Es gibt sie: erfolgreiche Gründerinnen. Zum Beispiel Lea-Sophie Cramer mit dem Erotikshop Amorelie, Delia Fischer und der Interior-Händler Westwing oder Jessica Könnecke, die den fairen Onlineshop Mit Ecken und Kanten ins Leben rief. Und das sind nur drei von Vielen. Dennoch sind hierzulande Jungunternehmerinnen in der Unterzahl – 84,1 Prozent der Gründer sind männlich, wie der Deutsche Start-up Monitor zeigt. In der EU zeichnet sich ein ähnliches Bild. So sind laut OECD 8,2 Prozent der Gesamtbevölkerung an einer Unternehmensgründung beteiligt, 35 Prozent davon sind weiblich.
Die Geschlechterlücke bei Start-ups zeigt sich nicht nur in den absoluten Zahlen – auch bei der Art des Gründens bestehen Unterschiede: Frauen sind meist weniger risikofreudig.
Frauen gründen anders
Eine Untersuchung der OECD zeigt: Unternehmerinnen in der EU neigen dazu, andere Arten von Firmen zu gründen als Männer. Sie agieren etwa in anderen Branchen oder mit weniger Arbeitsstunden. Das dürfte damit zusammenhängen, dass Frauen die Selbstständigkeit häufig aus anderen Beweggründen wählen als Männer. So ist die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben – insbesondere bei Familiengründung – ein entscheidender Faktor.
Aber auch größere Hindernisse in den Bereichen Qualifikation und Finanzen können die Unterschiede zwischen den Geschlechtern erklären. Gründerinnen nehmen seltener eine Bankfinanzierung in Anspruch. Hinzu kommt: Unternehmerinnen haben oftmals geringere Wachstumsambitionen. So geben nur 5 Prozent der Frauen in der EU an, dass sie anstreben, in den nächsten fünf Jahren mindestens 19 Arbeitsplätze zu schaffen. Bei den Männern sind es hingegen 12,3 Prozent.
Chancengleichheit in Deutschland?
Deutschland liegt auf Platz Fünf, wenn es um die Chancengleichheit von Männern und Frauen geht. Das zeigt eine Untersuchung der Bank N26. Doch wie deckt sich dieses Ergebnis mit der Geschlechterlücke bei der Unternehmensgründung? Der Index zur weiblichen Chancengleichheit 2020/2021 von N26 offenbart: Deutschland steht vor allem dank seiner frauenfreundlichen Gesetzgebung und der politischen Präsenz der Frauen weltweit an fünfter Stelle. In Bezug auf Frauen als Unternehmerinnen schafft es Deutschland nur knapp in das obere Fünftel der 100 untersuchten Länder. Die Kategorie Frauen im Management schneidet noch schlechter ab: Deutschland spielt nur im Mittelfeld.
Bei der Chancengleichheit für UnternehmerInnen ist also noch viel aufzuholen. Die Erhöhung der für sie vorgesehenen Mittel, mehr Unterstützung für Familien, ein besserer Zugang für Frauen zu beruflichen Netzwerken und mehr unternehmerisch orientierte Kurse an Schulen und Hochschulen könnten ein Anfang sein.