Illustration einer Tasse mit dem Schriftzug
09.05.2022
  • Drucken

Employer-Branding im Sinne einer professionellen Kommunikations- und Personalmarketingstrategie bleibt selbstverständlich ein wichtiger Baustein für das Talentmanagement. Um sich im aktuell engen, rasant verändernden und zunehmend transparenten Arbeitsmarkt – soziale Medien und Arbeitgeberbewertungsportale wie Kununu lassen grüßen – abheben zu können, muss die entsprechende Strategie jedoch tiefer greifen.

Denn Loyalität von Mitarbeitenden und Anziehungskraft für Top-Talente setzen heute eine über das Branding hinausgehende Employer-Culture voraus. Damit gemeint ist ein gesundes und attraktives Klima, in dem Mitarbeitende in Entscheidungen einbezogen werden; ein Klima, das maßgeblich von den Mitarbeitenden getragen wird.

Führungsarbeit nicht vergessen!

Die Unternehmenskultur wiederum – das zeigen meine langjährigen Erfahrungen, aber auch Befragungen wie etwa die aktuelle Studie „Aligning Culture with the Bottom Line“ von Heidrick & Struggles – wird wesentlich von der gelebten Führungskultur geprägt. Dabei ist zukunftsorientierte, kulturbildende Führung kein sozialromantischer Selbstzweck, sondern ein handfester Business-Case im „Race for Talents“.

Gleichzeitig wird die Arbeitswelt immer komplexer und dynamischer. Und das führt häufig dazu, dass sich Führungskräfte fast ausschließlich dem operativen Geschäft widmen und nur wenig bis gar keine Zeit für eine gezielte und nach innen gerichtete Führungs- und damit Kulturarbeit bleibt.

Dieses Phänomen führt jedoch zu verpassten Chancen mit teilweise fatalen Folgen. Um nur einige zu nennen: eine geringe bis gänzlich fehlende Identifikation der Mitarbeitenden mit dem Unternehmen und – damit oft einhergehend – eine hohe Fluktuation sowie ein schwerer Stand bei der Rekrutierung von Top-Talenten im Markt.

Enger Arbeitsmarkt erhöht den Druck

Um das „Race for Talents“ für sich entscheiden zu können, gilt es also umzudenken. Spätestens die veränderten Ansprüche der nachwachsenden Generationen – etwa an flexible Arbeitszeiten, Sinnhaftigkeit der beruflichen Tätigkeit und Selbstverwirklichung – sowie eine bisher nicht gekannte Transparenz auf dem Arbeitsmarkt erfordern ein neues Führungsverständnis.

Je nach Branche oder Firmenstandort ist der Arbeitnehmermarkt noch enger und verzeiht eine schlechte Führung oder gar eine Nichtführung nicht länger. Mitarbeitende verlassen dann gegebenenfalls Unternehmen, weil sie so nicht arbeiten wollen.

Das Sprichwort „People join companies and leave bosses“ ist heute also wahrer denn je. Die Unzufriedenheit mit dem direkten Vorgesetzten ist nach wie vor einer der am häufigsten von Talenten genannten Kündigungsgründe. Dieser Druck vonseiten der Mitarbeitenden bietet aber auch die einmalige Chance, dass Führung als maßgeblicher Kulturtreiber endlich die Aufmerksamkeit erhält, die sie verdient.

An neue Führungsstile heranwagen

Es braucht dazu allerdings ein tragfähiges, zeitgemäßes Führungsmodell. Nur ein Führungsansatz, der sowohl „bewährte“ transaktionale als auch „neue“ transformationale Führungsstile umfasst, trägt den Herausforderungen der heutigen und künftigen Arbeitswelt Rechnung – und wirkt sich entscheidend auf eine positive Unternehmenskultur aus.

Attraktive Arbeitgeber der Zukunft haben also nicht nur eine starke Außenwirkung im Sinne eines Employer-Brandings, sondern eine echte Employer- Culture, die nach außen und im gleichen Maße nach innen eine magnetische Wirkung auf Talente erzeugt.

Eine solche Kultur benötigt allerdings Augenmerk und Proaktivität. Nichts aktiv für die Unternehmenskultur zu tun ist fast so wirkungsvoll wie, etwas dagegen zu unternehmen. Eine attraktive Employer-Culture darf dabei nicht als (HR-)Projekt aufgesetzt werden, sondern muss als Bestandteil einer nachhaltigen Unternehmensstrategie verankert werden.

Die gute Nachricht ist: In immer mehr Firmen wird die Notwendigkeit zur Veränderung erkannt; die Bereitschaft, an der Attraktivität und einem guten Arbeitsklima zu arbeiten, wächst. Die persönliche Veränderung der Führungskräfte und „role models“ aus dem Senior-Management sind dabei die ersten Schritte hin zu einer echten Employer-Culture.

Zur Person

Jens Vogt

Der Experte für Leadership und Unternehmenskultur ist Partner bei Heidrick & Struggles in Bremen und führt zudem Heidrick Consulting in der DACH-Region

Kolumnen, Kommentare und Gastbeiträge auf DUP-magazin.de geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin wieder, nicht die der gesamten Redaktion.
09.05.2022
  • Drucken
Zur Startseite