Depressionen sind inzwischen eine der großen Volkskrankheiten. Das „Deutschland-Barometer Depression“ der Stiftung Deutsche Depressionshilfe aus dem Jahr 2021 liefert beunruhigende Ergebnisse:
- 20 Prozent aller Beschäftigten erhielten bereits die Diagnose Depression.
- 19 Prozent haben die Vermutung, erkrankt zu sein.
- 15 Prozent aller Mitarbeitenden haben im Kollegenkreis Suizide oder Suizidversuche erlebt.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Ihnen als Führungskraft dieses Thema begegnet, ist also hoch. Doch was ist dann zu tun?
An Depressionen erkrankte Mitarbeitende unterstützen
Als Führungskraft ist es Ihr Ziel, eine offene Kommunikation zu pflegen und eine angenehme Arbeitsplatzkultur zu schaffen. Dazu gehört auch, dass das Sprechen über Depressionen beziehungsweise generell über emotionale Themen kein Tabu ist. Dies trägt dazu bei, dass sich Betroffene aus dem Team im Zweifel auch an Sie wenden werden. Es könnte dann beispielsweise darum gehen, Mitarbeitende zu entlasten.
Als Führungskraft haben Sie aber auch eine Fürsorgepflicht. Bei Depressionen besteht bei Betroffenen nicht immer sofort Einsicht in die Dynamik. Manchmal fehlt auch die Kraft oder der Mut, eine Krankheitslage offen anzusprechen. In solchen Fällen sollten Sie auf eine Person, die Ihnen auffällt, zugehen und unter vier Augen das Gespräch suchen.
Eine bessere Lebensqualität fördern
Das zu können erfordert Empathie und Selbstreflektion. So ist es unwahrscheinlicher, dass Sie selbst in eine ungerechtfertigte Übertragung kommen. Denn wer sich selbst ständig überfordert, kann Schwäche bei anderen nicht ertragen oder nimmt sie erst gar nicht wahr. Können Sie aber mit Ihrer Aufmerksamkeit voll bei dem Betroffenen sein, können Lösungsmöglichkeiten gesucht und gefunden werden.
Manchmal kann es schon entlastend wirken, dass Sie darauf hinweisen, dass Pausen und Urlaubstage ausreichend wahrgenommen werden. Hier sollten Sie im Alltag mit gutem Beispiel vorangehen – etwa nicht jeden Tag als Letzter das Büro verlassen. Doch oft genügt das nicht. Sie sollten ebenfalls etwas in Ihren Alltag integrieren, wodurch Sie Ihren Akku wieder aufladen können.
Auf Hilfsmöglichkeiten aufmerksam machen
Je nach Ausmaß der Symptomatik kann es hilfreich sein, betroffene Angestellte auf Workshops zum Thema Depressionen oder andere Angebote des betriebsinternen Gesundheitsmanagements hinzuweisen.
Vielleicht hat Ihr Unternehmen auch ein Employee Assistance Program (EAP): Hier bieten externe Dienstevertrauliche Gespräche mit Arbeitnehmenden an, um Bedarfe zu klären und einen längeren Prozess zu stützen. Die Kosten dafür trägt der Arbeitgeber.
Es ist nachvollziehbar, dass Gespräche mit externen Beratern, die unter die Schweigepflicht fallen und neue Perspektiven ermöglichen, leichter fallen. Hier kann dann auch der Hinweis kommen, sich eventuell therapeutische Hilfe zu holen. Je nachdem, wie gut der Kontakt ist, den Sie zu einem Teammitglied haben, kann dieser Hinweis auch durch Sie erfolgen.
Präventives Verhalten schützt auch Führungskräfte vor Depressionen
Dass Sie als Führungskraft natürlich ebenfalls gut auf sich achten sollten, wurde oben schon erwähnt. So gewinnen Sie innere Klarheit und Souveränität. Zudem wirken Sie durch Ihr gezeigtes Verhalten als positives Vorbild.
Aber es geht um mehr: Gute Selbstfürsorge schützt vor Sinnkrisen, Überlastung und Ausbrennen. Solche negativen Prozesse laufen meist sehr verdeckt ab und entgehen zunächst der eigenen Wahrnehmung. Daher ist ein kontinuierliches Leitungscoaching hilfreich. Es bietet einen Raum, in dem es nur um Sie geht. Das schärft den Blick für eigene innere Prozesse. Und es begrenzt sich nicht nur auf die Arbeit: Mancher Stress entsteht auch im Privatleben. Finden Sie dann keine guten Lösungsstrategien oder die Ausfahrt aus der dauerhaft zu schnell befahrenen Spur, so wirken sich solche Belastungen negativ auf die Arbeitssituation, das Befinden und letztlich die Gesundheit aus.
Führungskräfte und ihre besondere Position
Die innere emotionale Welt einer Führungskraft wird von einer Vielzahl von Herausforderungen und Belastungen beeinflusst. Neben den beruflichen Verantwortungen tragen Führungskräfte auch private Probleme – etwa Beziehungsprobleme und persönlichen Druck – mit sich. Unangemessene Ansprüche und Erwartungen der Mitarbeitenden stellen zusätzliche Hürden dar, die auf Dauer zu einer gewissen Hilflosigkeit führen können.
Als Manager oder Führungskraft ist es wichtig, eine starke und gefestigte Persönlichkeit zu zeigen, um Vertrauen und Respekt bei den Mitarbeitenden zu gewinnen. Jedoch bleibt die innere emotionale Welt oft verborgen, da Führungskräfte glauben, dass Schwäche nicht akzeptabel ist und persönliche Herausforderungen die berufliche Performance beeinflussen könnten.
Depressionen, die aus dem Privatleben entstehen und die Arbeitswelt berühren, können eine besonders schwierige Situation für Führungskräfte darstellen. Der Druck, immer leistungsfähig und belastbar zu sein, kann dazu führen, dass sie ihre eigene psychische Gesundheit vernachlässigen und ihre Gefühle unterdrücken. Dieser Umgang mit Depressionen ist jedoch nicht gesund und kann langfristig zu einer Verschlimmerung der Symptome und zu einer Beeinträchtigung der Führungsfähigkeiten führen.
Es ist wichtig, dass Führungskräfte persönliche Herausforderungen nicht ignorieren, sondern sich professionelle Unterstützung suchen. Dies kann zum Beispiel in Form von Coaching, Beratung oder Psychotherapie erfolgen. Indem sie ihre Emotionen akzeptieren und lernen, damit umzugehen, können sie auch in ihrer Führungsrolle authentischer und empathischer agieren.
Das Umfeld ist auch fürs Wohlbefinden der Führungskräfte entscheidend
Darüber hinaus ist es von entscheidender Bedeutung, in einem unterstützenden Arbeitsumfeld tätig zu sein, in dem Führungskräfte Gefühle offen teilen können, ohne Angst vor negativen Konsequenzen zu haben. Unternehmen sollten Programme zur Förderung der psychischen Gesundheit und des Wohlbefindens am Arbeitsplatz implementieren, um eine offene Kommunikation über emotionale Herausforderungen zu ermöglichen und eine Kultur der Fürsorge zu etablieren.
Insgesamt ist es wichtig zu erkennen, dass Führungskräfte auch nur Menschen sind und mit ihren eigenen Herausforderungen zu kämpfen haben. Indem Sie sich um Ihre eigene psychische Gesundheit kümmern, können Sie nicht nur Ihre Lebensqualität verbessern, sondern auch eine positive Wirkung auf Ihr Team und die Organisation als Ganzes haben.