Worst Case 1: Nachhaltigkeit wird nicht im Kerngeschäft verankert
Die Gesellschaft, der Klimawandel, der Finanzmarkt, staatliche Regulierungen wie das Lieferkettengesetz, ambitionierte Klimaschutz-Initiativen wie die SBTi und Konkurrenten mit starkem Nachhaltigkeitsimage lassen es schlichtweg nicht mehr zu, das Thema Nachhaltigkeit zu ignorieren. Ein absolutes No-Go ist es daher, Nachhaltigkeit nicht im Kerngeschäft des Unternehmens zu verankern.
Lediglich auf negative Ausrufe von NGOs und Medien zu reagieren, wie es Unternehmen noch vor zehn Jahren gemacht haben, zieht heute ebenso wenig wie Feelgood-Erzählungen aus dem (separaten) Nachhaltigkeitsbericht. Es wird nun Ambition und echtes Handeln verlangt.
Die Relevanz von Nachhaltigkeit muss also im Unternehmen anerkannt werden. Zum einen sollte Nachhaltigkeit auf der obersten Etage als Priorität in der Unternehmensstrategie verankert werden. Zum anderen sollten alle Personen mit einer Schlüsselrolle die Relevanz von Nachhaltigkeit verstehen. Und das inkludiert nicht nur das Top-Management, sondern auch die Leitung relevanter Unternehmensbereiche wie Recht, Kommunikation, Compliance, Human Resources, Sales und Einkauf.
Worst Case 2: Die Lieferkette des Unternehmens wird nicht berücksichtigt
Was passiert, wenn ein Schiffskapitän zwar die Spitze des Eisbergs sieht, nicht aber dessen Rest? So kann man es sich verbildlichen, wenn ein Unternehmen zwar die negativen Nachhaltigkeitsimpacts seiner eigenen Standorte angeht, nicht aber die Probleme in der Lieferkette. Denn die Hot Spots am eigenen Unternehmensstandort sind nur die Spitze des Eisbergs. CO2-Emissionen zum Beispiel fallen meist zu über 80 Prozent bei den Lieferanten an, wie unsere eigenen Berechnungen zeigen. Ein Worst-Case-Szenario wäre es daher, die Lieferkette in seiner Nachhaltigkeitsstrategie nicht zu berücksichtigen.
Denn die Lieferkette belastet die Nachhaltigkeitsbilanz nicht nur übermäßig stark, sondern ist auch der größte Hebel zur Verbesserung. Den Aufbau nachhaltigerer Lieferketten sollten Unternehmen als Chance begreifen, denn sie bringen grundlegende Vorteile. Wir wissen außerdem, dass man trotz der Komplexität von Lieferketten Nachhaltigkeitsbelastungen erkennen und angehen kann.
Worst Case 3: Nicht auf Faktenbasis entscheiden
Ein weiterer Fehler ist unüberlegtes Handeln ohne Faktengrundlage. Zu oft haben wir bei Kunden beobachtet, dass sie aktuellen Trends folgen und beispielsweise klimaneutraler werden möchten. Klimaneutralität mag zwar von großer Bedeutung sein, doch nicht jedes Unternehmen sollte das als alleiniges Ziel verfolgen.
Die THG-Emissionen können nur eines von vielen Problemen sein. Im Lebensmittelsektor zum Beispiel ist die Land- und Wassernutzung problematisch. Für das Umweltbundesamt haben wir ermittelt, dass ein Lebensmitteleinkauf in Höhe von 50 Euro rund 44 Quadratmeter landwirtschaftliche Fläche und 23.000 Liter Wasser beansprucht.
Ein Unternehmen muss daher seinen Handlungsrahmen genau abstecken und sich fragen:
- Wo befinden sich die größten Nachhaltigkeitsbelastungen entlang der Wertschöpfungskette?
- Wo hat das Unternehmen dadurch die größte Wirkkraft?
So können strategische Entscheidungen getroffen, Prioritäten gesetzt und eine möglichst effiziente Ressourcenallokation sichergestellt werden.
Worst Case 4: Nachhaltigkeitsthemen nicht priorisieren
Ungünstig ist es, wenn sich ein Unternehmen in seinen Vorhaben verzettelt. Nicht allen ökologischen und sozialen Belastungen kann entgegengewirkt werden. Das kann ein einzelnes Unternehmen nicht leisten, dafür reicht sein Einfluss nicht.
Pragmatismus durch eine Priorisierung der Nachhaltigkeitsthemen ist daher erforderlich. Transparenzschaffung ist hier das Schlüsselwort. Durch Lieferkettenanalysen erfasst ein Unternehmen seine Nachhaltigkeitsbelastungen. Scorecards können dabei einen Überblick bieten:
So zeigt diese Scorecard beispielsweise auf, welche Lieferkettenstufe die größten negativen Impacts hat. Ganz bewusst können – und sollen – sich Verbesserungsmaßnahmen auf die Hot Spots fokussieren. Sie würden also nur ganz bestimmte Lieferanten, Warengruppen oder Produktionsländer berücksichtigen.
Daneben ist auch eine Wesentlichkeitsanalyse ein guter Ansatz, um Nachhaltigkeitsthemen zu priorisieren. Wie eine Wesentlichkeitsanalyse richtig ausgeführt wird, haben wir in einem Whitepaper zusammengefasst.
Worst Case 5: Den Fokus auf die Kosten richten und dadurch die Zukunft verspielen
Will ein Unternehmen nachhaltiger werden, lautet die gängige Argumentation: Nachhaltigkeit heißt höhere Kosten und damit am Ende geringere Wettbewerbsfähigkeit. Mit diesem Denken wird man der Herausforderung nicht gerecht. Denn: Nachhaltigkeit heißt Transformation und Disruption!
Die richtige Frage für die Führungsetage eines Unternehmens lautet daher: Was kostet es mich, wenn ich mich nicht um Nachhaltigkeit kümmere?
Vielleicht hilft eine Analogie: Das zweite große Transformationsthema unserer Zeit neben Nachhaltigkeit heißt Digitalisierung. Dort zögern Unternehmen nicht zu investieren, weil sie verstanden haben, was es bedeuten würde, wenn man nicht auf den Digitalisierungszug aufspringt. Wir empfehlen daher, für Nachhaltigkeit die gleichen Ressourcen zur Verfügung zu stellen wie für die Digitalisierung.