Weibliche Person filmt sich für TikTok
21.04.2023    Nadine Schmidt
  • Drucken

Social-Media-Plattformen sind nicht mehr wegzudenken – weder bei der Werbung für Produkte noch zum Verbreiten von Stellenanzeigen. Auf den längst erprobten Kanälen Facebook und Instagram funktioniert das wunderbar. Seit einigen Jahren etabliert sich aber auch TikTok immer mehr – vor allem bei der jungen Zielgruppe.

Derzeit sind monatlich etwa 19,5 Millionen deutsche Nutzende auf TikTok aktiv. Die Mehrheit der Userinnen und User ist zwischen 18 und 34 Jahre alt. Die TikTok-App mit den kurzen Videos bietet viel Potenzial, um Talente zu erreichen und mit innovativen Strategien auf sich aufmerksam zu machen.

Soziale Medien sind die Zukunft

Es wird deutlich: Unternehmen sollten sich auf neue Trends einlassen, um junge Talente zu gewinnen und so dem Fachkräftemangel zu begegnen. Die Generation Z (Geburtsjahrgänge 1995 bis 2005) unterscheidet sich von früheren Generationen insbesondere dadurch, dass sie mit digitalen Medien aufgewachsen ist. Wie Marcus Merheim, Gründer von hooman Employer Marketing, betont, kennt diese Gruppe keine vordigitale Zeit. Zudem sind inzwischen neue Berufsgruppen wie beispielsweise Influencer und Content-Creator hinzugekommen, welche die Social-Media-Werbung revolutionierten.

Die jüngere Generation geht mit Online-Shopping, Streamingdiensten und Social Media ganz selbstverständlich um. Gleichzeitig befassen sich die Mitglieder der Generation Z mit Themen wie der Great Resignation, wodurch sich die Ansprüche an Arbeitgebende verändern können. Das Resultat sind Erwartungen, die über ein angemessenes Gehalt hinausgehen.

Soll heißen: Die Angehörigen der Generation Z haben ein anderes Verhältnis zu der Zeit, die sie in ihrem Beruf verbringen. Vielfältige Angebote wie flexible Arbeitszeiten, mobiles Arbeiten und Firmenfitness nehmen einen immer höheren Stellenwert ein. Gleichzeitig werden Informationen über Benefits von Unternehmen im Internet transparent gemacht, etwa auf Bewertungsportalen wie Kununu.

Wachsende Zahl junger Talente auf TikTok

Inzwischen ist die Generation Z auf dem Arbeitsmarkt angekommen. Die jungen Talente machen bereits jetzt etwa 30 Prozent der Weltbevölkerung aus. In etwas mehr als einem Jahrzehnt wird die Generation Z weltweit ein Drittel der Konsumenten und damit auch der Arbeitnehmenden stellen, zeigen Zahlen der Strategieberatung OC&C.

Klar: Unternehmen müssen sich auf diese Arbeitnehmenden einstellen, um ihre freien Stellen weiterhin besetzen zu können. Derzeit befinden sich noch vier Generationen auf dem Arbeitsmarkt, die entsprechend der gesellschaftlichen Entwicklungen verschieden geprägt wurden. Da ist es vorprogrammiert, dass es im beruflichen Alltag zu Spannungen kommen kann. Die jüngste Generation wünscht sich laut einer Umfrage der Beratung Deloitte neben einem attraktiven Gehalt vor allem eine ausgewogene Work-Life-Balance, Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten sowie eine positive Unternehmenskultur.

Die Lösung lautet: maßgeschneidertes Employer-Branding. Dabei kommt es darauf an, einerseits Bewerberinnen und Bewerber anzulocken, andererseits gleichzeitig Arbeitnehmende zu halten. Und auch bei ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kann eine kluge Employer-Branding-Strategie wirksam sein. Durch sie entstehen positive Arbeitgeberbewertungen auf bekannten Plattformen, und es werden Empfehlungen ausgesprochen, die Talente zu einer Bewerbung motivieren können.

Zur Person

Marcus Merheim

ist Gründer von hooman Employer Marketing und seit mehr als elf Jahren im HR-Bereich tätig

„Authentizität ist das A und O“

TikTok bietet großes Potenzial, um junge Talente zu erreichen. Wie das gelingen kann, erklärt Marcus Merheim von hooman Employer Marketing.



Warum sollten Unternehmen soziale Medien für ihr Employer-Branding unbedingt berücksichtigen?

Marcus Merheim: Social Media ist für Unternehmen eine großartige Möglichkeit, um mit potenziellen Mitarbeitenden in Kontakt zu treten. Die verschiedenen Plattformen erlauben es, die Arbeitgebermarke in einer großen Vielfalt an Formaten zu präsentieren und nahbar zu machen. Authentizität ist dabei das A und O. Arbeitgeber, die es schaffen, ehrliche Einblicke in das Innere des Unternehmens zu geben, verschaffen sich langfristig einen Wettbewerbsvorteil.

