In Kürze:
- Für den optimalen Nutzen der Digitalisierung im Dienstleistungssektor bedarf es menschliche Expertise, die im direkten Kontakt mit der Kundschaft steht.
- Durch Kompetenzverteilung und einer offenen Fehlerkultur funktionieren auch dezentrale Dienstleistungsmodelle.
- In- und externe Inspirationsquellen beschleunigen die Entwicklung jeder Führungskraft.
„Digitalisierung ist der Schlüssel“, benennt Stefan Vorndran einen Faktor für eine gute Rundum-Serviceleistung von Unternehmen. Das bedeute aber nicht, schiebt der Geschäftsführer der Europcar Mobility Group in Deutschland im Champions Talk von DUB UNTERNEHMER und dem Deutschen Institut für Service-Qualität (DISQ) nach, dass „wir am Ende des Tages keine Stationen mehr mit Menschen brauchen“. Schließlich gäbe es Aufgabenbereiche, in denen persönliche Kundenberatung vor Ort „den kleinen, aber feinen Unterschied“ ausmache. Bei der Autovermietung umfasse das zum Beispiel die Säuberung und Vorbereitung der zurückgegebenen Fahrzeuge.
Welche Rolle spielt der Mensch bei der Digitalisierung?
Zustimmung erfährt diese These auch durch Marcus Küppers, Geschäftsführer der Sertec 360 SA, der Service Division der Acer Computer GmbH, deren Geschäftsmodell auf zentralen Serviceberatungen rund um Soft- und Hardware fußt: „Häufig lässt sich ein Problem durch einen Servicemitarbeiter direkt mit dem Kunden telefonisch lösen, ohne dass etwas eingeschickt werden muss.“
Sowohl bei der dezentralen Lösung von Europcar als auch bei der zentralen Variante von Sertec bildet das Zusammenspiel aus digitaler Infrastruktur und menschlicher Expertise den Grundstein für die Zufriedenheit der Kundschaft. Diese beiden Ansätze hat das DISQ 2020 in einer branchenspezifischen Servicestudie mit gut (Europcar) beziehungsweise sehr gut (Sertec) ausgezeichnet.
Wie wichtig ist unternehmensinterne Zufriedenheit?
Eine Bremse für neue technische Möglichkeiten seien ihre Geschäftsmodelle nicht. Vielmehr ließen sich technische Visionen wie autonomes Fahren oder die Elektrifizierung der Fahrzeugflotte sowie aktuelle digitale Standards wie Mitarbeiter-Gespräche via Zoom mit personellen Ressourcen in Einklang bringen. Dabei sei aber entscheidend, dass strukturelle Veränderungen den Beschäftigten auf Augenhöhe kommuniziert werden. Nur wenn intern Harmonie herrsche, übertrage sich das gute Klima auch auf einen zuverlässigen Service für den Kunden – darin sind sich beide Chefs einig.
Offene Fehlerkultur mit Lerneffekt
Doch wie lässt sich diese Qualität bei der dezentralen Europcar-Struktur mit mehr als 600 Stationen in Deutschland durchsetzen? Kompetenzverteilung lautet für Vorndran das Zauberwort. Einerseits gelte es den Beschäftigten vor Ort eigenverantwortliche Entscheidungen zu übertragen und Vertrauen in die Leistungsfähigkeit zuzulassen. „Dann dürfen auch Fehler passieren, denn daraus lernt man nur“, fügt er an.
Nicht inbegriffen in dieser offenen Fehlerkultur seien aber Schludrigkeit oder Nachlässigkeit, immerhin sollte der Anspruch eines jeden Unternehmens sein, „jeden Tag ein bisschen besser zu werden“. Vorrausetzung dafür sei aber auch, dass eine Führungskraft diese Einstellung vorlebe und gleichzeitig „immer ein offenes Ohr für die Belegschaft“ habe.
Welche Rolle spielt Partizipation der Belegschaft?
Auch nach Küppers Erfahrungen sind Freiraum für die Beschäftigten, betriebliches Vorschlagwesen und ehrliches Feedback die Schlüssel für ein gutes Binnenklima. „Jede Führungskraft sollte eine offene Tür haben“, sagt der Soft- und Hardware-Spezialist. Zumal die Beschäftigten in ihren Fachbereichen einen schärferen Blick auf das Tagesgeschäft hätten als jemand, der nur „ab und an von oben auf diesen Bereich schaut“.
Inspiration sei an dieser Stelle das Stichwort. „Die kann auch aus der Belegschaft kommen. Es wäre sogar traurig, wenn die nur von oben vorgegeben würde“, so Küppers. Auch Vorndran rät zu „offenen Augen“: „Inspiration gelingt nur durch Austausch mit anderen. Einerseits intern, aber ebenso sollte man außerhalb der Branche schauen, netzwerken und so im Dialog mit anderen Menschen dazulernen.“