Gastbeitrag

Skillset

Diese drei Kompetenzen sind Garanten für Erfolg

Warum sind manche Menschen erfolgreicher als andere? Warum erreichen sie jedes Ziel? Viele Menschen sind überzeugt, dass die Ausgangslage oder die Startbedingungen über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Aber dieses Argument möchte Josef Erlacher, CEO der Unternehmensberatung IFK Consulting, entkräften – und zwar, indem er auf seine persönliche Geschichte verweist.

18.10.2023

Man könnte sagen ich hatte eine relativ ungünstige Startposition im Leben. Ich bin mit einem Gendefekt auf die Welt gekommen. Das bedeutet, dass ich nur ein Zehntel eines normalsichtigen Menschen sehe. Man könnte mich also als behindert bezeichnen. Das muss man sich so vorstellen: Wenn ich als Speaker auf der Bühne stehe, ist das Publikum vor mir eine verschwom­mene Masse.

Wenn ich intensiv über mich selbst, meine Erlebnisse und Erfahrungen reflektiere, kann ich drei Eigenschaften definieren, die mich auf meinem Weg begleitet haben. Sie haben es mir ermöglicht, trotz meiner Einschränkung ein erfolgreicher Profisportler im Skiabfahrtslauf zu werden – wir sprechen von bis zu 120 km/h und zwei Medaillen bei den Para­lympics –, ein eigenes Unternehmen zu gründen und an­deren Firmen zu nachhaltigem Wachstum zu verhelfen.

Welche drei Fähigkeiten machen also den Unter­schied aus zwischen Erfolg und Misserfolg? Das Kon­zept der drei K beinhaltet die Eigenschaft der Kom­pensation, die Eigenschaft der Konzentration und die Eigenschaft der Konstruktion.

Eigenschaft 1: Kompensation

Beginnend beim ersten K – der Eigenschaft der Kom­pensation – habe ich mich gefragt: Wie kann ich mei­nen schwachen Sehsinn mit meinen anderen Sinnen ausgleichen? Ich habe für mich das aktive(!) Zuhören als wichtigsten Kompensationskanal ausgebildet. Denn Organisationen funktionieren einzig und allein über Kommunikation.

Mein Hörsinn hat mir also eine Lösung geboten, meinen „Defekt“ zu kompensieren. Daraus lässt sich mein Ansatz ableiten. Unabhängig davon, mit welchen (vermeintlichen) Schwächen oder Einschränkungen wir konfrontiert sind, ist die Frage immer: Wie kann ich sie ausgleichen oder kompensieren? Welche Stärken habe ich, die ich nutzen und ausspielen kann? Was ist die naheliegende Lösung, die es zu ergreifen gilt? Und meine Erfahrung zeigt mir, dass es Letztere immer gibt.

Dabei ist es essenziell, sich nicht auf die eigene Schwäche zu fokussieren. In keinem Fall aber sollten wir eine Schwäche als Entschuldigung nehmen, um eine Leistung nicht abrufen zu können. Dann hätte ich nie auf Skiern gestanden, geschweige denn die Ab­fahrtsrennen gefahren.

Eigenschaft 2: Konzentration

Die zweite wesentliche Eigenschaft ist für mich die Konzentrationsfähigkeit. Damit meine ich, sich auf das zu konzentrieren, was gerade ansteht. Auf das, was in diesem Moment zählt. Nur wenn wir unsere Energie fokussieren, können wir Spitzenleistung er­bringen.

In einer Welt voller Dynamik, Komplexität und vernetzter Systeme wird Konzentration aber zur Herkulesaufgabe. Wir müssen sehr genau wissen, was jetzt dran ist und was nicht – während sich um uns Märkte in Sekundenschnelle ändern und ungefiltert Nachrichten auf uns einprasseln.

Hätte ich vor meinen Starts bei den Skiabfahrtsrennen noch eine WhatsApp beantwortet, auf Facebook ein paar Likes abgesetzt oder einen Kundentermin vereinbart, hätte meine Kon­zentration nicht für die bevorstehenden zwei Minuten mit Spitzengeschwindigkeiten auf meinen Skiern zur Verfügung gestanden. Ich hätte wohl einen Sturz mit Verletzungen riskiert, aber sicher keine Medaille geholt. Die volle Aufmerksamkeit galt dem Rennen und dem idealen Startabstand zu meinem Piloten.

Diese Eigenschaft, wachsam und konzentriert zu bleiben, kostet Körper und Geist viel Energie. Gerade diese Ei­genschaft hat mich aber trotz Einschränkung wachsen und erfolgreich sein lassen.

Eigenschaft 3: Konstruktion

Das dritte K steht für die Konstruktion im Sinne des Konstruktivismus. Vereinfacht gesagt geht es darum, aus den mit den Sinnesorganen aufgenommenen Im­pulsen ein Bild zu konstruieren.

Zur Verdeutlichung erzähle ich hier eine Geschichte aus meiner Vergangen­heit. Ich reiste nach Frankfurt, um einen Vortrag bei einer Veranstaltung zu halten. Am Hotel angekommen, begrüßte mich jemand aus 20 Meter Entfernung mit den Worten „Hallo, Josef“, wobei er wusste, dass ich ihn auf diese Distanz unmöglich sehen konnte. Aber ich grüßte zurück mit „Hallo, Oliver“. Er sprach mich an und konstatierte überrascht: „Du siehst ja doch.“ Ich antwortete: „Was meinst du mit sehen? Meine Augen haben dich nicht erkannt, aber deine Stimme, deine Statur, deine Art zu gehen und dein Kleidungsstil ha­ben mir verraten, dass das der Oliver ist.“

Das Sehen ist also eine Konstruktion meines Ge­hirns und nicht der alleinige Impuls, der vom Auge eingefangen wird.

Wiederum spielen unser Gehirn, unsere gemachten Erfahrungen und ganz besonders unser Mindset eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, was konstruiert wird. Um die gegenwärtigen Heraus­forderungen zu lösen, können wir unsere Handlungen nicht mehr allein aus Erfahrungen ableiten, weil es für diese neuen Herausforderungen keine Erfahrungswer­te gibt. Es gilt also, die Wirklichkeit jeden Tag neu zu konstruieren und bestmögliche Handlungsalternativen zu entwickeln.

Mit Kompensation, Konzentration und Kons­truktion habe ich meine Behinderung unwesentlich für mein Leben gemacht. Vielleicht ist das auch ein Weg, um die Herausforderungen unserer Zeit zu meis­tern: Die Ausgangslage ist nicht entscheidend, sondern das, was wir daraus machen.

Josef Erlacher

ist CEO der Beratung IFK Consulting und Experte für Erfolgs-Mindset. Er unterrichtet an der Salzburg Management Business School und am Steinbeis Center of Management and Technology