Sind Maßnahmen und Formate gut an die Zielgruppen angepasst, führen sie mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Erfolgen. Es geht um eine Mischung aus Information und Unterhaltung auf emotionaler Ebene. Texte, Bilder, Videos, Slideshows, Podcasts – mit all diesen Formaten verfügen Arbeitgebende über einen reichhaltigen Werkzeugkasten.

Was ist wichtig, damit Unternehmen schnell Erfolge auf TikTok verzeichnen können?

Merheim: Für den Anfang ist es ratsam, sich anzusehen, was andere Unternehmen auf ihren Kanälen veröffentlichen. Wie bei vielen Social Networks sind auch auf TikTok Hashtags hilfreich. Eine Portion Selbstironie schadet ebenfalls nicht. Bei der Qualität der Videos von Arbeitgebenden auf der Plattform ist die Spannweite groß. Aufgrund der technologischen Entwicklungen sind Aufnahmen mit Profi-Kameras von solchen, die mit einem Smartphone gedreht wurden, heute kaum noch zu unterscheiden. Eine gute Ausleuchtung kann allerdings einen deutlichen Unterschied machen. Werden diese Grundregeln beherzigt, können Unternehmen auf TikTok auch kurzfristig durchstarten.

Welche Strategien können für das Brand-Building auf TikTok verfolgt werden?

Merheim: Wie bei allen sozialen Netzwerken sollten Unternehmen auch für TikTok eine überzeugende Content-Strategie entwickeln, die dem Kanal und der Zielgruppe entspricht. Die Inhalte sollten unterhaltend und gleichzeitig informativ sein. Wobei der Entertainment-Faktor tendenziell überwiegt. Infotainment für junge Zielgruppen ist definitiv eine Strategie, die auf TikTok funktioniert. Unternehmen setzen häufig eigene Mitarbeitende ein.

Auch „Take-over-Formate“, wie sie bei Instagram häufig zum Einsatz kommen, funktionieren bei TikTok. So kann beispielsweise jede Woche eine andere Person oder Abteilung den Kanal übernehmen und eigene Akzente setzen. Auf diese Weise können verschiedene Fachbereiche des Unternehmens beleuchtet werden. Ganz nebenbei erhalten die Zuschauenden Informationen über die Unternehmenskultur, Ausstattung, Aufgaben oder das künftige Kollegium.

Strategisch betrachtet geht es stets um die Positionierung der Arbeitgebermarke. Im besten Fall spricht sich herum, dass ein Arbeitgebender auf TikTok gute Videos macht, wodurch wiederum erneut potenzielle Talente auf das Unternehmen aufmerksam werden.

Viele Unternehmen, die TikTok für ihr Recruiting nutzen, möchten insbesondere Ausbildungsplätze oder Junioren-Positionen besetzen. Mit welchen Maßnahmen können Arbeitgebende mithilfe von TikTok auf Stellen in höheren Positionen, also für bereits ältere Arbeitnehmende, aufmerksam machen?

Merheim: Grundsätzlich ist die Zahl älterer Talente auf TikTok verhältnismäßig klein. Das heißt nicht, dass es keine Möglichkeiten gibt, auch diese Zielgruppe via TikTok anzuziehen. Da die Plattform inzwischen auch den Upload von Videos mit einer Länge von bis zu zehn Minuten erlaubt – zu Beginn waren es nur 15 Sekunden –, eröffnen sich auch hier neue Möglichkeiten. Das gilt insbesondere für Einblicke in Tätigkeiten, Fachbereiche, Arbeitsplätze oder auch Zwischenmenschliches. Der goldene Mittelweg würde in Inhalten bestehen, die sowohl jüngere als auch ältere Zielgruppen ansprechen. Es gilt allerdings auch zu akzeptieren, dass der Content allein kaum die generelle Altersstruktur auf der Plattform verändert.

Ein Blick in die Zukunft: Wie wird sich Employer-Branding auf den sozialen Plattformen entwickeln und welche Bestandteile werden künftig essenziell sein?

Merheim: Das Beispiel TikTok zeigt, wie schnell junge Player die Märkte verändern. Vor Kurzem noch sprach niemand darüber; heute ist es, bei bestimmten Zielgruppen, eines der stärksten Social Networks überhaupt.

Ferner verändert sich Employer-Branding in sozialen Medien durch unzählige weitere Faktoren. Dazu zählt auch die alternde Gesellschaft an sich. Zum einen wird die Art, wie Social-Media-Kommunikation funktioniert, sicher durch Künstliche Intelligenz beeinflusst. Texte und Bilder werden immer häufiger durch die Zusammenarbeit von Menschen und Maschine entstehen. Zum anderen werden Metaverse und Virtual Reality deutliche Veränderungen mit sich bringen, sobald sie ausgereifter sind und der breiten Masse zur Verfügung stehen. Avatare bekommen hierdurch eine neue Bedeutung. Wir können uns heute kaum vorstellen, wie ein LinkedIn mit Avataren aussieht, geschwiege denn anfühlen wird. In jedem Fall wäre es naiv zu glauben, die Menschheit wäre mit dem Konzept sozialer Medien schon am Ende.

21.04.2023    Nadine Schmidt
  • Drucken
Zur Startseite