Ursprünglich peilte Bastian Koch eine akademische Laufbahn an, entschied sich dann aber doch für eine andere Karriere mit Stationen unter anderem beim Department of Homeland Security in den USA, der Metropolitan Police in London oder dem thailändischen Roten Kreuz.
Upskilling
Revolution im Unternehmen: Warum Lernen nicht mehr gemanagt, sondern ermöglicht werden muss
Weiterbildung ist wichtiger denn je. Zur Wahrheit gehört aber auch: Gerade ihre digitale Form hat keinen guten Ruf, weil sie oft schlecht umgesetzt wird und wenig effektiv ist. Wie es besser gehen kann, erklärt Bastian Koch. Er ist CEO von Sparks, einer Tochter der Haufe Akademie. Zuvor arbeitete er unter anderem für den US-Geheimdienst. Er kennt die Tücken im System vieler Mittelständler und sagt: Betriebliche Weiterbildung muss an die Zielgruppe angepasst werden.
16.12.2024
Bastian Koch
überlegt sich als gelernter Instructional Designer, wie man neues Können in alte Köpfe kriegt
DUP UNTERNEHMER-Magazin: Welche Themen laufen in puncto digitaler Weiterbildung im Moment besonders gut?
Bastian Koch: Natürlich ist das Thema KI gerade überall, in den unterschiedlichsten Kursformaten. Man kann heute einen schnellen Prompting-Kurs machen oder lernen, wie man KI-gestützt gute Bilder generiert. Gleichzeitig sehen wir, dass urmenschliche Skills wie Empathie, Kommunikation oder kritisches Denken immer weiter an Wert gewinnen. Diese menschlichen Skills sind die Grundlage, um die neuen Herausforderungen zu bewältigen. Wir hätten sie schon vor Jahren stärker entwickeln müssen.
Profitieren Sie in der Erwachsenenbildung davon, dass unser Bildungssystem diese Fähigkeiten aus Sicht vieler Fachleute nicht optimal fördert?
Koch: Ich bin auch Vater und beobachte an meinen Söhnen, dass die Kinder den Schulen einen Schritt voraus sind. Aber das Problem liegt ja noch tiefer: Laut Studien erwarten 45 Prozent der Arbeitgeber, dass ihre Mitarbeitenden lernen, mit KI-Anwendungen umzugehen. Aber nur zwölf Prozent der Unternehmen bieten jetzt schon Weiterbildungen zu KI an. Das ist für mich wieder dieses typisch Deutsche: Wir wissen eigentlich, was zu tun ist, sind dann aber zu vorsichtig.
Was wird oft falsch gemacht bei digitaler Weiterbildung?
Koch: Es braucht drei Dinge, damit Weiterbildung wirklich einen Effekt hat, und eines davon fehlt fast immer: Als Erstes brauchen wir eine fundierte Didaktik. Sonst bleibt nichts hängen. Es reicht nicht, einfach nur Wissen weiterzugeben. Die Inhalte müssen auch zur Zielgruppe passen. Zweitens müssen Arbeitgeber auch – und hier wird es wirklich wichtig – eine Chance geben, das anzuwenden, sich auch mal ausprobieren zu können. Eben nicht nur zu hören, nicht nur zu sehen, nicht nur zu lesen - sondern wirklich zu machen. Und drittens muss der Lernende intensiv reflektieren: Was ist jetzt anders, seit ich den Kurs gemacht habe? Ein richtig guter Moment des Lernens ist ein egoistischer Moment.
Also sollten Arbeitgeber kulant sein, wenn Beschäftigte Wünsche äußern?
Koch: Das bedeutet, hier muss es mir um mich gehen und nicht um irgendwas anderes. Es ist schwer, die Unternehmensstrategie mit mir selbst zu verbinden. Aber wenn ich das Gefühl habe, das bringt mich weiter, das ist relevant für mich und wichtig für meinen Alltag, dann ist das effektiv und motivierend. Deswegen ist es so wichtig, dass Lernen personen- zentriert ist. Die Inhalte müssen auf den Einzelnen oder die Einzelne passen.
Aber gerade digitale Bildung hat doch den Vorteil, dass sie skaliert. Dass ein Kurs für zig Personen taugt.
Koch: Das ist genau die Falle, in die alle tappen. One size fits all. Gerade weil es so leicht ist, Inhalte an ganz viele Leute auszurollen. Aber es ist eben nicht egal, ob es zehn oder 10.000 Leute machen. Das sind 10.000 Individuen, und die muss man abholen.
Auf der einen Seite muss ein Kurs praxistauglich für den unternehmerischen Alltag sein, auf der anderen Seite jeden Einzelnen als Menschen weiterbringen. Das ist ein Spannungsfeld, oder?
Koch: Es ist ein riesiges Spannungsfeld, und genau deshalb sage ich ja auch: Unternehmen sollten unbedingt aufhören, Lernen zu managen. Das ist das, was wir bis jetzt immer gemacht haben. Man will Häkchen setzen und beweisen, dass Leute dies oder das gemacht haben. Aber so geht der Fokus auf das Weiterkommen der Leute oft verloren. Das wirkliche Ziel muss sein, dass wir anfangen, Lernen zu imitieren. Das ist unternehmerisch gesehen ein Paradigmenwechsel.
Das klingt nach mehr Aufwand, und schon sind wir bei der Geldfrage. Überlagern solche organisatorischen Fragen manchmal den kulturellen Aspekt? Also will ich Growth-Mindset wirklich leben in meiner Organisation?
Koch: Growth-Mindset ist für mich die Erkenntnis, dass ich etwas machen muss, dass ich an mir arbeiten muss. Es ist erst einmal eine persönliche Sache zu sagen: Ich will wachsen. Das ist eine Haltung. Und das bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu fördern ist im unternehmerischen Kontext für mich einer der wesentlichen Führungsjobs. Umsatzzahlen zu deuten ist leicht. Viel schwieriger ist es herauszufinden, was die Leute können sollten. Lernkultur ist eine Führungsfrage.
Also auch Vorbild sein? Zum Beispiel im KI-Workshop zwischen allen anderen sitzen?
Koch: Man sollte erkennen, dass es tatsächlich jeden angeht. In der betrieblichen Weiterbildung geht man aber lieber Stück für Stück oder Zielgruppe für Zielgruppe vor: Hier gibt es neue Führungskräfte, die brauchen jetzt zum Beispiel Leadership-Training. Oder einige Menschen brauchen vertriebliche Weiterbildung, weil sich das Geschäftsmodell ändert. Aber es gibt eben Themen wie zum Beispiel KI, die gehen einfach jede und jeden an im Unternehmen. Und deswegen brauchen wir hier Strategien, über die wir tatsächlich alle im Unternehmen erreichen können – und das auch schnell, effektiv und motivierend
Man weiß ja manchmal noch gar nicht so ganz ge- nau, welche Fähigkeiten in fünf oder zehn Jahren im Unternehmen gebraucht werden. Das ist auch ein Teil der Komplexität. Konkret am Beispiel KI- Weiterbildung heißt das: Man lässt die Leute den einen oder anderen Schnellschusskurs machen und macht dann einen Haken an das Thema?
Koch: Das Dranbleiben ist immer wichtig, weil selbst der beste Prompting-Kurs sich schnell über- holt. Es gilt dafür zu sorgen, dass Beschäftigte nicht nur ständig die Möglichkeit haben, weiterzuwachsen, sondern auch die breite Masse zu motivieren, es zu tun. Also auch die, die ein wichtiges Thema zunächst nicht so spannend fanden oder sogar ein bisschen Angst davor haben.