St.Gallen. „Es hilft, Arbeitszeiten klar zu kommunizieren.

Dadurch kann man einerseits die Flexibilität und Autonomie nutzen, gleichzeitig aber auch eine psychologische Sicherheit schaffen, dass man nicht ständig erreichbar sein muss.“ Nur wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich gut abgrenzen, kann Homeoffice zu einer Erleichterung werden. Diese Erfahrung machte auch Dr. Regina Vetters, Leiterin Digitales und Innovation bei der BARMER: „Persönlich habe ich gekämpft. Mittlerweile kennen meine Kinder die Priorisierung der Wichtigkeiten von Videokonferenzen, bei denen sie entweder Lärm machen dürfen oder bei denen Hintergrundgeräusche nicht so gut sind. Die fehlende räumliche Abgrenzung bringt viele Probleme mit sich und das sehe ich auch bei den Kollegen.“

Torsten Montag, Betriebswirt, Gründungsexperte und Onlinestratege, arbeitet seit 15 Jahren im Homeoffice. Er stand deshalb schon vor vielen Jahren vor den Herausforderungen der Abgrenzung von Freizeit, Familie und Arbeit. Seine Erkenntnis aus der Arbeit für sein Beratungsportal Gründerlexikon: „Man muss Wege und Zwischenräume suchen, die man sonst im Büro hat. Ich finde diese beispielsweise im Sport. Unternehmern, die ich berate, sage ich: Ihr müsst runterkommen. Sucht euch eine Beschäftigung, zum Beispiel Sport oder Musik, um den Kopf frei zubekommen. Allein durch technische Verbesserungen ist erfolgreiches Homeoffice nicht möglich.“

Führungskräfte stehen vor neuen Aufgaben

Produktivität und Gesundheit liegen nicht nur in der eigenen Verantwortung mobil Beschäftigter, zeigt die Studie social health@work. „Wenn virtuelle Führung gut gelingt, hat das einen signifikanten Einfluss auf Zufriedenheit und Leistungsfähigkeit der mobil Beschäftigten“, so der Wissenschaftler Böhm. „Die Rolle der Führungskraft wird durch das Virtuelle noch wichtiger, weil jeder einzelne isoliert ist und weniger Ressourcen aus dem Team ziehen kann.“ Inklusion, Vertrauen und die Bewertung von Output statt Input sind deshalb die Schlüsselwörter virtueller Führung.

„Ich glaube sehr stark an eigenverantwortliche Mitarbeiter, die wissen, was sie zu tun haben. Den persönlichen Austausch muss man jedoch aktiv anstreben, nicht nur formell, sondern zum Beispiel auch in einem gemeinsamen Team-Essen. Denn dort kann man viele Ideen weiterentwickeln, die ich sonst nicht so gut initiieren kann“, so Suhre. Zusammentreffen beim Mittagessen oder im Flur, die sonst im Büro automatisch stattfinden, müssen im Homeoffice organisiert werden. „Ich habe lange Zeit geglaubt, ich bräuchte den persönlichen Austausch im Büro nicht.

Aber der Mensch ist ein soziales Wesen“, so Montag. Führungskräfte müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Homeoffice ins Team einbinden und für einen kollegialen Austausch sorgen – manchmal sind dafür neue Wege von Nöten: „Wir haben bemerkt, dass in den großen Videokonferenzen viele nicht sprechen mochten. Gerade die Schüchternen und Leiseren sind so langsam verschwunden. In unserer Abteilung geht es jedoch darum, im Dialog miteinander zu arbeiten“, sagt Vetters. Ihre Lösung ist die Verteilung von Rollen in den Videokonferenzen, um die Hemmschwelle zu verringern, sich zu Wort zu melden.

Das Hybridmodell ist die Zukunft

Die Studie social health@work zeigt: Beschäftigte sind im Homeoffice produktiver. Diese Erkenntnis spiegelt sich auch bei der BARMER wider: „Ich habe keine Sorge, was die Effizienz und die Effektivität angeht. Ich vertraue meinen Mitarbeitern und das funktioniert. Was leidet, ist die Kreativität“, so Vetters. „Was ich mir für die Zukunft wünsche, ist ein Hybridmodell und ein entspannter Umgang mit Homeoffice und stationärem Büro, denn beides hat Vorteile.“ Dass die Mischung aus Homeoffice und Anwesenheit im Büro die Lösung vieler Probleme ist, da sind sich alle Expertinnen und Experten im DUB Digital Business Talk einig.

Für Suhre war die Umstellung auf mobiles Arbeiten eines der positiven Learnings in der Coronakrise: „Homeoffice schafft mehr Freiräume und Flexibilität, gleichzeitig spart es wertvolle Ressourcen im Straßenverkehr. Ich wünsche mir aber auch mit den Mitarbeitern zusammenzusitzen, Pläne zu schmieden und die Zukunft ein Stück weit besser zu machen. Das wird nicht alles aus dem Homeoffice heraus funktionieren.“