Corporate Influencing

Lara Sophie Bothur: Zwischen Reichweite und Responsibility

Lara Sophie Bothur ist seit 2022 Vollzeit-Influencerin für Deloitte. Als größte LinkedIn-Influencerin im DACH-Raum erreicht sie über 400 Millionen Menschen. Im Interview verrät sie, welche Ziele sie darüber hinaus noch anstrebt.

Porträtfoto einer Frau mit langen blonden Haaren

22.10.2024

Mittlerweile ist Lara Sophie Bothur nicht mehr „nur“ Vollzeit-Corporate-Influencerin, sondern eine Pionierin in ihrer Branche. Sie zählt zu den größten Stimmen auf LinkedIn für Tech for Good, ist internationale Tech-Influencerin, -speakerin und -moderatorin. Aktuell folgen ihr über 325.000 Menschen. Eine Reichweite, mit der Verantwortung einhergeht.

Anfang des Jahres gab es Vorwürfe, diese Reichweite sei nicht rein organisch entstanden. Dazu sagt Bothur: „Sichtbarkeit hat immer zwei Seiten: Je visibler man wird, desto mehr Meinungen bilden sich die Menschen über einen.“ Außerdem sei LinkedIn keine Plattform, die sich nebenbei bespielen lasse. Um echte Erfolge zu erzielen, müsse man viel Zeit investieren und sich ständig weiterentwickeln. Besonders bei der Erstellung von visuellem Content. Ein echter Vollzeit-Job eben. Was laut Lara Sophie Bothur außerdem hilfreich sein kann: ein Kommunikationstraining zu absolvieren sowie ein Gespür für die Algorithmen hinter der Plattform zu entwickeln.

Sechs LinkedIn Tipps von Lara Sophie Bothur

Lara Sophie Bothur

ist Senior Consultant bei Deloitte und arbeitet dort Vollzeit als Corporate Influencerin. Als Voice for Innovation konzentriert sie sich auf Tech-Themen und Klima

DUP UNTERNEHMER-Magazin: Wie definieren Sie Corporate-Influencing und Ihre Rolle bei Deloitte?

Lara Sophie Bothur: Corporate-Influencer erweitern die Unternehmenskommunikation. Sie vertreten und fördern die Werte und Ziele einer Firma, werten die Markenidentität auf, werben Top-Talente an, stärken Geschäftsbeziehungen und erweitern den Kundenstamm. Als Gesicht der Firma personifizieren sie eine Marke. Das belohnt auch der Algorithmus. Unser Video zu Deloittes Olympia-Partnerschaft erreichte auf dem Unternehmenskanal gerade einmal 200 Likes, auf meinem eigenen Kanal aber 1.200. Zudem hat Deloitte Beratungsexpertise in Quantum-Computing, AI, Blockchain und Smart Mobility. Dieses Wissen möchte ich sichtbar machen.

Damit sich mehr Frauen in die Tech-Branche trauen?

Bothur: Genau! Meine Reichweite will ich bestmöglich nutzen. Im Oktober war ich zum Beispiel mit der Hacker School in einer Schule in Hamburg und habe speziell jungen Mädchen gezeigt, dass man nicht unbedingt ein MINT-Studium braucht, um später in der Tech-Branche zu landen. Ich zum Beispiel habe Wirtschaftspsychologie studiert und komme eher aus dem Marketing. Wir haben gemeinsam mit HTML programmiert und die Mädels waren richtig gut! Außerdem nehme ich immer wieder Frauen aus meinem Netzwerk mit auf Events und zeige ihnen in Workshops, wie man Roboter programmiert und wir machen gemeinsame Live-Postings.

Ist der Erfolg Ihrer Strategie für Deloitte messbar?

Bothur: Mein Account hat im letzten Jahr 400 Millionen Menschen erreicht. Basierend auf dem Tausender-Kontakt-Preis entspricht diese Reichweite einem Ad Value von 12 Millionen Euro. Ein Post hat also einen theoretischen Wert von 60.000 Euro. Hinzu kommen direkt messbare Einnahmen wie Speaker-, Workshop- oder Moderationshonorare, Lead- und Talentgenerierung. Es sind bereits neue Kundenprojekte und Kooperationen entstanden, und Talente haben sich für Deloitte entschieden. Die FAZ hat mich als "laufende Image-Kampagne" bezeichnet – und sie haben recht. Es ist ein äußerst wirkungsvolles Tool für Marken- und Imagebildung.

