Büroimmobilien, die neue kollaborative Formen der Zusammenarbeit ermöglichen und in denen sich die Mitarbeitenden wohlfühlen, sind spätestens seit der Ära des Homeoffice gefragt. Denn wenn das Büro mit dem heimischen Schreibtisch konkurriert, muss es schon etwas zu bieten haben, damit die Belegschaft gern und motiviert an ihren Arbeitsplatz kommt. An diese neue Realität mussten Projektentwickler sich und die von ihnen betreuten Immobilien in den vergangenen Jahren anpassen. Andernfalls fänden sie keine Mieter mehr für ihre Objekte, berichtet Jasmin Samiri. Die Projektentwicklerin weiß, was kleine und mittelgroße Unternehmen wie auch große Konzerne von ihrer Büroimmobilie erwarten.
DUP UNTERNEHMER-Magazin: Braucht die neue Art zu arbeiten auch neue Büroimmobilien?
Jasmin Samiri: Ja. Seit der Coronapandemie sehen wir uns als Immobilienentwickler auf dem Büromarkt völlig neuen Anforderungen ausgesetzt. Denn viele Unternehmen mieten zum einen heute deutlich kleinere Flächen an als vor der Pandemie, um in Zeiten von Homeoffice Kosten zu sparen. Auf der anderen Seite möchten sie sich attraktiver machen für bestehende und potenzielle Mitarbeitende. Hier spielen Immobilien eine wichtige Rolle.
Inwiefern?
Samiri: Wenn wir Büroimmobilien für potenzielle Mieter entwickeln, sind wir nicht zuletzt vom Arbeitsmarkt abhängig. Und von der Frage: Was brauchen Unternehmen, damit sich ihre Belegschaft wohlfühlt? Denn zum einen möchten viele Firmen Mitarbeitende aus dem Homeoffice zurück ins Büro holen. Zum anderen befinden wir uns in einem Arbeitnehmendenmarkt. Gerade auch um jüngere Mitarbeitende zu rekrutieren oder zu halten, müssen Firmen etwas bieten. Das gilt nicht zuletzt für die Büros. Die Räumlichkeiten sollten für Nutzerinnen und Nutzer attraktiv sein. Und neue Arten der Zusammenarbeit erfordern neue Raumkonzepte.
Was sollten moderne Büroimmobilien leisten?
Samiri: Mit Standardkonzepten, wie sie in älteren Bestandsimmobilien üblich sind – viele kleine Einzelbüros oder eine einzige große Fläche und dazu eine Teeküche –, lässt sich die gewünschte Aufenthaltsqualität nicht schaffen. Ein Projekt, das wir in München bauen, bekommt etwa eine große Dachterrasse mit einem Zen-Pavillon, in dem die Nutzenden zum Beispiel Yoga machen können. Dazu wird es statt eines klassischen Empfangsbereichs im Erdgeschoss einen Loungebereich als Begegnungsstätte geben – eine Kombination aus Communityzone, Arbeitsbereich, Empfangsbereich und Espressobar. Wir schaffen damit Aufenthaltsorte, an denen man sich auf einen Kaffee oder in der Mittagspause trifft. Wir sorgen auch für Kreativräume. Das sind Einzelräume mit Moodboard, Stehtischen und bequemen Stühlen, in denen Meetings abgehalten werden können. Nicht zuletzt dank des modernen, flexiblen Mobiliars bietet eine solche Umgebung eine inspirierendere Atmosphäre als ein kleines Einzelbüro mit alten Tischen und Stühlen.
Dachterrasse und Espressobar in Büroimmobilien klingen eher nach Freizeit als nach Arbeit. Leidet darunter nicht die Produktivität?
Samiri: Ganz im Gegenteil. Solche Flächen sorgen für Aufenthaltsqualität. Wir wollen Bereiche schaffen, in denen sich die Menschen wohlfühlen. Denn das kurbelt die Produktivität an. Wenn Unternehmen eine Arbeitsumgebung bieten, in der es beispielsweise viele Grün- und Erholungszonen gibt, werden Mitarbeitende freier sein in ihrem Denken, als wenn sie in einem Kasten voller kleiner Räume sitzen.
Büroraum ist teuer. Wenn dann noch Flächen wie Dachterrasse und Lounge dazukommen – sind solche Büros für mittelständische Unternehmen überhaupt bezahlbar?
Samiri: Wir beziehen solche Ideen von Anfang an in die Gesamtplanung mit unseren Architekten ein. So können wir mit wenig Kosten viel erreichen. Außerdem setzen wir nicht auf teure Stararchitekten. Und die Espressobar beispielsweise wird von einem Pächter betrieben.
Ihrer Erfahrung nach: Eignen sich solche Büroimmobilien für alle Unternehmen?
Samiri: Die Unternehmen und ihre Mitarbeitenden müssen das Konzept natürlich mittragen. Das ist in Start-ups oder Technologieunternehmen vielleicht einfacher als in etablierteren Branchen. Wir hatten beispielsweise einen Interessenten aus der Logistik: Die Verantwortliche für die Bürosuche war begeistert von einem unserer Objekte, die Mitarbeitenden allerdings nicht. Sie wollten ihre Einzelbüros und ihren eigenen Schreibtisch nicht aufgeben. Wir stehen noch am Anfang dieses Wandels. Neubauten werden seit einigen Jahren ausschließlich offen und flexibel konzipiert, weil sie sonst keine Mieter finden. Aber es gibt auch noch sehr viele Bestandsimmobilien.
Bei neu gebauten Büroimmobilien spielt das Thema Nachhaltigkeit eine Rolle. Wie gehen Sie damit um?
Samiri: Wir lassen die Nachhaltigkeit unserer Gebäude zertifizieren, denn Großkonzerne beispielsweise mieten nur noch zertifizierte Gebäude an, und Mittelständler ziehen inzwischen nach. Nachhaltigkeit bezieht sich nicht nur auf die Bauweise und Baustoffe, sondern auch auf die Frage, ob es soziale Flächen und Aufenthaltsorte gibt. Mieter – Mittelständler wie Konzerne – legen heute Wert darauf, dass Gebäude nachhaltig realisiert werden. Schließlich helfen energieeffiziente Technologien wie Steuerungs- und Messtechnik, Betriebskosten zu sparen.
Was raten Sie Unternehmen, die sich moderne Büroimmobilien wünschen, aber nicht umziehen möchten oder können?
Samiri: Wenn man nicht gleich alle Wände herausreißen möchte, lässt sich über das Mobiliar schon viel verändern. Im Trend liegen beispielsweise Rolltische, die einfach dorthin geschoben werden, wo sie gerade gebraucht werden. So wird dann beispielsweise mit mehreren Rolltischen aus einem Kreativraum ein Konferenzraum. Und dank Tischen mit sämtlichen Anschlüssen für Laptop und Co. sowie Lockersystemen für die persönlichen Dinge der Mitarbeitenden werden aus festen flexible Arbeitsplätze. Über ein Moodboard im Eingangsbereich können sich die Mitarbeitenden dann auf einen freien Sitzplatz einloggen. Auch in bestehenden Büroimmobilien lässt sich mit Architekten oder Innenarchitekten vieles verändern.