Kampf gegen Corona
Impf-Durchbruch: Wer macht das Rennen?
Biontech und Pfizer haben der Welt mit ihrer Erfolgsnachricht Hoffnung im Kampf gegen die Corona-Pandemie gemacht. Das Biotech-Unternehmen CureVac setzt auf einen eigenen Impfstoff. Aufsichtsrat Friedrich von Bohlen erklärt die Hindernisse, die noch zu beseitigen sind. Im Interview sagt er auch, welche Vorteile Lösungen auf Basis von Messenger-RNA bei der Pandemie-Bewältigung versprechen – und darüber hinaus.
Dr. Friedrich von Bohlen
ist unter anderem Aufsichtsrat bei CureVac, einem der deutschen Hoffnungsträger bei der Suche nach einem Corona-Impfstoff. Für den Posten bringt er zwei Jahrzehnte Branchenerfahrung im Biotech-Bereich mit. Unter anderem gründete er 2005 zusammen mit Dietmar Hopp die dievini-Holding, die sich an Unternehmen aus diesem Umfeld beteiligt. Der Neffe von Alfried Krupp ist Diplom-Biochemiker und hat an der ETH Zürich in Neurobiologie promoviert
Wie schätzen Sie die aktuellen Entwicklungen rund um den Impfstoff der Partner Biontech aus Mainz und dem US-Pharmakonzern Pfizer ein, die noch im November eine Zulassung für ihren Corona-Impfstoff beantragen wollen?
Dr. Friedrich von Bohlen: Natürlich ist es immer schön, der erste bei etwas zu sein – herzlichen Glückwunsch an die Beteiligten! Wir bei CureVac geben deshalb aber nicht auf. Schließlich sind noch weitere Unternehmen im Rennen. Es geht ja um bis zu acht Milliarden Dosen im Jahr. Und: Am Ende wird es aber darauf ankommen, welche der vorliegenden Impfstoffe der wirksamste ist, der verträglichste, der sicherste – und auch der günstigste. Über diese Themen werden wir in einem Jahr diskutieren.
Wo sehen Sie die nächsten Knackpunkte auf dem Weg zu einer Corona-Schutzimpfung?
von Bohlen: Wir wissen nicht, was am Ende schützt. Denn es gibt nach wie vor ungeklärte Fragen rund um das Corona-Virus selbst, aber auch zum Verfahren der Impfung. Wie gelingt die Logistik des Impfstoffes, wie muss er während Transport und Lagerung gekühlt werden, welche Bevölkerungsgruppen werden zuerst behandelt? Da sind noch viele Details offen.
Was ist das Ziel bei der Suche nach einem Impfstoff?
von Bohlen: Das Ziel ist natürlich, dass Geimpfte ausreichende Antikörperreaktionen zeigen. Man darf nicht vergessen: Auch Grippeimpfungen schützen nur zu knapp 50 Prozent. Die Strategien gegen Corona zielen genau dahin. Wir müssen daher die Kirche im Dorf lassen: Wir werden nicht alle gegen das Virus schützen können. Es wäre schon ein schöner Erfolg, wenn wir den Verlauf der Covid-19-Erkrankung entscheidend mildern könnten. Aber das Virus wird auch bei einer Impfung nicht einfach so verschwinden.
Was halten Sie von den Impfstoffen, die in China und in Russland entwickelt werden?
von Bohlen: Mir liegen leider nicht genügend Daten vor, um das abschließend bewerten zu können. Es scheint aber so, als würden die dort in der Entwicklung befindlichen Lösungen nicht unbedingt von den zuständigen Stellen in der EU und den USA, der Europäischen Arzneimittelagentur EMA sowie der Food and Drug Administration FDA, zugelassen werden. Das heißt aber nicht, dass diese Mittel vollkommen wirkungslos sind. Da geht es eher um Informationsaustausch und Verfahrensfragen.
Viele Menschen hegen Ängste und wollen nicht als Versuchskaninchen herhalten. Kann der Patient irgendwann entscheiden, welcher Impfstoff ihm schließlich verabreicht wird?
von Bohlen: Ich habe mich ja auch gegen Grippe impfen lassen und vorher nicht gefragt, von wem der Impfstoff stammt. Wenn ein Patient auf einem bestimmten Impfstoff bestehen möchte, dann wird er ihn wahrscheinlich auch bekommen. Wir sollten aber den jeweils zuständigen Behörden vertrauen. Sie werden die Impfstoffe verfügbar machen, die gut genug sind. Insbesondere die EMA in Europa und die FDA in den USA sind da sehr gut aufgestellt und werden nur das zulassen, was auch gebraucht wird. Außerdem werden ja nur äußert geringe Mengen des Wirkstoffs gespritzt, den man dann auch nicht mehr weiter auf bis zu minus 70 Grad Celsius herunterkühlen muss. Es muss sich niemand sorgen, dass er zur Impfung in eine Kühlkammer muss.
CureVac setzt bei der Suche nach einem Corona-Impfstoff auf eine Technologie, die auf dem Einsatz von Messenger-RNA basiert. Welche Potenziale bietet diese Lösung noch?
von Bohlen: Tatsächlich waren wir bei CureVac die ersten, die auf mRNA gesetzt haben – weil schon lange Jahre vor Corona klar war, dass man mit dieser Technologie Impfstoffe gegen so gut wie alle Infektionskrankheiten entwickeln kann. Ebenfalls möglich scheint die Entwicklung zumindest einer Co-Medikamentation gegen fast alle Krebsarten. Ein weiterer Vorteil: Die Messenger-RNA ist einfach herstellbar. Die Produktion des Eiweißes, das am Ende die entscheidenden Effekte hat, wird dann in den Körper verlagert. Da braucht es keine gewaltigen Industrieanlagen, die Riesenkosten verursachen, wenn mal ein Lauf kontaminiert ist. Genial ist, dass wir diese Verlagerung jetzt ermöglichen und so die Kosten der Impfung senken können.
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