Wie steht es um die Themen-Hoheit?

Bothur: Alle meine Inhalte schreibe und recherchiere ich selbst. Aber natürlich steht bei einem so großen Unternehmen und der Reichweite ein ganzes Team dahinter, das mich unterstützt. Ich arbeite bei der Themenplanung eng mit den Geschäftsbereichen, dem Marketing und der Kommunikationsabteilung zusammen. So bündeln wir unser Wissen – den inhaltlichen Check meiner Kolleginnen und Kollegen und mein Performance-Wissen über den LinkedIn-Algorithmus.

Apropos Algorithmus: Welche LinkedIn-Hacks sollte man auf jeden Fall kennen?

Bothur: Besonders wichtig ist, dass man die erste Stunde in Interaktion mit dem Post bleibt. Also auf Kommentare möglichst direkt antwortet. Und die getaggten Personen sollten bestenfalls innerhalb der ersten fünf Minuten reagieren. Dazu kommt, dass ein Netzwerk nicht einfach so entsteht. Man muss selbst aktiv werden, etwa indem man sich pro Woche mit 100 Menschen aktiv vernetzt. Damit wächst auch die Followerschaft.

Zielen die Themen rein auf Viralität ab?

Bothur: Am Anfang war es uns wichtig, eine kritische Größe zu erreichen. Mittlerweile ist der Aufbau von Reichweite zweitrangig. Wir wollen Highquality-Content spielen. Die Themen kommen mal von mir beziehungsweise dem Markt und mal von Deloitte. Letztens hat mich zum Beispiel ein Unternehmen aus Berlin angeschrieben, das Organe druckt. Das habe ich dann besucht, vorgestellt und authentisch mit unseren Healthcare-Inhalten verknüpft. Ein klassisches Win-Win: Wir haben coolen Content, die bekommen unsere Reichweite.

Apropos Authentizität: Hat sich Ihre Arbeitsweise seit den Zweifeln an der natürlichen Entstehung Ihrer Reichweite verändert?

Bothur: Ich bin insgesamt bewusster geworden, die Inhalte haben einen noch höheren Qualitätsstandard, und ich versuche, transparent damit umzugehen. Wir haben damals Ruhe bewahrt, die Fakten gecheckt und durch Gutachten bestätigt, dass an den Vorwürfen nichts dran war. Sichtbarkeit hat immer zwei Seiten: Je visibler man wird, desto mehr Meinungen bilden sich die Menschen über einen. Und diese Meinungen bekommt man zu spüren. Es zeigt aber auch, welche Ernsthaftigkeit in diesem Beruf steckt und welche Verantwortung damit einhergeht.

Lassen Sie uns noch auf das Thema Tech eingehen. Welche KI-Tools nutzen Sie?

Bothur: Natürlich viel ChatGPT. Ich „füttere“ die KI immer mit konkretem Input, damit auch ein qualitativ guter Output rauskommt. Zudem habe ich zusammen mit unserem KI-Team ein Tool entwickelt, das mein Wissen über den Algorithmus enthält und andere Mitarbeitende bei der Erstellung von Posting-Texten unterstützt. Am Ende ist KI ein Begleiter und kein Entscheider. Dennoch müssen solche KI-Tools hohe Qualitätsstandards erfüllen, um gute qualitative Assistenten zu sein.

KI nimmt uns also keine Verantwortung ab?

Bothur: Nein. Wir werden durch KI ja nicht plötzlich aufhören, Jobs zu erlernen. Es ist ein weiteres Handwerk, um bestehende Berufe effizienter zu machen. Etwa die Online-Kommunikation: Hier müssen wir am Ende des Tages weiterhin ein Verständnis für gutes Storytelling haben und wissen, wie man am besten Aufmerksamkeit generiert und Menschen inspiriert.

Welche Hoffnungen setzen Sie noch auf KI?

Bothur: Wir dürfen durch KI nicht unsere Menschlichkeit verlieren. Klar, sie macht vieles effizienter und sozialer, aber wir sollten die Menschlichkeit diesen Punkten nicht unterordnen. Dafür braucht es auf jeden Fall eine gute Balance zwischen Regulation und Innovation. Im Moment haben wir Menschen die Entscheidungsgewalt. Dabei sollte es auch in Zukunft bleiben. Das heißt nicht, dass wir davor zurückschrecken sollten, uns etwas zu trauen und Innovationen voranzutreiben.